Strom-Blackout zu Ostern? Energie-Chef hält dagegen: „Erneuerbare sollten nicht in der Kritik stehen“

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Immer wieder warnen Energieunternehmen vor Blackouts durch zu viel ungeregelten Strom am Markt. Ein Konkurrent hält nun dagegen – und warnt vor zu viel Kritik.

München – In Deutschland boomt der Ausbau von Solaranlagen. Der Solarverband BSW berichtet, dass 2024 insgesamt 17 Gigawatt Photovoltaik installiert wurden, das waren zehn Prozent mehr als im Vorjahr – und das war mit 15,4 Prozent installierter Leistung schon ein Rekordjahr. Besonders angetrieben wurde der PV-Zubau durch den Boom an Balkonkraftwerken. Dem Verband zufolge beträgt die PV-Leistung damit nun schon 100 Gigawatt im Land erreicht.

Solar-Boom in Deutschland: Energieunternehmen warnen vor Blackouts

Doch der Boom der PV-Anlagen hat auch eine Schattenseite. Denn viele dieser Anlagen waren - bisher zumindest - nicht steuerbar. Dadurch kommt es an besonders sonnenreichen Tagen zeitweise zu einem Überschuss an erzeugtem Strom, der das Netz flutet. Die Folge: Die Stromnetze werden überlastet, die Betreiber wissen nicht, wohin mit dem ganzen Strom. Im schlimmsten Fall droht ein Blackout.

Vor diesem Szenario haben zum Beispiel die beiden Stromunternehmen Enpal und 1Komma5 Ende 2024 gewarnt. Wenn „nicht jetzt wichtige regulatorische Weichen im Energiemarkt gestellt werden, steht im allerschlimmsten Fall überhaupt kein Strom mehr zur Verfügung“, hieß es im November in einer gemeinsamen Stellungnahme der beiden Firmen. Besonders an Tagen, an denen viel Sonne und wenig Nachfrage ist - zum Beispiel an Pfingsten oder Ostern - könnte dieses Szenario eintreten.

Stromproduktion in Deutschland an Ostern 2023. Die Stromerzeugung übertrifft die Nachfrage (schwarze Linie) an mehreren Tagen.
Stromproduktion in Deutschland an Ostern 2023. Die Stromerzeugung übertrifft die Nachfrage (schwarze Linie) an mehreren Tagen. © Energy Charts

Blackout-Angst erreicht die Politik: Abschaffung der Einspeisevergütung beschlossen

Tatsächlich hat diese Warnung offenbar auch gewirkt: Am 31. Januar hat der Bundestag das sogenannte Solarspitzengesetz beschlossen, das einem Blackout entgegenwirken soll. So müssen PV-Anlagen innerhalb der nächste vier Jahre alle mit einem Smart Meter ausgestattet werden, die eine Steuerung ermöglichen. Dadurch soll der Messstellenbetreiber im Zweifel die Möglichkeit haben, PV-Anlagen vom Netz zu nehmen, wenn eine Überlastung droht. Des Weiteren soll es zu besonderes sonnenreichen Zeiten keine Einspeisevergütung mehr geben, sodass es sich für Anlagenbetreiber wirtschaftlich mehr lohnt, den Strom zu speichern.

Der Stromüberschuss an Pfingsten 2024: An mehreren Tagen gab es viel Wind und viel Solar.
Der Stromüberschuss an Pfingsten 2024: An mehreren Tagen gab es viel Wind und viel Solar. © Energy Charts

Doch die geschürte Angst um den „Blackout zu Ostern und Pfingsten“ sorgt in der Solarbranche teilweise für Unmut. Im Gespräch mit IPPEN.MEDIA sagt Peter Knuth vom Solaranbieter enerix: „Erneuerbare sollten nicht in der Kritik stehen.“ Es sei wichtig für die Stromversorgung der Zukunft, dass den Menschen nicht Gefühl gegeben werde, das es keine gute Idee sei, PV zu installieren. „Das neue Gesetz ist zwar eine gute Sache, weil es Solar ermöglicht, aus den Kinderschuhen herauszuwachsen. Durch die Debatte sollten wir potenzielle Kunden aber nicht verunsichern“, findet Knuth.

Trotz Ende der Einspeisevergütung: Solaranlagen lohnen sich noch

Auch durch die Abschaffung der Einspeisevergütung in Zeiten, in denen es einen Überschuss gibt, lohnt sich die PV-Anlage noch. Auf der einen Seite, weil es die Vergütung noch immer gibt – die Stunden der negativen Strompreise werden später sozusagen „erstattet“. Auf der anderen Seite aber auch, weil kleine PV-Anlagen die Möglichkeit haben, ihren Strom direkt zu vermarkten und so zum Beispiel in Zeiten mit hoher Nachfrage und weniger Erzeugung mehr Geld zu verdienen.

„Das Potenzial der Stromspeicherung ist riesig. Das ist der schlafende Riese in Deutschland“, erläutert Peter Knuth im Gespräch weiter. Die Kombination von PV, Speicher, E-Auto und einem dynamischen Tarif ermöglicht es Privatpersonen, an der Energiewende so richtig teilzuhaben. „Und es entlastet auch das Netz. Wenn nicht mehr eingespeist wird, sondern zum Beispiel das Elektroauto mit dem Solarstrom geladen wird, dann profitieren alle“, sagt Knuth.

Solar-Boom geht 2025 weiter: Deutsche wollen weiter PV-Anlagen installieren

2025 werde der Ausbau aus seiner Sicht nicht mehr ganz so phänomenal sein, wie 2023 und 2024. Doch eine Vollbremsung sieht Knuth auch nicht kommen. Damit hat er vermutlich auch recht, wie eine aktuelle Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach vermuten lässt. Demnach könnten in den nächsten fünf Jahren 65 Prozent der deutschen Eigenheimbesitzer eine Solaranlage auf dem Dach haben.

Die Bereitschaft, ein Elektroauto, eine Wärmepumpe und/oder eine PV-Anlage zu kaufen, bleibt außerdem über alle Einkommensgruppen relativ konstant. Nur bei denjenigen, die ein Einkommen von weniger als 2500 Euro im Monat haben, sinken die Anschaffungspläne deutlich. Aus dieser Gruppe plant nur 24 Prozent den Kauf einer Solaranlage, 17 Prozent wollen ein Elektroauto kaufen und 15 Prozent eine Wärmepumpe. In den anderen Einkommensgruppen liegt die Quote relativ einheitlich bei um die 30 Prozent für alle drei Technologien.

Auch interessant

Kommentare