Straße von Hormus: Das passiert, wenn der Iran eine der wichtigsten Meerengen sperrt
- Im Video oben: Israel greift den Iran an - Iran kündigt harte Vergeltung an
Der Krieg, den Israel in der Nacht gegen den Iran begonnen hat, bedroht nicht nur die Bevölkerung beider Länder, sondern auch eine der wichtigsten Handelsstraßen der Welt. „Der Iran könnte in Reaktion auf die Angriffe nicht nur Israel angreifen, sondern auch die Straße von Hormus blockieren“, warnt etwa Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank gegenüber dem Manager Magazin.
Auch andere Ökonomen fürchten eine solche Sperrung, die Ölpreise auf bis zu 100 Dollar pro Barrel anheben könnte. Das würden Sie dann auch bei jedem Besuch an der Tankstelle spüren. Auch die Gaspreise würden durch eine Blockade ansteigen. Doch was ist die Straße von Hormus und warum ist sie so entscheidend? FOCUS online gibt einen Überblick.
Das ist die Straße von Hormus
Die Straße von Hormus ist die Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman. Sie kurvt sich um die Vereinigten Arabischen Emirate und die omanische Exklave Musandam im Süden herum und wird im Norden komplett vom Iran begrenzt. Die engste Stelle zwischen den jeweiligen Festlandküsten beträgt nur 55 Kilometer, zwischen jeweils vorgelagerten Inseln sind es sogar nur 38 Kilometer.
Benannt wurde sie nach der mittelalterlichen Stadt Hormus, die im heutigen Iran im Norden der Meerenge gelegen haben soll. Sie war Hauptstadt des Königreichs Hormus, welches die Meerenge lange kontrollierte. Schon ab dem 16. Jahrhundert war die Straße eine wichtige Seeverbindung vom Nahen Osten nach Indien und ins weitere Asien. Auch europäischer Händler nutzten sie, indem sie Waren vom Mittelmeer über Land an den Persischen Golf transportierten und dort wieder auf Schiffe luden.

Darum ist die Straße von Hormus so wichtig
Seit dem Bau des Suez-Kanals ist die Straße von Hormus für den europäischen Handel mit Asien nicht mehr wichtig. Heute läuft über sie aber der Handel der arabischen Staaten mit Asien ab. Das betrifft vor allem den Export von Öl und Erdgas.
Im Persischen Golf, also eingeschlossen hinter der Meerenge, liegen mit Kuwait, Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar vier der wichtigsten Förderländer für die fossilen Energieträger. Hinzu kommt der Irak sowie Teile des saudi-arabischen Ölhandels. Auch der Iran selbst hat an der Straße von Hormus einen seiner wichtigsten Handelshäfen, allerdings wäre der von einer Sperrung nicht betroffen.
Weltmarkt könnten große Mengen an Öl und Gas fehlen
Nach Daten vom vergangenen Dezember produzierten diese Länder rund 15 bis 20 Prozent des weltweit geförderten Öls, zudem rund 7 bis 10 Prozent des weltweiten Erdgases. Dies wird jeweils komplett durch die Straße von Hormus exportiert.
Sollte der Iran die Meerenge also abriegeln, würden dem Weltmarkt auf einen Schlag große Mengen an Öl und Gas fehlen – in einer Zeit, wo mit dem Iran selbst und Russland zwei weitere wichtige Produzenten mit Sanktionen belegt sind und nicht vollständig am Handel teilnehmen können. Ökonomen erwarten deswegen bei einer möglichen Blockade wieder Ölpreise von mehr als 100 Dollar pro Barrel. Die hatte es zuletzt in der Energiekrise 2022 gegeben.
So wahrscheinlich ist eine Sperrung der Straße von Hormus
Die Sorge, dass der Iran die Meerenge absperrt, ist darin begründet, dass der Staat dies in der Vergangenheit mehrfach angedroht hat. Allein in den vergangenen 15 Jahren kam das viermal vor. Meist waren es Reaktionen auf US-Sanktionen wegen des iranischen Atomprogramms oder auf militärische Aktivitäten Israels in der Region. Wirklich gesperrt hat der Iran die Straße von Hormus bisher aber nie.
Internationale Politik- und Wirtschaftsexperten glauben nicht daran, dass der Iran seine Drohung wirklich umsetzen würde. Sie haben zwei Argumente dafür:
- Eine Sperrung ist praktisch schwer umzusetzen: Wie oben gezeigt, ist der Iran nicht der einzige Staat, der an die Meerstraße angrenzt. Ein großer Teil der Gewässer gehört dem Oman. Diese könnte der Iran also nur in Absprache mit dem Nachbarn abriegeln – was nicht passieren wird – oder gewaltsam in dessen Hoheitsgewässer eindringen. Das würde den Konflikt aber nur ausweiten, denn der Oman ist bisher völlig unbeteiligt. Selbst dann wäre eine vollständige Sperrung schwer, denn wie gezeigt, ist die Meerenge selbst an der engsten Stelle immer noch 38 Kilometer breit. Um diese effektiv abzuriegeln, bräuchte es einen hohen Aufwand an Schiffen und Personal.
- Der Iran hätte nur einen geringen Nutzen von einer Sperrung: Der Iran kann derzeit wegen Sanktionen sowieso nur bedingt am globalen Ölmarkt teilnehmen. Mit einer Sperrung den Ölpreis in die Höhe zu treiben ist also unrealistisch. Ebenso dürfte eine Sperrung kaum dazu führen, dass die USA ihre Sanktionen gegen das Land aufheben. Wichtiger noch: Das meiste Öl aus der Region wird nicht nach Europa oder Nordamerika exportiert, sondern nach Asien. Besonders China ist hier ein wichtiger Abnehmer: „China will nicht, dass der Ölfluss aus dem Persischen Golf in irgendeiner Weise gestört wird und China will nicht, dass die Ölpreise steigen“, sagt Ellen Wald, Gründerin der Analysefirma Washington Ivy Advisors, gegenüber dem US-Sender CNBC. Also werde China seine wirtschaftliche Macht einsetzen, um den Iran von solchen Aktionen abzuhalten.
Die einzigen Szenarien, unter denen sich Experten eine Sperrung vorstellen könnten, wäre, wenn etwa Israel gezielt iranische Ölfelder und Raffinerien angreife und so das Ölgeschäft des Landes direkt attackiere. Das steht aber derzeit nicht zur Debatte. Auch hier dürften ausländische Mächte wie China und die USA warnend eingreifen. Ein zweite Option wäre eine Art letzter Ausweg, sollten die USA offen in den Konflikt eingreifen und den Iran attackieren.
Das bedeutet der Konflikt für die Preise in Deutschland
Nichtsdestotrotz sind die Ölpreise über Nacht erst einmal stark gestiegen. Das muss mittel- bis langfristig nichts bedeuten. Es könnte nur auf dem ersten Schock aufgrund der israelischen Angriffe beruhen und sich in wenigen Tagen wieder beruhigen.
Wie sich der Ölpreis in den kommenden Wochen entwickelt, wird stark davon abhängen, wie der Konflikt zwischen Israel und dem Iran weitergeht. Letzterer hatte natürlich Vergeltung für die Angriffe von letzter Nacht angekündigt. Weitet sich das ganze zu einem vollständigen Krieg aus, sind die Ölfelder im Nahen Osten zumindest gefährdet und das dürfte den Ölpreis hochhalten. Entpuppt sich der Konflikt nur als kleines Strohfeuer, dürfte die Börse schnell wieder zum Alltagsgeschäft übergehen.
In Deutschland sind von der Entwicklung des Ölpreises am direktesten die Autofahrer in Form von teurerem Benzin und Diesel betroffen. Das gilt auch, wenn die Exportwege nach Deutschland gar nicht betroffen sind. Würde etwa die Straße von Hormus gesperrt, könnte China von dort kein Öl mehr einkaufen und müsste sich an anderen Quellen bedienen – denselben wie Deutschland. Das würde dann auch die Preise für uns treiben.
Inflationsdruck nimmt zu
An den Öl- und Gaspreisen hängt aber nicht nur der deutsche Autoverkehr, sondern auch ein Großteil der deutschen Wirtschaft – wie wir bereits vor drei Jahren in der Energiekrise schmerzlich gelernt haben. „In jedem Fall bedeuten höhere Ölpreise, dass es wieder zu einem höheren Inflationsdruck kommt“, sagt de la Rubia. Auf Öl und Gas angewiesene Industriefirmen würden die höheren Einkaufspreise dann an ihre Kunden weitergeben, bis die Mehrkosten schlussendlich beim Verbraucher landen. Aber auch dafür gilt: Relevant wird das nur, wenn der Konflikt rund um den Persischen Golf sich ausweitet und die Straße von Hormus am Ende tatsächlich gesperrt wird.