Erkenntnisse aus der „Musterstraße“: Die Stadt rechnet mit weniger Einnahmen aus der Grundsteuer

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Dachau
  4. Dachau

KommentareDrucken

Die Grundsteuerreform bedeutet für die Finanzämter viel Arbeit. Die Stadt Dachau rechnet daher mit gewissen „Unschärfen“ bei den ersten Bescheiden. © IMAGO/Michael Bihlmayer

Die Dachauer Stadtverwaltung hat dem Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrats einen ersten Sachstandsbericht zur Grundsteuerreform vorgelegt. Tenor: Die Bescheide des Finanzamts weisen „Unschärfen“ auf. Und für die Stadt bleibt am Ende ein dickes Minus.

Dachau – Wegen veralteter Bemessungsgrundlagen entschieden die Bundesverfassungsrichter bereits 1995, dass die Grundsteuer aktualisiert werden muss. Nun, Jahre später, ist die Reform tatsächlich da, die neue Grundsteuer beschlossene Sache. Ab 1. Januar 2025 soll die Abgabe entsprechend den neuen Regeln erhoben werden. Jeder Dachauer Grundstückseigentümer wird daher laut Florian Scherf von der Dachauer Kämmerei „im Lauf des nächsten Jahres Post bekommen“.

Für die Stadtverwaltung, so Scherf, bedeutet die Reform viel Arbeit. Rund 20 000 Bescheide werde die Stadtkasse verschicken müssen. Parallel dazu werden auch ungezählte Daueraufträge entsprechend der neuen Beträge abgeändert werden müssen. Und was auch kommen dürfte: viele, viele Einsprüche gegen die Reform.

Denn wie Scherf den Stadträten im jüngsten Haupt- und Finanzausschuss am Mittwoch erklärte, lassen erste Stichproben in einer Dachauer „Musterstraße“, wie er es nannte, doch einige „Unschärfen“ erwarten.

Das Finanzamt stellt Bemessungsbescheid aus

Wichtig in diesem Zusammenhang: Für die Bemessung der Grundsteuer ist nicht die Stadt zuständig. In den vergangenen Monaten hatten Grundstückseigentümer ihre entsprechenden Grundsteuerklärungen abgegeben. Das Finanzamt erstellt daraus Messbescheide, die an die Stadt weitergereicht werden. Die Stadtkasse berechnet anschließend auf Grundlage dieser Bescheide und anhand des Dachauer Grundsteuerhebesatzes den vom Bürger zu zahlenden Betrag. „Für uns ist es reine Mathematik“, sagt Scherf. Die Bescheide des Finanzamts auf deren Richtigkeit zu prüfen, „ist nicht unsere Aufgabe“.

Das Problem ist aber: Auch das Finanzamt kann – aufgrund der Masse der eingetroffenen Steuererklärungen – derzeit nicht prüfen, inwieweit die Angaben zu dem jeweiligen Haus und Grundstück richtig sind. Der Zeitdruck, bis 1. Januar die Bescheide verschicken zu müssen, ist zu groß. Scherf: „Allen war klar, dass die Finanzämter das nicht prüfen können und dass dadurch Unschärfen entstehen.“ Dass diese „Unschärfen“ aber doch sehr beträchtlich sind, habe die Stadtkämmerei nun im Rahmen einer Stichprobe erkennen müssen.

Große Unschärfen bei den Messbeträgen

Scherf und seine Kollegen hatten sich nämlich eine Straße vorgenommen, für die die Messbescheide des Finanzamts bereits vorlagen. Diese „Musterstraße“, wie Scherf sie den Stadträten vorstellte, zeichne sich dadurch aus, dass sämtliche Häuser dort in etwa gleich alt und gleich gebaut und die Grundstücke gleich groß seien. Die zu zahlende Grundsteuer, so die Annahme, müsste also für alle Eigentümer in der Straße relativ gleich sein.

Ist sie aber nicht. Offensichtlich unterschieden sich die Steuererklärungen der Anwohner deutlich, sodass das Finanzamt – ohne Zeit für Prüfung – einfach die entsprechenden Angaben übernahm. Scherf schwant: „Wenn nächstes Jahr in dieser Straße Frau Müller und Frau Schulze über den Zaun ihre Steuerbescheide vergleichen, werden die ganz unterschiedlich sein.“ Wobei er noch einmal betont: „Der Fehler dafür liegt nicht bei der Stadt!“

In Zahlen: Hatte der alte Messbetrag bei den Objekten in der „Musterstraße“ zwischen 66,73 Euro und 66,86 Euro nur minimalst auseinander gelegen, schwanken die neuen Messbeträge für die selben Immobilien jetzt zwischen 49,39 Euro und 102,97 Euro.

Und es tut sich ein zweites Problem aus der Grundsteuerreform auf. Für die Stadt, so zeigen erste Berechnungen, ergeben sich in Summe weniger Einnahmen. Weitere Auswertungen der bereits vorliegenden Werte für die Grundsteuer B brachten nämlich zutage, dass in rund 78 Prozent der Fälle die Abweichung zwischen dem alten und neuen Messbetrag bei über 20 Prozent liegt – und in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle diese Abweichung zu Ungunsten der Stadt ausfällt.

Wenige zahlen mehr, viele zahlen weniger

Scherf fasst es so zusammen: „Bei unserem jetzigen Hebesatz würden es viele Bürger sein, die weniger Grundsteuer zahlen als vorher, und wenige, die mehr zahlen“. Allein bei der Grundsteuer B rechnet er mit Mindereinnahmen für die Stadt in Höhe von 480 000 Euro im Jahr 2025.

Um das Grundsteueraufkommen auf dem gleichen Niveau zu halten wie es jetzt ist, müssten also die städtischen Hebesätze entsprechend „angepasst“ werden. Das bayerische Finanzministerium hatte im Zuge der Reform nämlich betont, dass die Kommunen nicht schlechter gestellt werden sollten. Spätestens im Herbst, wenn weitere Daten vorliegen und genauere Prognosen möglich sind, müsse der Stadtrat handeln.

Wie die Steuerreform die Stadt als Grundstückseigentümerin selbst trifft, kann Florian Scherf übrigens noch nicht sagen. Er will nur festhalten, dass die Verwaltung die städtische Grundsteuererklärung „fristgerecht“ abgegeben hat.

Auch interessant

Kommentare