„Höllenritt“ endet mit DM-Medaillen: Scholz und Streicher freuen sich im Schwarzwald

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Die Besten der Altersklasse 55: Das Foto von der Siegerehrung zeigt die Top-Drei der Frauen und Männer mit Christian Scholz (4.v.l.) und Josef Streicher (2.v.l.). © privat

Die DM im Berglauf wurde heuer im Schwarzwald ausgetragen. Aus dem Landkreis machten sich zwei Athleten auf den Weg, die am Ende gemeinsam auf dem Podest standen.

Harmersbach – Irgendwann blendete Christian Scholz das Risiko komplett aus. „Ich bin echt wie ein Kamikaze bergab gerannt, weil ich die große Chance gewittert habe“, sagt der Peitinger. Der Matsch, die Steine, die Wurzeln, die schmalen Waldwege – alles das konnte Scholz nicht mehr bremsen.

Landkreis-Duo beim Berglauf-DM erfolgreich

Im Ziel hatte er tatsächlich seinen ersten nationalen Titel im Einzel geholt: Christian Scholz (Jg. 1969) gewann bei der deutschen Meisterschaft im Berglauf die Goldmedaille in der Altersklasse 55. Der „Höllenritt“, wie der Peitinger das Rennen beschrieb, hatte ein glückliches Ende gefunden. Neben Scholz stand auf dem Siegespodest noch ein weiterer Landkreis-Athlet: Josef Streicher (Jg. 1967) aus Peißenberg war auf den zweiten Platz gerast. „Eine Mordsleistung“ bescheinigte Scholz dem Kollegen. „Für ihn freut es mich total.“

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Josef Streicher selbst war mit seinem Auftritt zufrieden. „Und mein linker Fuß hat auch gehalten“, stellt der Athlet vom TSV Peißenberg erleichtert fest. Das linke Sprunggelenk hatte Streicher einige Probleme bereitet. Daher „bin ich dieses Jahr noch nicht allzu viele Kilometer gelaufen“. Beim Gögerltrail des Post SV Weilheim war er fast vier Minuten langsamer als im Vorjahr. „Ich habe daher nicht damit gerechnet, bei der Berglauf-DM ganz vorne mitlaufen zu können“, berichtet Streicher. Allerdings ist es auch so, dass der Peißenberger ein regelrechter Berglauf-Fan ist. Wobei das mit dem „Berg“ bei den diesjährigen Titelkämpfen so eine Sache war.

Josef Streicher in Aktion, hier beim Gögerltraillauf 2024 in Weilheim.
Josef Streicher in Aktion, hier beim Gögerltraillauf 2024 in Weilheim. © Paul Hopp

Die Meisterschaft ging in Zell-Unterharmersbach im Schwarzwald über die Bühne. Zu absolvieren war eine Trailstrecke, in der es nicht nur bergauf, sondern auch bergab ging. Der höchste Punkt war nach circa vier Kilometern erreicht. Die Streckenlänge für die Jugend und die Klassen ab 50 Jahren betrug 8,5 Kilometer mit auf und ab 430 Höhenmetern. Ein satter Bergaufkurs mit „1000 Höhenmetern wäre mir lieber gewesen“, sagt Streicher.

Josef Streicher holt Silbermedaille in Zell-Harmersbach

Die namhaften Konkurrenten in der M55-Klasse hatten – bezogen auf eine flache Zehn-Kilometer-Strecke – allesamt schnellere Zeiten als Streicher vorzuweisen. Er war also kein direkter Favorit. Bei den Schuhen wählte der erfahrene Läufer – 2022 hatte er bei der Berglauf-DM schon Gold in seiner Klasse gewonnen – das für ihn absolut passende Paar; mit eher wenigen, aber dafür größeren Noppen. „Ich hatte 100 Prozent Grip und bin kein einziges Mal weggerutscht.“ Andere Athleten, die mit Straßenlaufschuhen an den Start gegangen waren, „mussten sich teilweise an Büschen festhalten und den Hang hochziehen“.

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Im Rennen orientierte sich Streicher an Scholz. Bergauf forcierte der Peißenberger das Tempo, konnte sich aber nicht wirklich absetzen. In der Folge ging Scholz wieder in Führung und schaffte es, eine rund 30 Meter große Lücke aufzutun. Am steilen Anstieg zum höchsten Punkt der Strecke kam Streicher wieder näher, doch auf dem ersten längeren Bergab-Stück zog dann der Peitinger entscheidend davon. Danach wechselten sich Abwärtspassagen mit zum Teil giftigen kurzen Gegenanstiegen.

Dort ließ Streicher keinen der anderen Konkurrenten mehr an sich herankommen. „Mir macht es unheimlich Spaß, in so einem Gelände Tempo zu machen“, so der Peißenberger. „Ich freue mich immer, wie flink und wendig ich noch bin.“ Nach 42:29 Minuten überquerte er die Ziellinie. Der Vorsprung auf den Dritten, Steffen Knauer (SSC Hanau-Rodenbach), betrug 37 Sekunden. Der deutsche M55-Meister des vergangenen Jahres, Roland Wild (LG Bamberg), wurde in 43:08 Minuten Vierter.

Leichtathlet Christian Scholz in Aktion, hier bei der bayerischen Crosslaufmeisterschaft 2024.
Leichtathlet Christian Scholz in Aktion, hier bei der bayerischen Crosslaufmeisterschaft 2024. © Maintal-Cross.de

Über allen stand aber ganz klar Christian Scholz, der nach 41:52 Minuten das Ziel erreicht hatte. Ihn freut der Sieg ungemein, da der Berglauf „eigentlich meine schwächere Disziplin ist. Ich hatte einen unglaublichen Tag.“ Bei seinem jüngsten DM-Einsatz ein paar Wochen davor hatte der Athlet der LG Allgäu noch eine Enttäuschung hinnehmen müssen: In Leverkusen, bei den Titelkämpfen im 10-Kilometer-Straßenlauf, verpasste Scholz als Vierter knapp das ersehnte Edelmetall.

Christian Scholz freut sich über Gold bei Berglauf-DM

Der Triumph im Schwarzwald war mehr als nur eine Entschädigung. Ein wenig schade fand Scholz, dass er für den Wettbewerb die bayerische Meisterschaft im Halbmarathon sausen lassen musste, die parallel stattfand. Letztlich traf er aber die genau richtige Entscheidung. Und irgendwie kam ihm auch der Streckenverlauf entgegen. „Scheinbar bin ich ganz gut bergab“, sagt Scholz mit einem Schmunzeln.

Die Downhill-Passagen waren in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung. Im Bewusstsein, ganz vorn landen zu können, gab der Peitinger richtig Gas. Seine App zeigte ihm für gewisse Abschnitte eine Kilometerzeit von 2:48 Minuten an – so ein Tempo „trainierst du ja nie“. Laien könnten meinen, runterwärts kann sich ein Läufer erholen; doch eher das Gegenteil ist der Fall: Der Muskelapparat wird mehr beansprucht als bergauf. Für Scholz hatte das Ganze einen unangenehmen Nebeneffekt: „Ich habe einen unglaublichen Muskelkater.“ Noch zwei Tage später fiel ihm selbst das Gehen schwer; an ein etwaiges Training auf die bayerische Marathon-Meisterschaft war nicht zu denken. Doch mit der Goldmedaille um den Hals sind derlei Unannehmlichkeiten freilich viel leichter zu ertragen: „Das war es wert“, sagt Scholz.

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