Landräte und Klinik-Geschäftsführer sollen festlegen, welches Krankenhaus künftig welche Leistungen anbietet. Dabei wäre genau das die Aufgabe des Freistaats.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Zu den ureigensten Aufgaben des bayerischen Gesundheitsministeriums gehört die Krankenhausplanung. Und doch verweigert das Ministerium von Judith Gerlach (CSU) seit Jahren konkrete Vorschläge, wie die Krankenhausreform umgesetzt werden soll. Klar ist, dass längst nicht alle heutigen Krankenhäuser in ihrer derzeitigen Form erhalten bleiben werden. Manche werden ganz geschlossen, andere zu „Sektorenübergreifenden Versorgern“. Und für alle Krankenhäuser, vor allem auch die, die als „Schwerpunktversorger“ eingestuft werden wollen, dreht sich alles um die Zuteilung von Leistungsgruppen.
Nicht alle Krankenhäuser können dasselbe anbieten
Vereinfacht gesagt geht es dabei darum, welche Behandlungen ein Krankenhaus anbieten darf. Um sich für eine solche „Leistungsgruppe“ bewerben zu dürfen, müssen die Krankenhäuser hohe Anforderungen an Personal und technische Ausstattung erfüllen. Kliniken, die ein solcher Schwerpunktversorger werden wollen, bereiten sich mitunter seit Jahren darauf vor, Leistungsgruppen beantragen zu dürfen.
Damit allein ist aber noch nichts gelöst. Denn es ergibt wenig Sinn, wenn benachbarte Krankenhäuser allesamt Hüften operieren oder lukrative Krebsbehandlungen übernehmen, aber keines mehr den Blinddarm machen will, weil damit kein Geld zu verdienen ist. „In den benachbarten Bundesländern hat daher die Landesregierung ein zentrales Gutachten erarbeitet, aus dem hervorgeht, an welchem Standort ihrer Meinung nach welche Leistung angeboten werden soll“, berichtete der stellvertretende Geschäftsführer der Weilheimer Krankenhaus GmbH, Claus Rauschmeier, jüngst im Kreistag im Nachbarlandkreis. Das sei eine ordentliche Diskussionsgrundlage gewesen.
Landkreise und Kliniken sollen sich selbst abstimmen
Im Freistaat wird das allerdings anders gehandhabt. Hier sollen sich die Landkreise und Krankenhäuser selbst abstimmen, wer in Zukunft was macht. Dabei wurden verschiedene Planungsregionen definiert. Allerdings haben die hier zusammengefassten Landkreise teilweise wenig bis nichts miteinander zu tun. Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen landete beispielsweise in einer Gruppe mit Weilheim-Schongau, Starnberg und Fürstenfeldbruck. Garmisch-Partenkirchen oder auch Miesbach, die für die Krankenversorgung in Bad Tölz-Wolfratshausen deutlich wichtiger sind als beispielsweise Fürstenfeldbruck, gehören der Gruppe nicht an. Ursprünglich war auch noch Dachau der Regionalgruppe zugeordnet, der Landkreis führte aber an, dass es einfach kaum Verbindungen mit den südlichen Landkreisen gebe.
Bis September ist das Gutachten auf keinen Fall fertig
In der Regionalkonferenz – verantwortlich ist der Starnberger Landrat Stefan Frey – soll nun ein weiteres Strukturgutachten erarbeitet werden. Neben den Landräten sitzen die Geschäftsführer der einzelnen Unternehmen – auch der privaten Kliniken – mit am Tisch. Das Gutachten soll am Ende Optionen aufzeigen, wie Leistungen verteilt werden können. Zumindest ist das der Plan des Gesundheitsministeriums.
Denn in der Praxis wird jeder Landrat und Geschäftsführer tunlichst vermeiden, irgendetwas festzulegen, was Kürzungen für das eigene Haus bedeuten könnte – schon gar nicht vor der Kommunalwahl im März 2026. „Die Leistungsgruppen müssen bis September beantragt werden. Aber bis dahin ist das Gutachten auf keinen Fall fertig“, sagt Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). Ob das Papier überhaupt irgendeine Form von Erkenntnis bringt, sei mal dahingestellt. „Fast jedes Krankenhaus hat für sich ein Gutachten und richtet seine Strategie danach aus.“
„Versagen“ der Gesundheitsministerin
Für Niedermaier sind diese Regionalkonferenzen in keiner Weise zielführend oder sinnvoll. „Wir brauchen eine Krankenhausplanung für Bayern. Ein Landkreis oder auch mehrere sind viel zu klein, um so etwas festzulegen.“ Hier sei der Freistaat gefordert, der dieser Verpflichtung aber einfach seit Jahren im Kern nur bedingt nachkomme. Niedermaiers Weilheimer Kollegin Andrea Jochner-Weiß sieht das ähnlich. „Da werden uns Aufgaben vom Land zugeschoben, die nicht die unsrigen sind“, sagt sie. Die Weilheimer Kreisrätin Susann Enders, die auch gesundheitspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion der Freien Wähler ist, wurde noch deutlicher: „Wir brauchen eine aktive Krankenhausplanung vom Gesundheitsministerium, keine willkürlich zusammengewürfelten Regionalkonferenzen, bei denen Hahnenkämpfe unter den Geschäftsführern vorprogrammiert sind.“
Sie habe bei der Ministerin nachgefragt, was das soll. „Die Antwort von Frau Gerlach war, sie könne nicht entscheiden, was vor Ort passieren soll“, berichtete Enders. Das sei sehr durchsichtig: „Wenn dann irgendein Haus krachen geht, kann die Ministerin die Schuld auf die jeweilige Regionalkonferenz abschieben.“ Das sei kein Versagen der Staatsregierung, sondern eines der Gesundheitsministerin.