Kiew dementiert Berichte über Bau von Atomwaffen: Nato-Aufnahme bevorzugt

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Einem Medienbericht zufolge will die Ukraine sich nuklear bewaffnen. Das Land weist dies zurück. Auch Präsident Selenskyj fühlt sich falsch verstanden.

Kiew – Das ukrainische Außenministerium hat Berichte über Pläne des Landes zum Bau von Atomwaffen als Garantie im Ukraine-Krieg zurückgewiesen. Auch wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beim jüngsten EU-Gipfel diesbezügliche Bemerkungen gemacht hatte, will das Land sich nach eigener Aussage an den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen halten.

Heorhii Tykhyi, ein Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, erklärte am Donnerstag (17. Oktober) in einer Stellungnahme, dass man einen aktuellen Bericht der Bild zurückweise. In diesem war behauptet worden, Kiew nähere sich Plänen zum Bau einer Atombombe. Die Vorwürfe wurden in einem Bericht früher am Donnerstag veröffentlicht. Darin zitierte die Zeitung einen namentlich nicht genannten hochrangigen ukrainischen Beamten, der „auf die Beschaffung von Waffen spezialisiert“ sei.

Die Ukraine plant nicht, Atomwaffen zu produzieren – Trotz des russischen Vorgehens im Ukraine-Krieg

In seiner Erklärung betonte Tykhyi, dass die Ukraine „eine engagierte Partei“ des Budapester Memorandums von 1994 bleibt, in dem Kiew sich bereit erklärte, seinen Nuklearwaffenbestand im Austausch für Sicherheitsgarantien der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und Russlands abzubauen. Er fügte hinzu, dass die Ukraine, „die den größten Beitrag in der Geschichte zum internationalen Frieden, zur Sicherheit und zur Nichtverbreitung von Kernwaffen geleistet hat, nun mit nuklearer Erpressung durch den terroristischen Staat Russland konfrontiert“ sei. Das berichtete unter anderem die ukrainische Zeitung Kyiv Independent.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beabsichtigt wohl doch keine Atomwaffen zu bauen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beabsichtigt wohl doch keine Atomwaffen zu bauen. © IMAGO/Nicolas Economou

„Moskau greift nicht nur auf unverantwortliche und gefährliche Rhetorik zum Thema Massenvernichtungswaffen zurück, sondern schafft auch inakzeptable Bedrohungen für Nuklearanlagen auf dem Territorium der Ukraine“, so der Sprecher weiter. Man fordere daher „die internationale Gemeinschaft auf, den Druck auf Moskau zu erhöhen, um die Umsetzung seiner aggressiven Pläne zu verhindern“.

Selenskyjs Äußerungen sorgen für Missverständnis – wären Atomwaffen ein guter Schutz gegen Russland?

Der Kommunikationsberater des ukrainischen Präsidenten, Dmytro Lytvyn, wies den Bericht der Bild in einer Erklärung gegenüber Interfax Ukraine ebenfalls zurück. „Ja, dies ist nicht das erste Mal, dass die Bild-Zeitung etwas verbreitet, das nichts mit der Realität zu tun hat, sondern der russischen Propaganda in die Hände spielt“, ging Lytvyn das deutsche Boulevardmedium an.

Besondere Brisanz hatte der Vorwurf wegen Äußerungen Selenskyjs auf dem EU-Gipfeltreffen in Brüssel am Donnerstag. Das Überleben der Ukraine könne nur durch einen Nato-Beitritt oder die Wiederbewaffnung Kiews mit Atomwaffen gesichert werden, so der ukrainische Präsident dort. Er erinnerte daran, dass sein Land 1994 zugestimmt hatte, die auf seinem Boden gelagerten sowjetischen Atomwaffen im Austausch für Sicherheitsgarantien aufzugeben. „Wer hat auf Atomwaffen verzichtet? Alle? Nein. Die Ukraine. Wer kämpft heute? Die Ukraine“, so Selenskyjs Aussage. „Entweder wird die Ukraine Atomwaffen haben und das wird unser Schutz sein, oder wir sollten eine Art Bündnis haben. Abgesehen von der Nato kennen wir heute keine wirksamen Bündnisse“.

Trotz des Ukraine-Kriegs keine Atom-Ambitionen: Selenskyj will lieber Nato-Mitglied werden

Später stellte Selenskyj auf einer Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte am Donnerstag klar, dass er nicht wirklich beabsichtige, sein Land atomar zu bewaffnen. „Wir haben nie gesagt, dass wir uns auf die Herstellung von Atomwaffen vorbereiten. Ich habe erwähnt, dass die Ukraine bei der Unterzeichnung des Budapester Memorandums ihr Atomwaffenarsenal aufgegeben hat und Russland, China und die Vereinigten Staaten uns zugesichert haben, dass wir Garantien für Sicherheit, territoriale Integrität und Souveränität erhalten würden. Das habe ich gesagt. Das bedeutet, dass wir unsere Atomwaffen abgegeben haben. Und diejenigen, die zu dieser Zeit unsere Partner waren, sollten uns Sicherheitsgarantien geben“, so der ukrainische Präsident dort.

Er fügte hinzu, dass die Ukraine trotz der von den Unterzeichnerstaaten des Budapester Memorandums eingegangenen Verpflichtungen keinen wirklichen Schutz erhalten habe, als Russland begann, ukrainische Gebiete zu besetzen. „Das bedeutet, dass das Budapester Memorandum kein guter Schutz für uns ist, es ist kein wirklicher Schutz. Deshalb haben wir keine andere Wahl als die Nato. Das ist unser Signal. Aber wir entwickeln keine Atomwaffen. Bitte verdrehen Sie nicht die Bedeutung der Botschaften“, stellte Selenskyj seine Äußerung klar. (tpn)

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