Aufregung um Transnistrien: Was Putin jetzt in Moldawien will
Europa droht der nächste bewaffnete Konflikt: Die abtrünnige Region Transnistrien bittet Russland um Schutz vor der Republik Moldau. Fragen und Antworten.
Tiraspol – Was führt er diesmal im Schilde? Russlands Präsident Wladimir Putin hält Europa mit seiner Brutalität und seinem Imperialismus weiter in Atem, während seine russischen Soldaten in der Ukraine zu Tausenden sterben.
Transnistrien: Separatisten in Moldawien bitten Moskau um „Schutz“
Und jetzt das: Die prorussischen Separatisten in Transnistrien haben Russland um „Schutz“ vor der Republik Moldau gebeten. Das berichteten russische Nachrichtenagenturen wie die Ria Nowosti am Mittwoch (28. Februar). Demnach wolle Moskau diese Bitte prüfen, hieß es. Als Grund für ihr Anliegen nannten die Separatisten eine „wirtschaftliche Blockade“ durch Moldawien.
Steht Europa vor dem nächsten bewaffneten Konflikt neben dem Ukraine-Krieg? Worum geht es genau? Was sind Putins mutmaßliche Interessen? Und inwieweit setzt die Entwicklung die Verteidigungsallianz Nato unter Druck? Fragen und Antworten.

Brandherd Transnistrien: Die Geschichte dahinter – und worum es in Moldau geht
Die international nicht anerkannte Republik Transnistrien entstand zwischen 1990 und 1992 während des Zerfalls der Sowjetunion durch Abspaltung von der Republik Moldau. Die Unabhängigkeitsbestrebungen mündeten von März bis Juli 1992 in einen Krieg. Neu aufgestellte, rund 10.000 Mann starke moldauische Streitkräfte in Form von Polizeieinheiten auf der einen und die transnistrischen Separatisten auf der anderen Seite standen sich gegenüber.
Die Kämpfe forderten über 500 Todesopfer und endeten mit dem militärischen Eingreifen der dort stationierten 14. Gardearmee Russlands auf Seiten Transnistriens. Es handelt sich seither um einen sogenannten „eingefrorenen Konflikt“. In Folge der Kämpfe erklärte sich Transnistrien für unabhängig, was die Republik Moldau seit ihrer eigenen Unabhängigkeit von der Sowjetunion (27. August 1991) nie anerkannte. Nach Vorstellungen der Regierung in Chisinau und ihrer Verbündeten im Westen gehört Transnistrien zu Moldawien mit seinen rund 2,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern.
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Transnistrien in Moldawien: Welche Interessen haben Russland und Wladimir Putin?
Seit die 14. russische Armee den Transnistrien-Krieg im Sommer 1992 durch militärisches Eingreifen beendete, sind die Truppen mit geschätzt mehr als 1000 Soldaten in der Region stationiert. Die Einheiten Moskaus blieben in dem fortan als „Sicherheitszone“ bezeichneten Gebiet, wo sie um ein Munitionsdepot in Colbasna im Norden untergebracht sind. Laut des Vertrags über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) hatte Russland sich 1999 eigentlich zum vollständigen Abzug seiner Truppen bis 2002 verpflichtet – dies aber nicht eingehalten.
Rund 30 Prozent der Bevölkerung in Transnistrien sind russischstämmig. Der Historiker Juri Felshtinsky hatte 2022 offen vor einem Krieg Russlands gegen die Republik Moldau wegen Transnistrien gewarnt. „Noch bevor sie mit der Ukraine fertig sind, werden sie dort einen Krieg beginnen, sobald sie Transnistrien erreichen“, sagte der amerikanische Autor russischer Herkunft dem britischen Express: „Moldau ist in dem Moment in Gefahr, in dem Russland auf Transnistrien zusteuert.“ Das Land stehe schon lange auf Putins Liste.
Moldau ist in dem Moment in Gefahr, in dem Russland auf Transnistrien zusteuert.
Transnistrien: Gefahr eines militärischen Konflikts in Moldawien
Transnistrien, das mit seinen rund 375.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ungefähr zehn Prozent des Staatsgebietes der Republik Moldau umfasst, stellte in den 1990er Jahren eine eigene paramilitärische Armee auf, die laut Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Jahr 2009 bis zu 4500 Soldaten hatte. Im OSZE-Jahrbuch von 2009 hieß es zudem, dass die Separatisten damals bis zu 80.000 Reservisten mobilisieren konnten. Aktuelle Schätzungen gibt es nicht. Die moldauischen Streitkräfte haben laut Global Firepower Index (GPI) dagegen nur 8500 Berufssoldaten (Stand 23. Februar), keine Kampfpanzer und keine Kampfflugzeuge. Die Verteidigung beruht auf Infanterie, die mit LKWs und mit amerikanischen Militär-Jeeps Humvees kämpfen würde.
Katja Christina Plate, Leiterin des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rumänien und der Republik Moldau, warnte in einem Gastbeitrag bei t-online: „Die Republik Moldau wurde am Ende des Zweiten Weltkrieges zu einem Teil der UdSSR gemacht. Entsprechend befindet sie sich damit nun auch im Fadenkreuz von Wladimir Putins Geschichtsrevisionismus.“ Weswegen er in Moldawien einen Bürgerkrieg anzetteln würde? Spekulation. Am 29. Februar spricht der Moskau-Machthaber öffentlich. Es gibt Gerüchte, wonach Putin sich dann zum Transnistrien-Konflikt äußern wird.
Transnistrien | |
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Hauptstadt: | Tiraspol (geschätzt 150.000 Einwohner) |
Einwohner: | rund 375.000 insgesamt |
Fläche: | 3567 km² |
Status: | von Russland gestütztes De-facto-Regime |
völkerrechtlich: | Teil der Republik Moldau |
Amtssprachen: | Moldauisch, Russisch und Ukrainisch |
Transnistrien: Was bedeutet der Moldau-Konflikt für die Nato und die Ukraine?
Der Verdacht, dass Putin ein Konflikt unweit der Nato-Grenze gelegen käme, liegt nahe. Vor allem die Amerikaner unterstützten die moldawische Armee durch Ausbildung und Waffen-Lieferungen. Brisant: Von Tiraspol sind es an die ukrainische Schwarzmeerküste nur knapp 60 Kilometer. Ab der rumänischen Grenze sichert die Nato ukrainische Getreideexporte in den Küstengewässern.

Durch einen Konflikt in Moldawien wären die Nato-Kräfte stärker zum Schutz der rumänischen Grenze gebunden. Der Nato-Militär-Flughafen Konstanza (Constanta) liegt an der Schwarzmeerküste. Auf dem benachbarten Luftwaffenstützpunkt Borcea sind amerikanische Kampfjets F-16 und F/A-18 Super Hornet stationiert, ebenso befindet sich dort die 53. Jagdstaffel der rumänischen Luftstreitkräfte. Käme es zu bewaffneten Kämpfen in Transnistrien, müsste freilich auch die Ukraine ihre Grenze unweit der Hafenstadt Odessa stärker schützen. Was zum Kalkül Putins gehört. (pm)