Sorge vor möglichem US-Machtwechsel: Nato plant „Trump-sichere“ Ukraine-Hilfe
Die Nato sorgt für eine mögliche Trump-Präsidentschaft vor. Neben einem Offiziellen in Kiew soll auch Wiesbaden im Ukraine-Krieg eine zentrale Rolle spielen.
Washington, D.C./Kiew – Die Nato wappnet sich für eine mögliche Präsidentschaft von Donald Trump. Mehrfach spielte der 78-Jährige öffentlich mit dem Gedanken, die Unterstützung im Ukraine-Krieg teilweise abzubauen oder gänzlich zu streichen. Erst Mitte Juni nannte er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj den „besten Verkäufer aller Zeiten“. Dass Kiew sowie der Westen sich nicht auf Trump verlassen könnten, liegt dementsprechend schon länger auf der Hand.
Daher soll die Nato einem Bericht des Wall Street Journals (WSJ) zufolge planen, einen hochrangigen Beamten in Kiew zu stationieren. Als Teil einer Reihe neuer Maßnahmen soll somit die langfristige Unterstützung für die Ukraine gestärkt werden – ob mit oder ohne Trump als US-Präsidenten. Angekündigt werden soll dieser Schritt auf dem kommenden Nato-Gipfel in Washington, D.C. (9. bis 11. Juli).
Selbst bei Trump-Sieg: Nato will Verantwortung und Unterstützung im Ukraine-Krieg ausbauen
Ein solcher Schachzug der Nato würde nicht nur inmitten des Ukraine-Kriegs erfolgen, sondern auch zu einem Zeitpunkt, an dem der Rechtspopulismus in Europa wieder erstarkt. Aus US-amerikanischer Sicht geht es laut dem WSJ-Bericht vor allem darum, die Nato „Trump-sicher“ zu machen.
„Ein wichtiger Grund für die Änderung ist, die Hilfsmaßnahmen für die Ukraine Trump-sicher zu machen“, sagte Ivo Daalder, der von 2009 bis 2013 als US-Botschafter bei der Nato tätig war, dem WSJ. „Anstatt dass Washington für die Verwaltung der Ausbildung und Unterstützung zuständig ist, wird die Nato die Verantwortung übernehmen. Selbst wenn die USA ihre Unterstützung für die Bemühungen reduzieren oder zurückziehen, werden diese also nicht eingestellt“, so Daalder.

Nato plant neuen Stützpunkt in Wiesbaden: Ungarn hält sich raus
Daher will die Allianz auch einen neuen Kommandostützpunkt in Wiesbaden einrichten, der die Bereitstellung von militärischer Ausrüstung für Kiew sowie die Ausbildung der ukrainischen Truppen koordinieren soll. Damit würde ein Großteil der materiellen Ukraine-Koordination „unter einem Dach“ vereint werden. In Wiesbaden ist auch die Basis der US-Streitkräfte in Europa, die bislang die Koordinierungsaufgaben wahrnehmen.
Nicht beteiligen wird sich an dem neuen Nato-Projekt Ungarn. Die dortige Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban befürchtet, dass das Bündnis durch das Projekt in eine direkte Konfrontation mit Russland getrieben werden könnte. Deswegen waren vor zwei Jahren auch noch zahlreiche andere Nato-Staaten sehr zurückhaltend gewesen. Sie verhinderten eine stärkere Nato-Unterstützung. Im Laufe der Zeit hat sich die Einschätzung aber verändert und die meisten Nato-Staaten stufen das Risiko als kalkulierbar ein.
Um dafür zu sorgen, dass Ungarn nicht den notwendigen Konsens für das Projekt verhindert, wurde dem Land zugesichert, dass es sich weder finanziell noch personell beteiligen muss.
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TV-Duell gegen Donald Trump: Nato muss nach schwacher Biden-Leistung umplanen
Der von der Nato eingesetzte Beamte in Kiew würde laut dem WSJ indes als Bindeglied zwischen dem Stützpunkt in Wiesbaden und der Ukraine stehen. Im Mittelpunkt stünden dann „die längerfristigen militärischen Modernisierungserfordernisse der Ukraine und die nichtmilitärische Unterstützung“. Dadurch soll das ukrainische Militär auch stärker an die Armeen der Nato angepasst werden.
Die neuen Initiativen seien bereits „seit Monaten in der Entwicklung“, berichtet das WSJ, allerdings würden sie aufgrund der schwachen Leistung von Präsident Joe Biden in der TV-Debatte gegen Donald Trump neue Dringlichkeit erreichen. Biden betonte zuletzt noch, dass das Aufhalten der russischen Armee im Ukraine-Krieg von entscheidender Bedeutung sei, um Putins Imperialismus in anderen Teilen Europas und sogar darüber hinaus zu stoppen. „Kein größerer Krieg in Europa konnte jemals auf Europa beschränkt werden“, warnte Biden.
Trump hingegen sieht den ukrainischen Verteidigungskampf gegen Russland als europäisches Sicherheitsproblem, befinde sich doch schließlich „ein Ozean“ zwischen den USA und Europa.
Trump will Ukraine-Krieg beenden: „Bevor ich mein Amt am 20. Januar antrete“
Weiter gab sich der Ex-Präsident in der Vergangenheit gewohnt großspurig und erklärte, er könne den Ukraine-Krieg beenden, noch bevor er das Amt überhaupt antreten würde. „Ich werde diesen Krieg zwischen Putin und Selenskyj als gewählter Präsident beilegen, bevor ich mein Amt am 20. Januar antrete“, wird Donald Trump von US-Medien zitiert. Wie genau ein diplomatisches Abkommen zwischen Moskau und Kiew zustande kommen soll, erläuterte er jedoch nicht.
Zwei Berater von Trump sollen ihm jedoch einen möglichen Plan vorgelegt haben, der zum Ende des Krieges führen soll. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. In dem Plan werde unter anderem festgehalten, dass die Ukraine nur weiterhin Waffen erhält, wenn sie sich an Friedensgesprächen beteiligt. Wie Reuters berichtet, würden die USA aber zugleich Moskau warnen, dass jede Verweigerung von Friedensgesprächen eine deutliche Verstärkung der Unterstützung Kiews durch die USA zur Folge hätte. Das sagte zumindest der pensionierte Generalleutnant Keith Kellogg, einer von Trumps nationalen Sicherheitsberatern, in einem Interview.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich Ende Juni wenig optimistisch mit Blick auf eine mögliche zweite Präsidentschaft Trumps und die damit einhergehende Unberechenbarkeit der US-amerikanischen Politik. Während die Bundesregierung mit der aktuellen Biden-Regierung eng zusammenarbeite, sei „vollkommen unklar“, was eine zweite Amtszeit Trumps für die transatlantischen Beziehungen und die Ukraine bedeuten würde, sagte sie bei der Veranstaltung „Politik vor Ort“ vom Redaktionsnetzwerk Deutschland, dem NDR und der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Baerbock betonte allerdings, dass sie in beiden politischen Lagern in den USA „immer wieder Kontakte“ gesucht habe. (nak)