„Fragwürdiger“ Trick vor Hamburg-Wahl: Briefwähler landen automatisch bei der AfD

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Vor der Bundestagswahl kämpfen die Parteien auf Wahlplakaten und im Internet um Sichtbarkeit. Doch manchmal wird dabei auch Taktiken gegriffen, die Kritik hervorrufen.

Hamburg – Bis vor wenigen Tagen stießen Hamburger Wählende auf der Suche nach Informationen zur Briefwahl unter Umständen auf eine Seite der Hamburger AfD. Nun beschäftigt der Fall nach Informationen des Hamburger Abendblatts auch den Landeswahlleiter. Doch der Domain-Trick ist weder neu noch sonderlich selten.

Stein des Anstoßes zu zahlreichen Medienberichten war eine Seite mit der Domain „briefwahl-hamburg.de“, die den Informationen zufolge automatisch auf eine Website der AfD mit Mitmach- und Spendenaufrufen weitergeleitet worden wäre. Inzwischen ist die Seite nicht mehr erreichbar.

Mitte Januar demonstrierten über 16.000 Menschen in Hamburg gegen einen Wahlkampfauftritt von AfD-Chefin Alice Weidel.
Mitte Januar demonstrierten über 16.000 Menschen in Hamburg gegen einen Wahlkampfauftritt von AfD-Chefin Alice Weidel. (Symbolfoto) © Marcus Brandt/dpa

Tippfehler mit Folgen: AfD-Parteiwerbung statt Informationen zur Briefwahl

Das große Problem dabei ist die Nähe der URL zur tatsächlichen Plattform, um in Hamburg Briefwahlunterlagen zu beantragen, die sich unter „briefwahl.hamburg.de“ findet, also nur ein einziges Zeichen Unterschied aufweist zu der URL, die noch bis vor wenigen Stunden zu der Online-Präsenz der rechtspopulistischen Partei führte, die in einigen Bundesländern vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wird.

Auf Nachfrage des Abendblatts kommentierte auch der Hamburger Landeswahlleiter Oliver Rudolf das Vorgehen und gab an, dass er „die betreffende Partei“ aufgefordert habe, „die URL, sofern zugehörig, abzuschalten“. Laut seiner Einschätzung stelle die derartige Nutzung einer Domain-Weiterleitung auf die Seite einer Partei zwar höchstwahrscheinlich „keinen unmittelbaren Verstoß gegen eine wahlgesetzliche Vorschrift“ dar, sei jedoch „zumindest aber fragwürdig“.

Umstrittene Masche: Typosquatting wird häufig verwendet – Auch in der Politik

Tatsächlich scheint die Masche vor der Hamburg-Wahl, sich prominente Domains zum Thema Briefwahl zu sichern, deutschlandweit zumindest nicht unüblich zu sein. Unter „briefwahl-hessen.de“ landet man auf der Seite eines Grünen-Landtagsabgeordneten in Südhessen, unter „briefwahl-bayern.de“ auf der Web-Präsenz der bayerischen Piratenpartei, und unter der URL „briefwahl-berlin.de“ kommt man zumindest auf den Hinweis eines URL-Providers, der verrät, dass die Domain bereits vergeben ist. Der Unterschied zum Fall in Hamburg: In allen drei Fällen reicht ein einfacher Vertipper nicht aus, um statt auf der offiziellen Seite zur Beantragung von Briefwahlunterlagen auf einer Seite mit Parteiwerbung zu landen.

Die Praxis, die auch unter dem Begriff „Typosquatting“ bekannt ist, gilt schon länger als eine beliebte Masche im Internet, um Kundschaft von Wettbewerbern anzulocken oder sogar kriminelle Ziele zu verfolgen. So warnt etwa der Software-Konzern Microsoft auf seiner Website davor, dass Menschen durch täuschend echte URLs etwa auf Websites mit Schadsoftware geleitet werden können. Es passiert jedoch auch nicht selten, dass es wie im Fall der AfD-Website zwar auf grundsätzlich legale Seiten geht, die Userinnen und User hinter der entsprechenden Domain jedoch nicht vermutet hätten.

Umstrittener Wahlkampftrick: AfD in Hamburg streitet Beteiligung ab

Doch obwohl die Sache per se legal und laut Hamburger Landeswahlleiter eben nur „fragwürdig“ ist, kommt von der Hamburger AfD die Information, dass man von der Sache nichts gewusst habe. So zitiert das Hamburger Abendblatt einen Sprecher der AfD-Fraktion in der Hansestadt, dass ihr „der Sachverhalt (...) nicht bekannt“ sei und man derzeit „auch keinen Zugriff auf diese Seite“ habe. Wer eine URL registriert hat, ist bei der aktuellen Gesetzgebung zum Datenschutz nicht mehr so einfach, weswegen der Partei nichts nachgewiesen werden kann.

Hamburg bereitet sich aktuell nicht nur auf die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar, sondern auch auf die Bürgerschaftswahlen in der Folgewoche, am 2. März, vor. Im Gegensatz zum Deutschlandtrend in der Bundestagswahl liegt die auf Bundesebene geschwächte SPD hier mit großem Vorsprung in Umfragen bei 34 Prozent. Die Hamburger AfD kommt in dem Stadtstaat hinter Grünen und Union gerade einmal auf elf Prozent. (saka)

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