„Das geht besser“ – Trumps Verbündete enttäuscht von seiner Leistung im Wahlkampf

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Nachdenklicher Blick: Der Wahlkampf geht Donald Trump nicht mehr so leicht von der Hand wie gewohnt. © IMAGO/Andrew Leyden

Donald Trump fährt seit Jahren gut damit, seine Kontrahenten zu beleidigen. Das scheint in diesem Wahlkampf nicht zu verfangen.

Washington – Eine seriöse Vorhersage, wer bei der US-Wahl in gut einem Monat das bessere Ende für sich haben wird, erscheint vor dem Endspurt kaum möglich. Zu eng ist das Rennen zwischen Kamala Harris und Donald Trump. Ebenso spannend wird zu beobachten sein, was der Republikaner in den kommenden Wochen noch alles unternehmen wird, um sich auf die Siegerstraße zu manövrieren.

Zuzutrauen ist dem Ex-Staatsoberhaupt in dieser Hinsicht sicher nicht alles, aber doch weit mehr als anderen Politikern. Selbst einige seiner Unterstützer sollen mittlerweile zunehmend besorgt sein, dass Trump in seinem Bestreben, wieder ins Weiße Haus einzuziehen, vor der US-Wahl vom rechten Weg abgekommen ist.

Trump im Wahlkampf: Verbündete sehen Fehler beim Republikaner - „Das geht besser“

Das US-Portal Politico schreibt, dass mehr als ein Dutzend von Trumps Verbündeten in Gesprächen betont hätten, er stehe am Scheideweg. Entweder leiste er sich weiter Fehltritt um Fehltritt oder aber er kehre zurück zu dem kalkulierten Ansatz, sich mit Auftritten und Aussagen auf eine kleine Gruppe der noch unentschlossenen Wähler zu fokussieren. Diese könnten wahrscheinlich großen Einfluss auf den Ausgang der US-Wahl haben.

Einer der Verbündeten, der anonym bleiben will, sagte demnach: „Es ist nicht so, dass er Rückschritte macht. Aber das geht besser.“ Zuletzt soll ihm mit dem Casino-Mogul und Großspender Steve Wynn einer seiner ältesten Freunde ins Gewissen geredet haben. Mit dem Hinweis: Trump würde aktuell das Thema verfehlen.

Auch unter den Führungsfiguren der Republikaner sollen die Sorgen darüber wachsen, dass sich Trump das Leben im Wahlkampf selbst schwer macht. Gegenüber Amtsinhaber Joe Biden war der 78-Jährige obenauf und schien auch viele richtige Entscheidungen zu treffen. Doch der Wind hat sich gedreht: Zum einen aufgrund der beiden Attentatsversuche auf Trump, aber auch infolge von Bidens Rückzieher, der den Republikanern mit Harris eine neue Kontrahentin bescherte, die als tougher angesehen wird.

Trump setzt auf Verschwörungstheorien: Gefährliche Nähe zu Loomer und Ex-Wahlkampfmanager

Trump selbst soll unter vier Augen bereits mehrmals zum Ausdruck gebracht haben, wie verärgert er über den Personalwechsel der Demokraten ist. Seither habe sich der impulsive Ex-Präsident gewandelt, und mit ihm auch seine Kampagne. Er sei zu Verschwörungstheorien und Hasstiraden zurückgekehrt und offen für Stimmen, die „einen freizügigeren Ansatz“ vertreten, wie es in dem Artikel heißt.

Gemeint sind etwa die für ihre rechtsextremen und islamfeindlichen Ansichten bekannte Aktivistin Laura Loomer und sein ehemaliger Wahlkampfmanager Corey Lewandowski. Der Lobbyist war 2021 aus dem Dunstkreis von Trump ausgeschieden – damals hatte die Frau eines wichtigen Spenders ihm unerwünschte sexuelle Annäherungsversuche vorgeworfen.

Trump und Swift: Hass-Post gegen Popsängerin bereitet Verbündeten laut Bericht Sorgen

Trump selbst – so die Befürchtung seiner Unterstützer – soll sich mit seinen Aussagen über vermeintlich Haustiere verspeisende Migranten in der US-Kleinstadt Springfield in Ohio ebenso keinen Gefallen getan haben, wie mit dem Vorwurf, sollte er die Wahl verlieren, läge die Schuld auch bei jüdischen Wählern. Auch für seinen in Großbuchstaben abgesetzten Post „Ich hasse Taylor Swift“ in seinem Netzwerk Truth Social gab es offenbar keinen Applaus unter seinen Kampagnen-Mitarbeitern.

Der niedergeschriebene Gefühlsausbruch in vier Worten ist einem Verbündeten zufolge mutmaßlich eine Reaktion auf eine Umfrage über den großen Einfluss der Popsängerin auf den Wahlkampf. Swift hatte nach der TV-Debatte zwischen Harris und Trump vor wenigen Wochen offen ihre Unterstützung für die Demokratin bekundet.

Corey Lewandowski mit Cap und Laura Loomer mit Shirt in der Hand
Kein optimaler Umgang für einen Präsidentschaftskandidaten: Sein Ex-Wahlkampfmanager Corey Lewandowski und die für ihre Verschwörungstheorien bekannte Influencerin Laura Loomer sollen die Nähe von Donald Trump suchen. © IMAGO / MediaPunch, IMAGO / ABACAPRESS

Trump und die Wahl-Kampagne: „Sein Team hat nicht das Gefühl, dass es ihn kontrollieren kann“

Laut der Washington Post (Artikel hinter Bezahlschranke) befürchten Trumps Berater nach dem Anti-Swift-Post vor allem negative Auswirkungen auf weibliche Wähler. Allerdings zitiert die Hauptstadt-Zeitung einen nicht näher bezeichneten Trump-Vertrauten mit der Aussage: „Der Grundsatz lautet, dass sein Wahlkampf zu 96 Prozent ihm gehört.“ Und weiter: „Es heißt nicht einmal: ‚Lasst Trump Trump sein.‘ Es heißt: ‚Lasst Trump jederzeit unbeaufsichtigt sein.‘ Sie haben einfach das Gefühl: Wir können ihn nicht kontrollieren, also hoffen wir, dass er trotzdem gewinnt.“

Die Post sprach demnach mit neun Helfern, Beratern und anderen Personen, die mit der Situation vertraut sind. Insgesamt ist sein Team weiter optimistisch, dass Trump das enge Rennen vor der US-Wahl am Ende für sich entscheiden wird. Unter anderem auch deshalb, weil sie erwarten, dass Themengebiete wie die Wirtschaft und die Migration eine wichtige Rolle spielen werden und ihr Kandidat dort Pluspunkte sammelt.

Trump und die Kontroversen: „Menschen werden damit überfordert, die Politik zu verfolgen“

Laut New York Times (Artikel hinter Bezahlschranke) scheinen viele Bürger auch müde von den beinahe pausenlosen Kontroversen zu sein, die ein Wahlkampf mit Trump mit sich bringt. Einige Strategen nehmen demnach wahr, dass die Nation „dem Ansturm des Chaos“ eher schulterzuckend begegnet und sogar den Wunsch hegt, den Wahlkampf ganz auszuschalten. Offenbar tritt vielerorts eine Übersättigung ein.

„Wir werden in jedem Nachrichtenzyklus mit wilden Geschichten überhäuft“, erklärt der langjährige republikanische Stratege David Kochel: „Es überfordert die Fähigkeit der Menschen, die Politik zu verfolgen. Man kann nicht mit allem Schritt halten, also schalten viele Leute einfach ab.“

Genau das befürchtet auch Don Bacon. Der Republikaner repräsentiert einen Wahlbezirk in Nebraska, in dem Biden 2020 Trump ausstach. Auch aktuell scheinen die Demokraten hier bessere Karten zu besitzen. Deswegen soll Bacon das Wahlkampfteam von Trump angefleht haben, sich auf Themen wie die Inflation, die Gefahr vor Kriegen im Nahen Osten oder die liberale Politik von Harris zu konzentrieren.

Trump vor Rückkehr ins Weiße Haus? Provokationen gegen Biden und Harris lassen viele Menschen kalt

Ob er bei Trump Gehör findet? In gewisser Weise sollte sich der womöglich umstrittenste Politiker der US-Geschichte wohl neu erfinden. Sein einstiger Zauber scheint verflogen.

Allein als Unterhaltungskünstler, der Schlagzeilen en masse produziert, wird er sein Ziel kaum erreichen. Dass seine jüngsten Provokationen gegen Biden und Harris, denen er etwa „kommunistische, linke Rhetorik“ vorwarf, kaum Widerhall fanden, zeigt laut der Times auch, dass die Bürger nach drei Wahlzyklen, in denen Trump mit seiner Effekthascherei die Nachrichten dominierte, längst an seine Art gewöhnt sind. Folglich kann er auf diese Weise kaum neue Wähler gewinnen. Fragt sich nur, ob auch Trump das aus Sicht der Republikaner noch rechtzeitig erkennt. Und irgendwie die Kurve kriegt. (mg)

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