„Er streut Zweifel an der Nato“ – CDU wirft Olaf Scholz russische Narrative vor
„Ich bin der Kanzler und deshalb gilt das“, sagt Olaf Scholz auch nach dem Abhörskandal in der Bundeswehr zu Taurus-Lieferungen. CDU-Politiker werfen ihm vor, Putin zu stärken.
Berlin – Verwirrspiel, falsche Argumente, verfehlte Kommunikation. Das werfen führende Verteidigungspolitiker der CDU gegenüber Merkur.de von IPPEN.MEDIA dem Bundeskanzler vor. CDU-Politiker Roderich Kiesewetter lastet Olaf Scholz (SPD) an, er greife in seinen Aussagen rund um Taurus-Lieferungen russische Narrative auf. „Das stärkt de facto Russland“, wirft Kiesewetter dem Kanzler vor.
Die Kommunikation von Olaf Scholz zu Taurus-Lieferungen im Ukraine-Krieg sei ein „unklares und nicht nachvollziehbares Herumlavieren“, kritisiert Kieswetter. Noch schlimmer: Scholz greife Narrative des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf – zum Beispiel, dass Deutschland mit der Lieferung von Marschflugkörpern indirekt zur Kriegspartei werde. Der Kanzler erwecke außerdem den Eindruck, der Ukraine sei nicht zu trauen: Er unterstelle dem Land die Absicht, mit deutschen Waffen russisches Hinterland attackieren zu wollen.
All das bewirke einen verheerenden Flurschaden, so Kiesewetter: Putin bekomme durch Scholz‘ Aussagen vermittelt, dass „russische Desinformation und nukleare Angstmacherei“ wirken, glaubt er. „Damit untergräbt Scholz die europäische Abschreckung gegenüber Russland“, so Kiesewetter zu Merkur.de. Im russischen Propaganda-TV zählte ein Kreml-naher Journalist bereits vier Brücken in Deutschland auf, die Russland als Vergeltung für Taurus-Lieferungen zerstören sollte.

CDU wirft Scholz vor, mit Taurus-Nein Russland zu stärken
Auch Johann Wadephul, Vize-Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag, wertet die Kommunikation von Scholz in der Taurus-Debatte als katastrophal. Der Kanzler treibe „einen Keil“ in den Kreis der Ukraine-Unterstützer, indem er notwendige Unterstützung versage, sagte der Verteidigungspolitiker im Gespräch mit Merkur.de. Zudem bliebe völlig im Unklaren, aus welchen Gründen Scholz Taurus-Lieferungen so vehement ablehne.
Scholz hatte sein Nein zu einer Taurus-Lieferung damit begründet, dass Deutschland in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden könnte. „Wir dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein“, hatte er gesagt. Wadephul leuchtet das nicht ein: „Scholz müsste erklären, warum eine Weitergabe von Informationen aus Deutschland eine Kriegsbeteiligung wäre. Denn das machen wir und andere jetzt auch schon.“
Streut Scholz Zweifel an der Nato? CDU sieht großen Schaden im Ukraine-Krieg
Zudem hat Scholz laut Wadephul die Partner innerhalb der Nato „schwer düpiert“. Scholz hatte erklärt, Deutschland wolle nicht Soldaten in der Ukraine stationieren – anders als dies Frankreich und Großbritannien täten. Seitdem steht der Vorwurf im Raum, dass der deutsche Kanzler Geheimdienst-Informationen ausplaudert.
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Unionspolitiker und Oberst a. D. Kiesewetter sieht einen enormen Schaden: „Der Hinweis auf Frankreich und Großbritannien streut Zweifel an der Nato und an Artikel 5 des Verteidigungsbündnisses“, erklärte er Merkur.de. „Anstatt Führung zu übernehmen und Deutschlands Scharnierfunktion in Europa auszufüllen, führt das zu Vertrauensverlust vor allem in Mittel- und Osteuropa.“

SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius sieht dies anders, wie er am Dienstag (5. Februar) bei einer Pressekonferenz erklärte: Er habe am Montag mit den Amtskollegen der Verbündeten telefoniert und „keinerlei Anzeichen dafür wahrgenommen, dass man uns in irgendeiner Weise misstraut, und ich habe auch keine Verärgerung entgegengenommen“, betonte der Minister. „Das Vertrauen in Deutschland ist ungebrochen.“
Anders klingt allerdings ein Kommentar des ehemaligen britischen Verteidigungsministers Ben Wallace: „Wir wissen, dass Deutschland von russischen Geheimdiensten ziemlich durchdrungen ist. Das zeigt, dass sie weder sicher noch zuverlässig sind“, sagte er der Times.
Scholz soll Antworten nach Taurus-Abhörskandal liefern – Union droht mit Untersuchung
Mehr Erklärungen, mehr Antworten: Das fordert CDU-Verteidigungspolitiker Wadephul aber auch nach Pistorius Pressekonferenz. „Wir haben vorvergangene Woche drei Stunden im Parlament über Taurus-Lieferungen diskutiert. Der Kanzler war keine Sekunde im Plenum“, ärgert er sich.
Auch darum müsse Olaf Scholz persönlich – wie von der Opposition beantragt – bei der nächsten Sitzung des Verteidigungsausschusses anwesend sein. „Der Kanzler muss sich jetzt erklären, aber nicht vor Journalisten, sondern im Plenum und in den Ausschüssen.“ CDU-Politiker Alexander Dobrindt kündigte sogar an, einen Untersuchungsausschuss gegen Scholz einzuberufen, sollte dieser sich weigern, am Verteidigungsausschuss teilzunehmen. Und auch FDP-Politiker Wolfgang Kubicki kündigte im Interview mit dem Münchner Merkur bereits einen Aufstand gegen Scholz in Sachen Taurus-Lieferungen an. (smu)