Sorge in Frankreich: Nach den Stichwahlen droht das Land unregierbar zu werden

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Aktuelle Wahlumfragen schätzen das Ergebnis für Marine Le Pen deutlich schwächer ein als zunächst angenommen. Das liegt auch an einer ungewöhnlichen Allianz.

Paris – Mit dem Beginn der zweiten Wahlrunde in den französischen Überseegebieten steuert Frankreichs Politik-Landschaft auf neue Klarheit über die neuen politischen Verhältnisse des Landes zu. Doch auch wenn laut letzten Umfragen zur Frankreich-Wahl der vorausgesehene Erdrutschsieg von Marine Le Pens Rassemblement National inzwischen ein bisschen weniger wahrscheinlich ist, steuert Frankreich auf schwierige Zeiten zu. Manche warnen sogar davor, dass das Land unregierbar werden könnte.

Der Hintergrund: In den meisten der insgesamt 577 Wahlkreise lag die extrem rechte Partei bei der Frankreich-Wahl zwar deutlich vor dem Bündnis von Regierungschef Macron sowie dem Linksbündnis Nouveau Front Populaire. Für die Stichwahl qualifizierten sich jedoch Kandidatinnen und Kandidaten aller drei Lager. In vielen Fällen hat sich die Person mit den schlechteren Wahlaussichten gegen die Rechtspopulisten aus der Stichwahl zurückgezogen. So haben jetzt die Wählerinnen und Wähler nun vielerorts die Wahl zwischen „rechts“ und „nicht rechts“ – auch wenn sie vielleicht im ersten Wahlgang eine andere Partei unterstützt haben.

Vor der Stichwahl in Frankreich haben etliche Kandidatinnen und Kandidaten ihre Bewerbung auf den Parlamentssitz zurückgezogen, um die Siegchancen der Rechten zu verringern.
Vor der Stichwahl in Frankreich haben etliche Kandidatinnen und Kandidaten ihre Bewerbung auf den Parlamentssitz zurückgezogen, um die Siegchancen der Rechten zu verringern. (Symbolfoto) © Emmanuel Dunand/AFP

Wahl in Frankreich: Rechtspopulisten um Le Pen kritisieren Rückzug von Kandidaten

Während Vertreter des Rassemblement National, wie der Parteivorsitzende Jordan Bardella, den anderen Parteien deshalb ein falsches Spiel vorwerfen, stellt die Entwicklung die politische Landschaft Frankreichs aber auch vor heftigste Probleme. So gibt es auch zwischen den Parteien, die nun gezwungenermaßen zusammenarbeiten, um eine Rechtsregierung zu verhindern, politische Differenzen, die eine Koalition bei der Regierungsarbeit praktisch unmöglich machen würden. Je nach Wahlergebnis steht Frankreichs Politik damit eine weitere Schwächung bevor.

Das weiß auch Grünen-Generalsekretärin Marine Tondelier, die in einem vom ZDF zitierten Fernsehinterview von einer „bisher nie gekannten Situation“ sprach und betonte, dass ein Risiko bestünde, dass das Land „unregierbar“ werde. Dennoch rief sie die Parteien dazu auf, eine gemeinsame Basis zu finden, um die Machtübernahme von rechts zu verhindern: „Alle müssen bereit sein, zu tun, was sie noch nie getan haben in diesem Land.“

Zweiter Wahlgang in Frankreich: Rassemblement National deutlich schwächer als angenommen

Am Tag, an dem die Stimmabgabe in den französischen Überseegebieten bereits begonnen hat, zeigt eine aktuelle Umfrage des Instituts Ipsos, wie sehr die Grünen-Politikerin mit ihrer Einschätzung richtig liegen könnte. So käme die Rassemblement National statt der bislang prognostizierten 250 oder mehr Sitze nur noch auf 175 bis 205 Abgeordnete und damit nicht mal mehr in die Nähe einer absoluten Mehrheit von 289 Sitzen. Auf Platz zwei läge der Umfrage zufolge das Linksbündnis mit 145 bis 175 Sitzen, dahinter das Präsidentenlager mit 118 bis 148. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur.

Eine Regierungsbildung im stark gespaltenen Frankreich würde das prognostizierte Ergebnis deutlich erschweren, vor allem weil die Linkspartei und das Präsidentenbündnis noch vor der Wahl eine Zusammenarbeit klar und deutlich ausgeschlossen hatten. Beim Aufweichen dieses Vorhabens sind die Kandidatenabsprachen gegen den Rassemblement National ein erster Schritt. In einer Analyse stufte das Meinungsforschungsinstitut die Aussicht auf ein Regierungsbündnis dennoch als gering ein. (saka mit dpa)

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