Putin sichert sich seltene Erden – Trumps Rohstoff-Deal mit der Ukraine in Gefahr
Russland verfolgt gezielt den Zugriff auf Zukunftsrohstoffe. Die Einnahme des Lithiumfelds bei Schewtschenko ist strategisch geplant.
Schewtschenko/Kiew/Washington, D.C. – Inmitten schwerer Kämpfe im Südosten der Ukraine hat Russland mit der Einnahme des Dorfs Schewtschenko einen folgenschweren strategischen Erfolg im Ukraine-Krieg erzielt. Unter dem Ort nahe der Grenze zum Gebiet Dnipro liegt eines der größten Lithiumvorkommen Europas – ein Rohstoff, der im Zentrum eines US-ukrainischen Rohstoffabkommens steht und weltweit als weißes Gold der Energiewende gilt.
Trumps Rohstoff-Deal mit der Ukraine droht zu platzen
Zwar dementierte das ukrainische Militär zuletzt eine vollständige Besetzung, von der unter anderem Le Figaro und Reuters berichteten, sprach jedoch offen von einer „der zwei intensivsten Frontlinien“ überhaupt, schreibt der Kyiv Independent. Die Kontrolle über das Vorkommen – auf 40 Hektar und bis zu 13,8 Millionen Tonnen lithiumhaltiges Gestein geschätzt – bleibt in jedem Fall heftig umkämpft.
Die Einnahme oder auch nur Teileinnahme ist nicht nur ein militärischer, sondern ein wirtschaftlich-geopolitischer Schlag: Das Feld bei Schewtschenko enthält laut ukrainischem Geologischen Dienst neben Lithium auch wertvolle Elemente wie Tantal, Niob, Beryllium, Cäsium, Rubidium und Zinn. Besonders wertvoll macht das Vorkommen sein hoher Anteil an Spodumen – mit 90 Prozent besonders lukrativ für die kommerzielle Lithiumgewinnung.
Ukraine-Krieg: Schlüsselrohstoff Lithium in Putins Hand – Deal mit USA ins Wanken geraten
Der Verlust trifft die Ukraine hart, denn gerade dieser Standort war als Vorzeigeprojekt im US-Ukraine-Rohstoffabkommen vorgesehen, das Ende April unterzeichnet wurde. Der Vertrag sieht ein gemeinsames Investitionsfondsmodell vor, bei dem künftige Einnahmen aus Rohstoffförderung auch der Ukraine beim Wiederaufbau helfen sollen – insbesondere bei Lithium, Titan, Mangan und seltenen Erden, notiert der US-Thinktank Center for Strategic and International Studies (CSIS).
Doch: Zwei der vier größten ukrainischen Lithiumvorkommen – Shewtschenko und Kruta Balka – befinden sich nun weitestgehend unter russischer Kontrolle, erklärt 24tv.ua. Die effektive Umsetzbarkeit des Deals steht damit in Frage. Schon vor Monaten warnte der frühere US-Geheimdienstanalyst Rod Schoonover, dass genau diese Bodenschätze „durchaus ein Grund für Russlands strategisches Interesse“ seien, heißt es im Military Watch Magazine.
Ursprünglich hatte Donald Trump im Mai versucht, einen symbolträchtigen Triumph zu feiern: Der neue Rohstoffdeal sicherte den USA bevorzugten Zugang zu ukrainischen Seltenen Erden und Lithium und wurde öffentlich als Gegengewicht zur chinesischen Marktmacht inszeniert. Doch der strategische Verlust von Schewtschenko untergräbt genau dieses Narrativ.
USA fordern Rohstoffe von der Ukraine – Russland kontrolliert sie
Die geopolitische Lage könnte für Trump zum Dilemma werden. Einerseits steht sein wirtschaftlicher Fokus auf transaktionalen „Deals“ mit Mineralien – wie der mit der Ukraine. Andererseits wachsen mit jeder russischen Eroberung die Zweifel, ob Kiew die vertraglich zugesicherten Ressourcen überhaupt noch liefern kann. Experten wie Mykhailo Zhernov von Critical Metals Corp bezeichnen die Lage offen als „Problem für diesen Deal“, so die New York Times.
Auch der geopolitische Gegenspieler Russland sieht die Bedeutung: Russische Staatskonzerne wie Rosatom bekundeten bereits Interesse am Shewtschenko-Feld, das in sowjetischer Zeit 1982 entdeckt wurde und „hohe strategische Relevanz“ habe, so der Donezker Funktionär Vladimir Ezhikov, ebenfalls gemäß der New York Times.
Ukrainische Lithiumvorkommen – geschätzte Mengen und Kontrolle
Vorkommen (Lagerstätte) | Geschätzte Lithium-Menge | Kontrolle (Stand: Ende Juni 2025) |
---|---|---|
Schewtschenko (Donezk) | bis zu 13,8 Mio. Tonnen | größtenteils russisch kontrolliert |
Kruta Balka (Saporischschja) | ca. 5 Mio. Tonnen | umkämpft / teils russisch kontrolliert |
Dobrynske (Dnipro) | ca. 3 Mio. Tonnen | ukrainisch |
Polokhivske (Kirowohrad) | ca. 2,5 Mio. Tonnen | ukrainisch |
Erschließung der ukrainischen Rohstoffvorkommen durch die USA rückt in weite Ferne
Selbst wenn Schewtschenko zurückerobert würde, stellt sich die Frage, ob ein Bergbauprojekt dort überhaupt realisierbar wäre. Eine moderne Mine braucht laut CSIS durchschnittlich 18 Jahre zur Entwicklung und Investitionen von 500 Millionen bis 1 Milliarde Dollar (ca. 426 bis 852 Milliarden Euro) – das setzt stabile Sicherheitslagen und Energieversorgung voraus.
Doch die Energieinfrastruktur der Ukraine ist laut CSIS-Bericht zu rund 50 Prozent zerstört, es fehlt an Netzstabilität, Substationen und Förderkapazitäten. Zudem beruhen viele geologische Daten noch auf sowjetischer Kartierung aus den 1960er Jahren – genaue Förderprognosen fehlen. Auch laut dem Kyiv Independent ist das Shewtschenko-Feld als besonders komplex eingestuft.
Russland, Ukraine und die USA: Ressourcenkrieg und diplomatische Fragilität
Die russische Einnahme des Lithiumvorkommens von Schewtschenko steht symbolisch für einen neuen Rohstoffkrieg, der weit über klassische Frontverläufe hinausgeht. Sie erschüttert nicht nur Kiews Hoffnungen auf wirtschaftliche Eigenständigkeit, sondern auch Washingtons Pläne, so das Robert Lansing Institute, zur Entkoppelung von China und Russland bei Seltenen Erden.
Und während Präsident Trump noch abwägt, ob weitere Patriot-Lieferungen an die Ukraine sinnvoll seien, schafft der Kreml Fakten im Boden – und in der Geopolitik. (chnnn)