Neue Bundesregierung erst in Monaten? Deutschland droht das Österreich-Fiasko
CDU-Mann Friedrich Merz kündigt wochenlange Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2025 an. Auch die Umfragen sprechen dafür. Es erinnert an Österreich.
Berlin – Es ist ein ordentliches Durcheinander in Wien. Eines, das nach der Bundestagswahl 2025 (23. Februar) rund 520 Kilometer weiter nördlich auch in Berlin drohen könnte?
Nach Bundestagswahl 2025: Koalitionschaos in Deutschland wie in Österreich?
Eine Umfrage von Insa zur Bundestagswahl deutet darauf hin, dass es mit der Regierungsbildung im deutschen Parlament nach dem Urnengang richtig schwierig werden könnte. So wie es seit Monaten im Koalitionschaos von Österreich der Fall ist, wodurch das deutsche Nachbarland politisch regelrecht gelähmt wirkt.
Laut der am 10. Februar von Insa im Auftrag von Bild am Sonntag veröffentlichten Umfrage käme eine große Koalition aus CDU/CSU und der SPD nicht auf die erforderliche Mehrheit von 316 Sitzen im Deutschen Bundestag (künftig insgesamt 630 Mandate). Die Union und die Sozialdemokraten kämen demnach gemeinsam auf 311 Sitze – die vielen erwartbaren Direktmandate der CDU deutschlandweit und der CSU in Bayern schon eingerechnet.
Große Koalition aus CDU/CSU und SPD? Markus Söder schließt Regierung mit Grünen aus
Damit nicht genug: Eine mögliche schwarz-grüne Koalition würde mit 294 Sitzen die sogenannte absolute Mehrheit mit mehr als 50 Prozent der Mandate deutlich verfehlen. Wobei eine schwarz-grüne Regierung nach dem regelrechten Grünen-Bashing durch CSU-Chef Markus Söder („Die Grünen sind keine Autofreunde, das waren schon immer Autohasser“) und der parteiinternen Kritik bei den Grünen an Migrationsplänen von Vizekanzler Robert Habeck, mit denen er sich asylpolitisch wohl der Union annähern wollte, kaum denkbar scheint.
Eine Koalition aus CDU/CSU und der rechtspopulistischen AfD würde dagegen theoretisch auf 363 Sitze und damit auf die benötigte Mehrheit kommen. Eine solche Konstellation lehnen viele in der Union mit Verweis auf rechtsextreme Tendenzen der AfD aber ab. Auch Kanzlerkandidat Merz. „Uns trennen in den Sachfragen Welten. Was Europa betrifft, die Nato betrifft, den Euro betrifft, Russland betrifft, Amerika betrifft – es gibt keine Gemeinsamkeiten zwischen der AfD und der Union. Es wird diese Zusammenarbeit nicht geben“, erklärte Merz im TV-Duell mit SPD-Kanzlerkandidat Scholz.
Wenn Herr Merz so bleibt, wie er ist, und von 90 Prozent seiner Forderungen nicht abrückt, wird es gar nichts mit der Regierungsbildung.
Meine News
Taurus-Frage im Ukraine-Krieg und Mindestlohn: CDU/CSU und SPD liegen weit auseinander
In diesem TV-Duell hatte etwa die Uneinigkeit über eine mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern aus Deutschland an die Ukraine gezeigt, wie schwierig es wäre (oder wird), die Positionen der Union und der SPD zusammenzubringen. Scholz lehnt eine solche Lieferung trotz eindringlicher Bitten aus Kiew kategorisch ab, Merz schließt sie nicht aus. Das Wahlprogramm von CDU/CSU als Grundlage genommen, gibt es inhaltlich zum Beispiel ebenso deutliche Differenzen, was den Mindestlohn betrifft.
Die Sozialdemokraten wollen diesen von 12,82 auf 15 Euro die Stunde erhöhen. Die Union lehnt dies unter dem Hinweis auf immens steigende Personalkosten für Gastronomiebetriebe dagegen vehement ab. Merz ließ die SPD im TV-Duell indes wissen: „Für linke Politik gibt es in diesem Lande schon lange keine Mehrheit mehr. Das heißt, all diejenigen, die mit uns regieren wollen, werden sich hin zur politischen Mitte bewegen müssen.“
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Nach Bundestagswahl 2025: Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und der SPD?
Der 69-jährige Sauerländer schließt eine Koalition mit den Grünen nach der Bundestagswahl 2025 nicht per se aus – im Gegensatz zu Söder. Das verdeutlicht: Nicht mal innerhalb der Union sind sie sich einig, mit welcher Partei es in Verhandlungen über eine Regierung gehen soll. „Wenn Herr Merz so bleibt, wie er ist, und von 90 Prozent seiner Forderungen nicht abrückt, wird es gar nichts mit der Regierungsbildung“, hatte indes Scholz gesagt.
Einzig: Wenn der 66-jährige Norddeutsche die vorgezogene Neuwahl verliert, und danach sieht es aus, wird es an möglichen Koalitionsverhandlungen wohl nicht mehr beteiligt sein. Diese dürfte eher Generalsekretär Lars Klingbeil führen. Und ein möglicher Vizekanzler Boris Pistorius, der sich aktuell auffällig im Hintergrund hält? Spekulation. Bei der hitzigen Bundestagsdebatte am Dienstag (11. Februar) hatten aufgebrachte SPD-Abgeordnete Merz bei dessen Rede wiederholt unterbrochen.
Österreich: Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP vor dem Abbruch
„Wir werden möglicherweise miteinander reden müssen“, sagte er daraufhin und meinte harsch ins Plenum, er verstehe die Aufregung, „die Hälfte von ihnen wird (nach der Bundestagswahl, d. Red.) nicht mehr hier sein“. Auch diesen Spruch könnte sich mancher Sozialdemokrat gemerkt haben. So oder so – im TV-Duell hatte Merz wochenlange Koalitionsverhandlungen angedeutet, die „bis Ostern“ gehen könnten. Das „heute journal“ des ZDF bemerkte in dieser Gemengelage, dass wichtige Themen während des Wahlkampfes in Berlin auf Halde liegen.
Diese könnten im schlechtesten Fall erst in Monaten angegangen werden. Das veranschaulicht das Beispiel Österreich. Ende September 2024 hatte die rechtspopulistische FPÖ die Parlamentswahl mit 28,85 Prozent der Stimmen knapp gewonnen. Zuerst versuchten die konservative ÖVP, die Sozialdemokraten der SPÖ und die NEOS (entsprechen der deutschen FDP) eine Bundesregierung ohne die FPÖ zu bilden, scheiterten aber in Koalitionsverhandlungen. Diese stehen aktuell zwischen der FPÖ und der ÖVP erneut vor dem Abbruch. Und die Alpenrepublik hat auch 135 Tage nach der Wahl (Stand: 11. Februar) noch keine neue Bundesregierung. (pm)