So bunt ist die Welt um uns herum, wenn man genau hinschaut

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Eine Aufnahme von Alfons Brückl, die bei der Jahresausstellung von „Blende 85567“ in Grafing gezeigt wird. © A. Brückl

Bunt ist unsere Welt, auch wenn wir das nicht immer so erkennen. Mit seiner neuen Ausstellung öffnet uns der Grafinger Fotoclub „Blende 85567“ ein wenig die Augen.

Grafing – Zurzeit gehen nahezu täglich irgendwo in Deutschland Menschen auf die Straßen, um für eine bunte bzw. buntere und in jedem Fall demokratische Welt zu demonstrieren. Eine bunte Welt, aber mit ganz anderen Hintergedanken, hatten und haben auch die Mitglieder des Grafinger Fotoclubs „Blende 85567“ im Sinne bzw. im Fokus. Um die oft unentdeckte farbliche Vielfalt um uns herum geht es ihnen nämlich bei der anstehenden Jahresausstellung, die am Donnerstag, 22. Februar, mit einer Vernissage im Museum der Stadt Grafing in der Bahnhofstraße 10 ab 19.30 Uhr eröffnet wird.

Graue Treppe, orangene Wände
Orange trifft grau: von Ulrike Hohnheiser © Ulrike Hohnheiser

An einem der regelmäßig an jedem zweiten Donnerstag im Monat stattfindenden Klubabende (ab 19.30 Uhr im Vhs-Gebäude in der Griesstraße), berichtet Vorstand Johannes Schmieg, sei zuletzt auch das Thema „Farbe“ in den Mittelpunkt gerückt. Und daraus habe dann letztlich den Arbeitstitel der nun anstehenden Jahresausstellung entwickelt, zu der die Grafinger Hobbyfotografen stets im Frühjahr einladen. Und das zuletzt übrigens mit überaus großem Erfolg. Gewöhnlich sei das Museum zuletzt bei einer Vernissage gewaltig gefüllt gewesen, anstand, so Schmieg bei einem Vorabrundgang mit der EZ.

Grundsätzlich kann in Grafing jedes Vereinsmitglied, egal auf welchem fotografischen Niveau befindlich, bis zu zwei Aufnahmen in den Museumsräumen im Erdgeschoss präsentieren. 27 machen heuer Gebrauch davon. 54 gezeigte Bilder – das sind etwas weniger als in den Vorjahren. Dafür bekommt der Ausstellungsbesucher aber bis zum 24. März in der Tat einen vielfältigen Eindruck davon, was um uns herum ist, aber nicht immer gleich auch auffällt.

Manchmal, wie bei Cornelia Schmieg oder Hubert Brunner, reichen schon Entdeckungen im häuslichen Umfeld und Alltag. Manchmal kann auch eine lupenreine Zweifarbigkeit ästethische Wirkung (orange und grau) erzeugen. Oder aber Alltagsgegenstände, deren Buntheit besonders zum Tragen kommt, wenn man um sie herum die Umgebung schwarz und weiß zeichnet. Die Aufnahme vom quietschbunten Trabi (Autor Andreas Seidl) auf einer viel befahrenen Berliner Hauptstraße dreht die Assoziationen, die der DDR-Plastebomber bei uns noch immer erzeugt, quasi ins Gegenteil. Trabi-Fotos kennt man gewöhnlich als Darstellungen nahezu farblos wirkender Pkw inmitten einer noch tristeren, zumeist grauen Umgebung. Bei Seidl ist’s in diesem Fall ganz anders.

Alex Pelka hat sich dagegen eines ganz anderen Stilmittels bedient und knackig rote Erdbeeren mit Computertechnik in blaue Beeren verwandelt. Eine bewusst gewählte Farbverfälschung, die in der Fotokunst aber selbstverständlich ihre Berechtigung hat.

Handwerksarbeiten in Grafing
Handwerkliches aus Grafing, gesehen von Hubert Brunner © H. Brunner

Nicht so sein Ding ist dieses Vorgehen für Burkhard Pietzner. Der auf Langeoog geborene Öffentlichkeitsbeauftragte des Vereins hat heuer eine Aufnahme beigesteuert, die Polarlichter im Norden Finnlands zum Motiv hat. Dazu wählte er eine Belichtungszeit von fünf Sekunden und ein Stativ. Bei der Nacharbeitung am PC ging es u.a. um die Frage, erzählt er, wie man und ob man die Farben noch verändern sollte. Pietzner entschied sich für maximale Zurückhaltung, um hier „nicht zu überdrehen“. Ansonsten wäre das Landschaftsfoto nach seinen Worten u.U. ins Unwirkliche umgekippt. Übrigens kam bei seinem Ausstellungsbild auch Künstliche Intelligenz ins Spiel, weil der Autor eine KI-gesteuerte Entrauschungssoftware einsetzte.

Farbe, so Peitzner und Schmieg, müsse man in der Fotografie grundsätzlich als ein Mittel von vielen betrachten. Es komme letztlich immer darauf an, was man zum Ausdruck bringen wolle. Was die neue Ausstellung angehe, gibt es für beide eigentlich nur ein Hauptgesichtspunkt: Die Farbaufnahme solle mehr ausdrücken und damit besser sein als eine in schwarz und weiß konvertierte Variante.

Blaue Erdbeeren
Blaue Beeren von Alex Pelka © A. Pelka

Dass sich über Farbfotografie hinlänglich und intensiv diskutiert werden kann und dass nicht zuletzt auch persönliche Geschmäcker eine wesentliche Rolle spielen können; dazu liefert die Ausstellung 2024 ebenfalls ein wundervolles Beispiel. Alfons Brückl hatte auf einem Herren-WC in einem Kunstmuseum namens MOCAA (Zeitz Museum of contemporary Art Africa; also ein Museum für zeitgenössische Kunst) in Kapstadt eine Farbvielfalt entdeckt, die man überall sonst vermutet, aber eben nicht auf einem öffentlichen stillen Örtchen. Johannes Schmieg, der Klubvorsitzende, schmunzelt bei dem Hinweis, dass genau diese Aufnahme im Vorfeld für die allermeisten Diskussionen gesorgt hätten. Die Damen im Verein hätten das Bild spontan super gefunden, die größten Bedenkenträger seien hingegen die Männer gewesen.

Nähzubehör
Cornelia Schmieg hat diese häuslichen Gebrauchsgegenstände entdeckt © C. Schmieg

In jedem Fall dürfte es sich um einen „Eye-Catcher“ handeln. Also ein Hingucker, der womöglich auch am morgigen Donnerstag viel Spielraum zur Debatte bieten könnte. Zur Begrüßung wird übrigens der 2. Vorsitzende Stefan Piontek sprechen. Und auch Museumsleiter Bernhard Schäfer wird wieder gewichtiger Worte finden. Von der städtischen Seite habe sich, so heißt es, die Dritte Bürgermeisterin Regina Offenwanger angesagt.

Bunter Trabi
Bunter Trabi in einer tristen Umgebung: Andreas Seidl © A. Seidl

Öffnungszeiten

Die Fotoausstellung „Farbe“ des Fotoclubs „Blende 85567“ in Grafing wird mit der Vernissage am Donnerstag, 22. Februar, um 19.30 Uhr im Museum der Stadt Grafing eröffnet. Zusätzlich zu den gewöhnlichen Öffnungszeiten des Museums ist am 24. und 25. Februar sowie am 2. und 3. März bei Kaffee und Kuchen und einer AV-Schau geöffnet. Und zwar samstags von 14 bis 18 Uhr und sonntags von 10 bis 16 Uhr. Letzter Öffnungstag ist der 24. März.

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