Hausham: Nein zu Asyleinrichtung – Kritik aus Miesbach und Tegernsee

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Krachend gescheitert: Der Haushamer Gemeinderat hat den Antrag, im ehemaligen Impfzentrum eine Erstaufnahme- und Verteileinrichtung zu installieren, abgelehnt. © Helmut Hacker

Hausham – Das ehemalige Impfzentrum in Hausham soll keine Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete werden. Dafür hat sich der Gemeinderat ausgesprochen. Kritik kommt aus Miesbach und Tegernsee.

Alle eindringlichen Bitten von Landrat Olaf von Löwis halfen nichts. Mit sehr deutlicher Mehrheit hat der Haushamer Gemeinderat den Antrag des Landratsamtes abgelehnt, in den Räumen des ehemaligen Impfzentrums eine temporäre Erstaufnahme- und Verteileinrichtung mit 86 Betten einzurichten. Viele der Einlassungen aus dem Gemeinderat wurden von den Zuhörern im vollen Ratssaal mit Applaus quittiert.

Zu der öffentlichen Sitzung am vergangenen Montag waren auch Landrat von Löwis und Beate Faus, Leiterin der neu gegründeten Taskforce Unterkunftsakquise am Landratsamt, gekommen. Wie Faus eingangs erklärte, soll in der Einrichtung keine Unterbringung, sondern nur die Registrierung und im besten Fall die Verteilung der ankommenden Flüchtlinge nach 48 Stunden erfolgen. Eine Zusage, dass es nicht doch zu Unterbringungen kommt und dafür nicht die gemeindeeigene Turnhalle ins Visier genommen wird, vermochte sie nicht zu geben: „Dazu bräuchte ich eine Glaskugel.“

Zangenfeind: „Klares Signal an die große Politik, die uns im Stich gelassen hat“

Schon das Auftaktstatement von Bürgermeister Jens Zangenfeind machte deutlich, dass dem Vorhaben ein eiskalter Wind entgegen weht: „Wenn es zur Ablehnung kommt, ist das keinerlei Kritik am Landrats­amt, sondern ein klares Signal an die große Politik, die uns im Stich gelassen hat und seit acht Jahren hofft, dass sich das Problem Asyl von selbst regelt.“

Entgegen der Gemeindeordnung erteilte das Gremium Markus Germeroth als einem Sprecher der von Anwohner gegründeten Interessengemeinschaft (IG) gegen das Projekt das Wort. Er fasste die bereits schriftlich geäußerten Sorgen zusammen und verwies ausdrücklich darauf, dass die IG nicht aus fremdenfeindlichen Gründen handelt. Aber es gäbe nun mal zahlreiche Ängste und Bedenken, weshalb die IG den Gemeinderat aufforderte, gegen die Einrichtung zu stimmen.

„In keiner Landkreisgemeinde dürften die Themen Migration und Unterstützung sozial schwacher Menschen höher aufgehängt sein als bei uns, aber es muss maßvoll und verträglich sein“, sagte Georg Eham (parteilos) und hatte Zweifel an dem von Faus dargestellten Verteilprozedere und dass damit die derzeit mit rund 600 Asylbewerbern belegten landkreiseigenen drei Turnhallen in Miesbach und Tegernsee frei gemacht werden könnten: „Mir fehlt schlicht der Glaube daran.“

Wie auch Eham erinnerte Markus Czernik (CSU) daran, dass die Gemeinde auf dem Areal Gewerbe entwickeln möchte und deswegen eine Veränderungssperre verhängt hatte. Diese müsste für die Erstaufnahmeeinrichtung aufgehoben werden. Nachdem sich der Objekteigentümer, wie Czernik es ausdrückte, mit dem Impfzentrum „die Nase versilbern“ ließ, würde jetzt die Vergoldung folgen: „Danach wird es abgerissen und vermutlich folgt statt einer Gewerbenutzung eine Wohnbebauung.“ Auch die lange Mietzeit, die, wie Faus sagte, auf Verlangen der Regierung mindestens sechs Jahre sein muss, missfiel Czernik: „Von temporär kann da ja wohl nicht die Rede sein.“

Spürbaren Druck nach oben forderte Erich Kogler (FWG): „Die Unzufriedenheit über die Regierung und deren totales Desinteresse, was die Bürger bewegt, kommt einer demokratischen Bankrotterklärung gleich.“ Weiter warnte Kogler vor düsteren Zeiten: „Ändert sich da nicht ganz schnell was, wird halt in ein paar Jahren anders gewählt. Gnade uns Gott, was danach passiert.“

Katharina Stiller (Grüne) meinte hingegen, dass Migration keine rein deutsche, sondern eine europäische Problematik ist. Sie stimmte als Einzige für das Projekt: „Wir müssen transparente und menschliche Lösungen finden.“ Thomas Danzer (SPD) verlangte Lösungen für Hausham: „Wir müssen zusammenhelfen, aber so, wie die Planung aktuell vorliegt, kann ich nicht zustimmen.“ Er könne sich zumindest vorstellen, dass, wenn alle Beteiligten noch einmal miteinander reden, die Sanitärcontainer an das Gebäude rücken und Einhausungen gebaut werden, das Projekt zustimmungsfähig wäre.

Wie Faus erklärte, ist der Grund für die relativ weitab von dem Gebäude geplanten Sanitärcontainer an der Alten Haushamer Straße der nötige Zugang zum Hauptkanal. Die Staatsregierung sieht jedoch keine Notwendigkeit, Geld für Kanalarbeiten auszugeben, um die Container näher ans Gebäude zu rücken. Weil sie anderorts nicht notwendig sind, gilt Ähnliches für die Einhausungen. Mit einer „guten Begründung“, hoffte Faus, wäre das aber „eventuell noch nachverhandelbar“.

Diese Ignoranz brachte den Rathauschef fast auf die Palme: „Seit Wochen versuchen wir, mit der Regierung Lösungen zu finden und werden dafür fast schon belächelt. Es interessiert einfach keinen, und wir kommen keinen Millimeter weiter.“ Zig E-Mails habe er inzwischen an die Staatsregierung geschrieben und keinerlei vernünftige Antwort bekommen, wie es denn in Sachen Asyl und Unterbringung im Falle eines positiven Bescheides zur Erstaufnahmeeinrichtung in Hausham weitergehen würde: „Die Regierung hat Erwartungen an uns, unsere Bürger und ich haben aber auch Erwartungen an die Regierung. Da diese in keiner Weise erfüllt werden, kann ich diesem Antrag nicht zustimmen.“

Wie eine Sprecherin des Landratsamtes auf Anfrage mitteilte, werden jetzt die rechtlichen Möglichkeiten geprüft, wie man mit der Entscheidung des Haushamer Gemeinderates umgehen kann. Der nächste Bus mit 40 bis 50 Flüchtlingen ist, wie von Löwis sagte, für den 8. Januar 2024 angekündigt. Helmut Hacker

Haushamer Beschluss sorgt für Ärger in Miesbach und Tegernsee

Der Landkreis benötigt dringend Unterkünfte für Geflüchtete. Die Suche ist schwierig – und nun gibt es deutliche Misstöne zwischen den Kommunen. Zumindest zwischen Miesbach und Tegernsee auf der einen und Hausham auf der anderen Seite ist von friedlicher Weihnachtsstimmung nicht viel übrig.

Für Ärger bei den Städten sorgt das Votum des Haushamer Gemeinderatsgegen eine Erstaufnahmeeinrichtung. Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn und sein Miesbacher Kollege Gerhard Braunmiller reagierten mit einer gemeinsamen Pressemitteilung. Die beiden Städte seien mit drei für den Schul- und Vereinssport gesperrten Landkreis-Turnhallen am meisten betroffen, schreiben Hagn und Braunmiller und appellieren „an die Solidarität des Haushamer Bürgermeisters und seines Gemeinderats“. Die Ablehnung als Zeichen an die Bundesregierung sei der falsche Weg. Dieses Signal sei „bereits tausendfach“ gesendet worden – „ohne Wirkung“. Es müsse nun eine kurzfristige Lösung her.

Der Haushamer Beschluss, so werten ihn Braunmiller und Hagn, „richtet sich gegen die Entlastung der Städte Miesbach und Tegernsee und gegen den solidarischen Zusammenhalt der Kommunen im Landkreis sowie vor allem gegen die monatelangen Bemühungen des Landrates und seiner Mitarbeiter um den lange bekannten Haushamer Standort“. Auch ihren Bürgermeisterkollegen Jens Zangenfeind nehmen sie in die Pflicht. Als Vize-Landrat trage er eine „landkreisweite Verantwortung, die an der Ortsgrenze von Hausham nicht endet“.

Weiter drücken Braunmiller und Hagn ihre Hoffnung aus, dass die Kommunen im Landkreis zusammenstehen und gemeinsam mit der Kreisbehörde temporäre Standorte finden. „Eine Ablehnung mit der Schuldzuweisung auf die Bundesregierung bringt uns keinen Schritt weiter und hilft den dringend hilfsbedürftigen Mitmenschen erst recht nicht“, schreiben Braunmiller und Hagn. Fridolin Thanner

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