Pleite bei Immobilien-Riese – Richterin ordnet Auflösung von Evergrande an

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Eine Honkonger Richterin ordnet die Auflösung des hochverschuldeten Immobilien-Riesen Evergrande an. © IMAGO / NurPhoto

Kein Immobilienkonzern der Welt hat so viele Schulden angehäuft wie Evergrande. Jetzt hat eine chinesische Richterin Evergrande die Auflösung angeordnet. Ein Beben geht durch den Immobilienmarkt.

Hongkong – Am heutigen Montag kam das jahrelange Siechtum des chinesischen Evergrande-Konzerns zu einem Zwischenfinale. Eine Hongkonger Richterin hat die Auflösung des hoch verschuldeten Konzerns angeordnet. Ein Insolvenzverwalter soll übernehmen und prüfen, wie weit er die Assets des Konzerns zu Geld und die Gläubiger auszahlen kann.

Name des Konzerns Evergrande Real Estate Group
Verschuldung insgesamt 300 Milliarden US-Dollar
Anzahl der betroffenen chinesischen Banken Knapp 4.000
Anteil des Immobiliensektors an Chinas Wirtschaftsleistung 20 Prozent

Richterin ordnet Auflösung von Evergrande an

Die Geschichte von Evergrandes Niedergang nahm bereits 2021 ihren Lauf. Damals gab das Unternehmen an, sechs Führungskräfte gefunden zu haben, die Anlageprodukte des Konzerns illegalerweise frühzeitig eingelöst hätten. Erst vor ein paar Wochen hieß es, Chinas Immobilienwirtschaft stehe ein „ungewisses Jahr“ bevor, denn der Evergrande-Konzern hatte sich zu einem wahren Titan am Markt entwickelt.

Entsprechend tief war der Fall des Unternehmens. China Evergrande musste sich wegen nicht bezahlter Kredite vor Gericht verantworten. Insgesamt handelt es sich um eine Rekordsumme von mehr als 300 Milliarden US-Dollar, die der Konzern den Gläubigern schuldet. Auch nach anderthalb Jahren der Anhörung sei der Konzern nicht fähig, einen Vorschlag für die Restrukturierung zu machen, gab die Richterin an. Die South China Morning Post zitierte Chan: „Ich denke, es ist Zeit für das Gericht zu sagen, genug ist genug.“

Gelten auf Festlandchina andere Regeln?

An der Börse ging die Evergrande-Aktie auf die Entscheidung hin auf Talfahrt. Zwar hat Evergrande durchaus die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen, doch bis zu der Entscheidung würde der Abwicklungsprozess dennoch anlaufen. Zunächst beginnt die Suche nach einem Insolvenzverwalter. Genau wie im Falle der angeschlagenen Signa-Gruppe würde der versuchen, die Gläubiger zu bezahlen, was zum Beispiel einen Verkauf der Unternehmensanlagen voraussetzt.

Allerdings gibt es eine rechtliche Feinheit, die aktuell Unklarheit darüber herrschen lässt, inwiefern das Urteil auf Festlandchina gültig ist. Die Gläubiger zogen in Hongkong vor Gericht, weil Evergrande an der dortigen Börse gelistet ist, während aber ein Großteil des Vermögens des Konzerns im südchinesischen Guangzhou sitzt. Ein Verwalter könnte es so schwerer haben, personelle Entscheidungen am offiziellen Firmensitz zu treffen.

Evergrandes Fall – Auswirkungen für China

Der Immobilienbereich ist mit einem Anteil von 20 Prozent einer der größten Treiber der chinesischen Wirtschaft. Evergrandes Krise betrifft sie darum umso stärker. „In China Evergrande manifestiert sich die aktuelle Immobilienkrise in konzentrierter Form“, zitiert die deutsche Presseagentur (dpa) die Chefökonimin Wang Dan von der Hang Seng Bank in China.

Das betrifft außerdem mehr als 4.000 chinesische Banken. Viele nicht zurückgezahlte Schulden sind in irgendeiner vorm mit Immobilien oder Anleihen einer Lokalregierung verbunden. Ein einbrechender Immobilienmarkt bedeutet zwangsläufig mehr Druck auf den Banken. Viele Firmen bekämen nun Liquiditätsprobleme, weil ihre Immobilienanlagen an Wert verlören.

Kann Evergrande eine neue globale Krise auslösen?

Für Europa und die westlichen Märkte dürfte sich diese Krise in Grenzen halten, gaben Experten bereits 2021 an. Damals gab es zwar durchaus Warnungen vor einem „Lehman-Moment“ aus China, allerdings sind drei Faktoren deutlich anders. Erstens beläuft sich die Schuldensumme von Evergrande mit 300 Milliarden US-Dollar auf die Hälfte der Schulden der Lehman-Bank, zweitens ist Evergrande größtenteils im Inland verschuldet.

Und drittens war Lehman, so drückte es die Tagesschau aus, „Teil der DNA des globalen Finanzsystems“. Wegen der extremen Vernetzung an den globalen Finanzmärkten gab es kaum ein Institut, das nicht betroffen war. Eine schwächere chinesische Wirtschaftsleistung würde andere Auswirkungen haben, unter Umständen könnte zum Beispiel die Nachfrage nach ausländischen Produkten sinken. „Die Auswirkungen könnten noch größer und stärker ausfallen, wenn die schwierige wirtschaftliche Lage Chinas stark auf weitere Länder übertragen wird“, zitierte das ZDF Dr. Wan-Hsin Liu vom Kieler Institut für Weltwirtschaft.

Mit Material von dpa

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