Russische Experten glauben, dass Putin jetzt auf Zeit spielt – wegen des Wetters
Die russischen Medien zweifeln nach dem Ukraine-Gipfel im Weißen Haus an ernsthaften Fortschritten für den Frieden. Der Propagandasender "Russia Today" begründet das unter anderem damit, dass Wolodymyr Selenskyj derzeit keine klare Linie habe. Der ukrainische Präsident habe beispielsweise nicht beantworten können, ob er zu Gebietsabtretungen bereit sei.
Auch bei "Newizv", das mehrere russische Politikwissenschaftler zitiert, ist der Tenor skeptisch. Allerdings nicht, weil Selenskyj angeblich bremst. Vielmehr glauben sie, dass der russische Präsident Wladimir Putin ein eigenes Interesse daran hat, den Friedensprozess zu verzögern und ein direktes Gespräch mit Selenskyj vorerst abzulehnen.
Der Politologe Andrej Nikulin weist darauf hin, dass jede der Phasen bei einem Friedensprozess "durch diplomatische und bürokratische Abstimmungen unbegrenzt in die Länge gezogen werden kann". Das sei selbst dann möglich, wenn US-Präsident Donald Trump den Druck auf Russland erhöhe. "Der Teufel steckt im Detail, und davon gibt es genug, um die Treffen und Verhandlungen mindestens bis Mitte Herbst hinauszuzögern", glaubt Nikulin.
Putin will an der Front seine Verhandlungsposition verbessern
Warum es anders als zum Beispiel von Bundeskanzler Friedrich Merz gefordert nicht innerhalb von zwei Wochen zu einem Treffen zwischen Putin und Selenskyj kommen wird, begründet er mit einem in der Diplomatie ungewöhnlichen, aber militärisch relevanten Detail: dem Wetter. Ein Treffen könnte so lange hinausgezögert werden, bis "der Schlamm die Möglichkeit aktiver Offensivaktionen an der Front lahmlegt", erklärt Nikulin.
Genauer führt er seine Überlegungen nicht aus, doch es ist klar, worauf er hinauswill: Putin hat derzeit unter anderem deshalb kein Interesse an einem Waffenstillstand ohne zusätzliche Gebietsabtretungen der Ukraine, weil seine Armee sehr langsam, aber doch immer wieder Land erobert. Erst wenn sich die Verhandlungsposition Russlands durch Gebietsgewinne verbessert hat und keine weiteren Eroberungen möglich sind, lohnen sich Gespräche.
Friedensgespräche ohne Ergebnisse "bis in alle Ewigkeit"
Auch der russische Politikwissenschaftler Maxim Zarow erklärt bei "Newizv", dass der aktuelle Zustand noch länger anhalten könnte. Trumps Sondergesandter Steve Witkoff werde wieder nach Moskau reisen, Trump etwas mitbringen, der wiederum werde dann Friedensinitiativen mit seinen europäischen Kollegen diskutieren. "Letztendlich könnte alles wieder zu einem neuen Gipfeltreffen in Alaska führen und so weiter – bis in alle Ewigkeit."
Auch die russische Regierung dämpft die Hoffnung des Westens, dass es bald Verhandlungen zwischen Putin und Selenskyj geben könnte. Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow sprach lediglich davon, dass die bisherigen direkten Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew auf höherer Ebene geführt werden sollen als bisher.