Reiche wieder zur Kasse gebeten: „Warum müssen die seit 1997 keine Vermögensteuer mehr zahlen?“
Der Armutsforscher Christoph Butterwegge pocht auf eine Vermögen- und höhere Erbschaftssteuer. Er bittet auch explizit reiche Konzern-Erben zur Kasse.
Berlin – In Deutschland kocht seit längerem eine Verteilungsdebatte bei Vermögen und Steuern. Für eine gerechtere Umverteilung und für genug Geld für „alle unterhalb der Mitte“ plädiert der Armutsforscher Christoph Butterwegge unter anderem dafür, dass reiche Konzerne eine Vermögensteuer zahlen sollen.
Forderung nach höheren Steuern für Reiche: „Warum müssen die seit 1997 keine Vermögensteuer mehr zahlen?“
Ständig wachse die Kluft zwischen Arm und Reich, so der Armutsforscher im Interview mit der Rheinischen Post (RP). Nur in wenigen anderen Ländern seien die Vermögen so ungleich verteilt wie in der Bundesrepublik, so Butterwegge. Eine Wiedereinführung der Vermögensteuer würde er deshalb unter anderem begrüßen.

„Die fünf reichsten Familien haben zusammen ein Privatvermögen von 250 Milliarden Euro“, sagte Butterwegge zur RP. Das sei mehr, als die ärmere Hälfte der Bevölkerung besitze. Butterwege bezieht sich explizit auf die Familien Albrecht/Heister (Aldi), Quandt/Klatten (BMW), Boehringer/von Buchheim sowie Dieter Schwarz (Lidl und Kaufland) und Klaus-Michael Kühne (Kühne + Nagel).
„Warum müssen die seit 1997 keine Vermögensteuer mehr zahlen, obwohl sie noch im Grundgesetz steht?“, kritisierte Butterwegge. Ob es sich dabei tatsächlich um die fünf reichsten Familien in Deutschland handelt, ist nicht 100-prozentig zu bestätigen, da es verschiedene Angaben gibt.
Hier eine Übersicht des Vermögens der fünf reichsten Familien nach jüngsten Schätzungen des Manager Magazins:
- Platz 1: Dieter Schwarz; Lidl, Kaufland; 43,7 Milliarden Euro
- Platz 2: Familie Susanne Klatten und Stefan Quandt; BMW und andere Beteiligungen; 34,4 Milliarden Euro
- Platz 3: Familie Merck; Pharma; 33,8 Milliarden Euro
- Platz 4: Familie Reimann; JAB Holding; 31,3 Milliarden Euro
- Platz 5: Klaus Michael Kühne; Logistik, Hotels, Lufthansa; 29,0 Milliarden Euro
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Diskussion über mögliche Wiedereinführung der Vermögensteuer reißt nicht ab
Da die Vermögensteuer seit 1997 ausgesetzt ist, muss derzeit niemand in Deutschland eine Vermögensteuer zahlen. Sollte die Vermögensteuer wieder erhoben werden, ist die genaue Grenze für die Besteuerung noch festzulegen. Das Grundgesetz steht einer Vermögensbesteuerung nicht entgegen. Zu einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer ist es dennoch bisher nicht gekommen.
Auch in der Politik reißt die Diskussion über eine mögliche Wiedereinführung der Vermögensteuer nicht ab. SPD und Grüne sprachen sich bei den Koalitionsverhandlungen 2021 dafür aus, die FDP lehnte jedoch Steuererhöhungen ab. Auch CDU und CSU lehnen eine Vermögensteuer ab. In ihrem gemeinsamen Wahlprogramm argumentieren sie, eine Vermögensteuer würde „die wirtschaftliche Substanz Deutschlands gefährden und Arbeitsplätze kosten“.
Konzern-Erben sollen Steuern zahlen: „Kann nicht sein, dass jemand Milliarden erbt und steuerfrei davonkommt“
Auch die Verschonungsregeln bei der Erbschaftssteuer findet Butterwegge unfair. Es könne nicht sein, dass „jemand Milliarden erbt und steuerfrei davonkommt.“ Reiche Erben müsste nicht unbedingt Steuern zahlen, wenn es sich um einen Konzern handele, so Butterwegge gegenüber RP-Online.
Bisher galten beim Übergang eines Unternehmens großzügige Verschonungsregeln, da bei einer unentgeltlichen Übertragung des Betriebs mit Betriebsvermögen eine Erbschafts- und Steuerpflicht anfällt, die in einigen Fällen zur existenziellen Gefährdung des Unternehmens führen kann. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Regelverschonung und der Optionsverschonung. Ein Erwerber kann also entweder zu 85 Prozent oder zu 100 Prozent von der Erbschaftssteuer befreit werden.