„Wenn Putin hustet, sucht Scholz nach einem Bunker“ – Unverständnis in Frankreich wächst

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Die Allianz zwischen Deutschland und Frankreich strauchelt. Zu uneinig ist man sich über die Taktik gegen Putin im Ukraine-Krieg. Pistorius wehrte sich gegen Vorwürfe.

Berlin/Paris – Ein besonders gute Verhältnis wurde Bundeskanzler Olaf Scholz und seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron noch nie nachgesagt. In jüngster Zeit treten aber immer tiefere Risse zutage. Zu groß sind die Differenzen, was den Ukraine-Krieg betrifft – und was man gegenüber Russland signalisieren will.

Frankreichs Präsident Macron setzt auf eine Strategie der Abschreckung gegenüber Russland. Das wurde vergangene Woche deutlich, als er mit dem Vorschlag vorpreschte, Nato-Bodentruppen zum Kampf gegen Russland in die Ukraine zu schicken. Für Olaf Scholz, der im Ukraine-Krieg trotz aller Unterstützung besonnen und abwägend auftritt, ein absolutes No-Go.

Der eine prescht vor, der andere zaudert: Emmanuel Macron und Olaf Scholz liegen beim Ukraine-Krieg teils weit auseinander.
Der eine prescht vor, der andere zaudert: Emmanuel Macron (l.) und Olaf Scholz liegen beim Ukraine-Krieg teils weit auseinander. © Chris Emil Janssen/Imago

Scholz zögert bei Taurus, Macron spricht von Bodentruppen im Ukraine-Krieg

Der deutsche Kanzler kann sich nicht einmal zu Taurus-Lieferungen durchringen – aus Sorge vor einer weiteren Eskalation des Krieges. Frankreich hat dagegen längst Marschflugkörper geliefert. Scholz Zögern wird dort als Kleinbeigeben vor Russlands aggressiv auftretenden Präsidenten Wladimir Putin gewertet: „Wenn Putin hustet, sucht Scholz sofort nach einem Bunker“, soll ein Berater Macrons laut einem Bericht der Berliner Morgenpost nach dem Taurus-Nein des deutschen Kanzlers gesagt haben.

Nicht nur Deutschland, auch viele andere Staaten erteilten den Gedankenspielen Macrons schnell eine Absage. Nato-Soldaten in der Ukraine einsetzen – das stehe nicht zur Debatte, hieß es von den allermeisten europäischen Staaten. Es sei wichtiger, Munition zu liefern. Doch Macron ließ sich davon nicht irritieren: Am Dienstag (5. Februar) bekräftigte er seine Überlegungen zu Bodentruppen noch einmal.

Macron warnt vor Defensive im Ukraine-Krieg – „Kein Feigling sein“

Bei einem Besuch in Prag warnte der Franzose vor einem allzu defensiven Blick auf den Ukraine-Krieg. „Wir nähern uns sicherlich einem Moment für Europa, in dem es notwendig sein wird, kein Feigling zu sein“, erklärte er kämpferisch. „Wenn wir jeden Tag erklären, was unsere Grenzen gegenüber jemandem sind, der gar keine hat und diesen Krieg angezettelt hat, kann ich Ihnen schon sagen, dass der Geist der Niederlage sich einschleift“, so Macron.

Das kann eindeutig als Seitenhieb auf Scholz gewertet werden, der im Ukraine-Krieg eine rote Linie nach der anderen zieht. Erst waren es die Panzer, zurzeit sind es Marschflugkörper mit großer Reichweite, so wie die deutschen Taurus-Raketen.

Macron verteidigte auch seine Aussage zu Bodentruppen von der Woche zuvor: „Ich glaube, es ist absolut notwendig, dass wir erklären, dass wir uns selbst keine Einschränkungen setzen werden.“ Er betonte aber auch, dass er keine Eskalation wünsche. Nach Macrons Äußerung zu westlichen Truppen in der Ukraine hatte die französische Regierung klargestellt, dass damit keine Kampfeinheiten für die Front gemeint seien.

Pistorius weist Vorwürfe Macrons zur Ukraine zurück – „Keine Diskussion über Mut“

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wies Macrons Äußerungen als „wenig hilfreich“ zurück. „Das hilft nicht wirklich dabei, die Probleme zu lösen, die wir dabei haben, die Ukraine so gut wie möglich zu unterstützen“, sagte er am Dienstag (5. Februar) bei einem Besuch in Schweden.

„Aus meiner Sicht brauchen wir keine Diskussionen über den Einsatz von Bodentruppen oder über mehr oder weniger Mut“, sagte er. Es gehe „darum, sich auf die relevantesten Herausforderungen zu konzentrieren“.  Dies sei der schnelle Nachschub von Munition für Artillerie und Luftabwehrsysteme.

Die deutsch-französischen Unstimmigkeiten dürften auch bei dem Treffen zwischen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihrem französischen Kollegen Stéphane Séjourné  in Paris eine Rolle gespielt haben. Baerbock schrieb nichtsdestotrotz im Anschluss an die Zusammenkunft auf dem Portal X (früher Twitter): „Geschlossen und entschlossen: Gemeinsam sind wir stark.“ (smu)

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