Marterl inspiriert zu „Ermittlungen“: Hier wurde 1946 ein Polizist im Dienst erschossen

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Auf Spurensuche: Was es mit dem Marterl bei Hundham genau auf sich hat, will Josef Sontheim herausfinden. Er bittet um Hinweise © Thomas Plettenberg

Bei einem Spaziergang bei Hundham wurde der Miesbacher Josef Sontheim auf das Schicksal eines im Dienst getöteten Polizisten aufmerksam. Ein Marterl markiert die Stelle, wo Josef Empl 1946 erschossen wurde. Dessen Geschichte – vor allem den Ausgang der Ermittlungen – will der pensionierte Polizist nun herausfinden.

Miesbach/Hundham – Wachsame Augen und ein großes Interesse an menschlichen Schicksalen: Qualitäten, die sich der pensionierte Polizist Josef Sontheim auch im Ruhestand bewahrt hat. Entsprechend neugierig war der Miesbacher, seit er bei einem Spaziergang mit seiner Frau in Hundham an einem verwitterten Marterl vorbeikam. „Unsere Sonnenrunde“, nennt Sontheim den Weg von Funk nach Schreiern. Äußerst dunkel ist hingegen die Geschichte, von der die Inschrift auf dem Marterl berichtet: vom jungen Polizisten Josef Empl, der hier am 13. September 1946 „im Kampfe mit Verbrechern“ erschossen wurde.

Warum, von wem und ob die Täter zur Rechenschaft gezogen wurden, verschweigt das hölzerne Marterl mit handgemaltem Bild der beiden Verbrecher und des niedergestreckt am Boden liegenden Polizisten. „Da bin ich hellhörig geworden“, erzählt Sontheim. Grund genug für ihn, der zwölf Jahre lang Personalratsvorsitzender beim heutigen Polizeipräsidium Oberbayern Süd war, in die Ermittlungen einzusteigen. Mit dem Ziel, an die tragische Geschichte des jungen Kollegen zu erinnern – und im Idealfall das Marterl mithilfe eines Kirchenmalers wieder ein bisschen aufzufrischen.

Zunächst telefonierte Sontheim mit früheren Wegbegleitern und Bekannten. An den jungen Wachtmeister Empl erinnerte sich niemand. Dafür aber an die schwierigen Umstände, unter denen die Polizisten damals ihren Dienst tun mussten. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand der Landkreis unter der Verwaltung der US-Amerikaner. Um trotz dieser unsicheren Lage für Ordnung zu sorgen, hätte es auch in kleineren Orten wie Hundham sogenannte Polizeiposten gegeben. Sontheim vermutet, dass Empl hier tätig gewesen sein könnte. In Ermangelung von Streifenwagen seien die Polizisten damals zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, kann sich Sontheim noch aus seiner Kindheit erinnern.

Weitere Ermittlungen scheitern am Datenschutz

Konkretere Hinweise liefert der Blick ins Archiv der Heimatzeitung. In der Ausgabe vom Dienstag, 17. September 1946, steht in der „Kleinen Rundschau“ des Hochland-Boten unter der Überschrift „Mord!“ Folgendes zu lesen: „In der vergangenen Woche wurde der deutsche Polizist Wachtmeister Empl erschossen.“ In der Gegend von Hundham seien in dieser Zeit Einbruchsdiebstähle zu verzeichnen gewesen. Empl sei deshalb von seiner Dienststelle beauftragt worden, das betroffene Gebiet nach verdächtigen Personen abzusuchen. Tatsächlich habe er kurz darauf „drei herumziehende Polen“ gestellt. Während einer sofort geflüchtet sei, habe der Wachtmeister die anderen beiden festgenommen. Einer der beiden habe Empl jedoch sein Gewehr entrissen und einen Schuss abgegeben. Die beiden anderen seien geflüchtet, doch die Personalien eines von ihnen seien bekannt.

Damit endet die Geschichte. Zumindest in den beiden Wochen nach diesem Bericht findet sich keine weitere Zeitungsnotiz über den Mordfall. Also kontaktierte Sontheim die Polizei, in der Hoffnung, dass es auch hier ein Archiv gebe. Da sagte man ihm allerdings, dass er sich an die Staatsanwaltschaft wenden müsse, wo solche Akten aufbewahrt werden. Doch hier scheiterte Sontheim – wie auch bei anderen öffentlichen Stellen – an einem beliebten Totschlagargument in unserer Zeit: dem Datenschutz.

Polizist starb mit nur 30 Jahren

Zumindest die Gemeinde Fischbachau konnte ihm dann doch ein bisschen weiterhelfen. Eine Rathausmitarbeiterin hatte recherchiert, dass Empl am 17. März 1916 in Dorfen geboren wurde und mit einer Herta verheiratet war. Bedeutet, dass er im Alter von nur 30 Jahren den „Tod durch Erschießen“ erlitt. Die Anzeige des Mordfalls habe zudem ein Oberwachtmeister Hans Pischetsrieder von der Landpolizei aufgenommen. Und auch zur Geschichte des Marterls fand Sontheim noch etwas heraus. Im Buch „Marterln im Landkreis Miesbach“ von Erich Moos und in Gesprächen mit den Bauern vor Ort erfuhr er, dass das Holzkreuz erst Anfang der 1990er-Jahre an seinen jetzigen Standort gekommen ist. Lange habe es direkt am Ort des Verbrechens in einem Feld gestanden, sei dann in einer Scheune gelandet und erst danach am Spazierweg aufgestellt worden.

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Um alle gesammelten Hinweise zu einer vollständigen Geschichte zusammenzusetzen, startet Sontheim nun einen privaten Zeugenaufruf. Wer sich an den Mordfall, den Polizisten Josef Empl oder die Geschichte des Marterls erinnern kann, den bittet Sontheim, sich bei der Heimatzeitung zu melden. sg

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