„Kanzler kann nicht führen“: CDU-Politiker Linnemann kritisiert Scholz – und prophezeit Bürgergeld-Ende
Zwischen Ampel-Aus und Vertrauensfrage muss sich auch die Union neu sortieren. Welchen Kurs sie vor möglichen Neuwahlen einschlägt, deutete ihr Generalsekretär nun an.
Berlin – Nicht ganz zwei Wochen ist es her, dass die Ampel-Koalition mit der Entlassung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) an scheinbar unüberbrückbaren Differenzen zerbrach. Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dem Druck der Unionsparteien stattgab, die Vertrauensfrage im Bundestag noch vor Weihnachten zu stellen, steht ihr Termin mit dem 16. Dezember inzwischen fest.
Da auch der 23. Februar als Termin potenziell vorgezogener Bundestagswahlen nun bekannt ist, falls Scholz das Misstrauensvotum verlieren sollte, steht für die Parteien die Vorbereitung des möglicherweise baldigen Wahlkampfs an. Einen Einblick, wie die Union auf die neue Situation blickt und welche Themen aus Sicht von CDU und CSU im möglicherweise anstehenden Wahlkampf wichtig werden könnten, eröffnete jetzt CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann.
Linnemann: „Nach der Wahl reden wir über alles, weil wir dann eine neue Legitimation haben“
Obwohl die Karten mit dem historischen Ampel-Aus in der deutschen politischen Landschaft neu gemischt werden, sieht CDU-Generalsekretär Linnemann die bevorstehenden Adventswochen nicht als Zeit des Wahlkampfs. Da sich die Unionspolitiker in der Weihnachtszeit ihren Familien zuwenden, geht Linnemann davon aus, „dass es ab dem 1. Januar zur Sache geht“, wie er der Bild-Zeitung sagte.

Parteipolitische Anliegen mit der verbleibenden Ampel-Koalition in den letzten Wochen des Jahres zu besprechen oder gar Beschlüsse zu treffen, schloss Linnemann aus. „Die Ampel ist gescheitert. Wir haben eine gescheiterte Regierung, wir haben einen gescheiterten Kanzler. Das ganze Land will Neuwahlen. Und nach der Wahl reden wir über alles, weil wir dann eine neue Legitimation haben“, betonte der CDU-Generalsekretär.
Dass das Fraktionsvorsitzenden-Duo aus Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) und Rolf Mützenich (SPD) unlängst den Termin für die Vertrauensfrage bestimmten musste, zeigt Linnemann zufolge einen weiteren Mangel des Bundeskanzlers an: „Daran sieht man, dass dieser Kanzler einfach nicht führen kann“, führte der CDU-Politiker gegenüber der Bild-Zeitung aus.
SPD und Grüne sind im Bundestag bei Beschlüssen bis Jahresende auf die Union angewiesen
Die 122 verbleibenden Gesetzesvorhaben der Ampel-Koalition, die nach ihrem Aus in der Schwebe hängen, werden diesem Status unter derlei Vorzeichen aller Voraussicht nach auch bis auf Weiteres anhaften. Denn die verbleibende Bundesregierung aus SPD und Grünen bräuchte die Zustimmung der FDP oder der Union, um bei noch offenen Themen wie der Rentenreform, der kalten Progression oder der Kindergelderhöhung bis zum bevorstehenden Jahresende Beschlüsse treffen zu können.
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Dass die Sozialdemokraten darauf aber nicht zählen können, machten nicht nur die Liberalen unlängst unmissverständlich klar, sondern auch die Unionsparteien. So betonte Unionsfraktionschef und Kanzlerkandidat Merz am Mittwoch der Vorwoche (13. November) im Bundestag an die SPD gewandt: „Wir sind nicht der Auswechselspieler für Ihre zerbrochene Regierung“, wie er vom Bayerischen Rundfunk (BR) zitiert wurde. Anspruchsvoll ist die aktuelle Situation für die Union vor allem aus dem Grund, dass sie in ihrem Kurs vor den möglicherweise anstehenden vorgezogenen Bundestagswahlen früh im kommenden Jahr schon jetzt zwischen oppositioneller Rolle und Verantwortung abwägen muss.
Denn aktuell im Bundestag die Handbremse zu ziehen, birgt auch für die Union das Risiko, sich nun vorerst gegen zuvor ausgesprochene Ziele zu positionieren oder diese zumindest auf das neue Jahr zu verschieben, wie etwa den Steuerentlastungen entgegen der Kalten Progression. Kanzler Scholz hat sich auch nach dem Ampel-Aus dazu bekannt, die Entlastung umsetzen zu wollen. Die Liberalen wollen das auch, dürften dem BR zufolge aber wohl nicht allen Maßnahmen aus dem Steuerentwicklungsgesetz zustimmen. Die Union dagegen betonte vergangene Woche, vorerst keine fiskalischen Maßnahmen von Rot-Grün mittragen zu wollen.
CDU-Generalsekretär Linnemann deutet grundlegende Bürgergeld-Reform für 2025 an
Ein Kurs, den nun auch CDU-Generalsekretär Linnemann gegenüber der Bild-Zeitung erneut unterstrich: „Die Kalte Progression wird beseitigt, wenn wir eine neue Regierung haben. Sollen wir regieren, können wir das in der ersten oder zweiten Kabinettssitzung rückwirkend machen“, betonte der CDU-Politiker.
Gar eine grundlegende „Reform“ stellte Linnemann bezüglich des viel diskutierten Bürgergeldes in Aussicht. Im Gespräch mit der Bild-Zeitung kündigte er an, schon im nächsten Jahr tiefgreifende Veränderungen des Konzepts erwirken zu wollen. So werde es das Bürgergeld in der aktuell bekannten Form im kommenden Jahr „nicht mehr geben“, betonte Linnemann, zudem werde es nach den Vorstellungen der Union anders heißen. Für zentral hält er es, mehr Gerechtigkeit bei Sozialleistungen zu schaffen. Und die beginnt Linnemann zufolge in dem Aspekt, „dass nicht diejenigen, die jeden Tag arbeiten gehen, Menschen finanzieren, die arbeiten gehen könnten, aber den Sozialstaat nutzen. Das werden wir ändern“, fügte Linnemann seinen Ausführungen hinzu.
Daneben äußerte sich der CDU-Generalsekretär aber auch zur Schuldenbremse und zum Thema Rente. Bezüglich ersterem unterstrich er den Unionskurs, die Schuldenbremse unbedingt einhalten zu wollen, da sie in der „DNA“ der Unionsparteien „fest verankert“ sei. Betreffend der Renten stellte Linnemann in Aussicht, dass sie auch 2025 wie in den Jahren zuvor weiter steigen dürfte. Daneben verfolge die Union aber auch das Ziel, eine sogenannte Aktivrente einzuführen, nach der arbeitswillige Rentner auch nach Erreichen des Renteneintrittsalters unter Steuernachlässen weiter berufstätig sein können, wenn sie wollen. (fh)