"Gesunde Bräune gibt es nicht" – Dermatologen erklären, wie Sie sich schonend sonnen
Wo die Bikini- oder Badeanzug-Träger entlangliefen, leuchten nun helle Streifen, umgeben von gebräunter Haut: Unter dem Hashtag #tanlines (engl. für Bräunungsstreifen) setzen in den sozialen Medien viele Sonnenanbeterinnen den Kontrast zwischen blasser und gebräunter Haut in Szene.
Auch die Zeitschrift "Vogue" verkündet online, dass die Bräunungsstreifen zurück seien: "Sie sind nicht das Ergebnis eines zu langen Mittagsschläfchens in der Sonne – sondern pure Absicht."
Mit gebräunter Haut im Sommer verbinden viele etwas Positives: Urlaub, Freizeit, Sonne, wie der Dermatologe Afschin Fatemi von der S-Thetic Clinic Düsseldorf aufzählt. Und: "Viele empfinden es als schön, wenn sich die blassen Stellen der Haut deutlich von einem gebräunten Körper abzeichnen."
Dermatologe warnt vor Bräunungstrends
Den Trend zu Tanlines hält der Hautarzt aber "durchaus für gefährlich". Denn auch wenn viele Bräune mit guter Gesundheit und Attraktivität verbinden: "Gesunde Bräune gibt es nicht", warnt Fatemi. "Tanlines signalisieren einen medizinisch bedenklichen Umgang mit UV-Strahlung."
Denn hinter Bräune verbirgt sich nichts anderes ein Hilferuf der Haut. Als Reaktion auf die schädliche UV-Strahlung der Sonne produziert die Haut vermehrt das Pigment Melanin. Dieser Farbstoff hat eine Funktion: Er nimmt die UV-Strahlung in sich auf, damit weniger von ihr in tiefere Hautschichten eindringen kann.
Wichtig zu wissen: Nicht nur durch Sonnenbrände entstehen Hautschäden, sondern auch durch das Bräunen: "Die Bräune kann nicht nur zur vorzeitigen Hautalterung führen, sondern im schlimmsten Fall auch zu Hautkrebs", sagt Fatemi.
Nicht nur Tanlines sind in sozialen Netzwerken immer wieder zu sehen: Es gibt auch Nutzerinnen, die sich sogenannte Sonnenbrand-Tattoos verpassen. Dafür legen oder kleben sie sich Schablonen auf die Haut und gehen damit in die pralle Sonne – zum Teil, ohne sich mit Lichtschutzfaktor einzucremen. Am Ende des Tages ist dann das Motiv auf der Haut zu sehen.
Sonnenbrände sind eine Verbrennungsreaktion der Haut
Einen Sonnenbrand sollte man aber nie bewusst riskieren. "Er ist eine Verbrennungsreaktion der Haut, die mit einer Entzündung der oberflächlichen Hautschichten einhergeht", erklärt Fatemi. Und nicht nur das: Mit einem Sonnenbrand kann man sich neben Zellschäden auch Narben und Pigmentstörungen einhandeln.
Dermatologen raten generell von exzessiven Sonnenbädern ab. Wer sich in der Sonne aufhält, sollte sich gut schützen – mit einer Kopfbedeckung, einer Sonnenbrille und einer Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor für die Hautpartien, die nicht von Kleidung bedeckt sind.
Was Experten für gesunde Bräune empfehlen
Was aber, wenn man Tanlines hübsch findet – sich aber kein erhöhtes Hautkrebs-Risiko einkaufen möchte? Dann kann man versuchen, mit Selbstbräuner zu arbeiten und einige Körperpartien intensiver damit einzucremen als andere.
Das ist zwar aufwendig – aber nicht schädlich. Nur wer Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Schuppenflechte hat, sollte auf die Bräune aus Tube oder Flasche lieber verzichten, "da die chemischen Inhaltsstoffe der Produkte Hautirritationen bei empfindlicher Haut auslösen können", so Fatemi.
Darüber hinaus kann die Haut auch im Schatten braun werden, erklärt Dermatologe Stefan Duve im Gespräch mit FOCUS online. "Dies geschieht zwar langsamer, aber dafür schonender, gleichmäßiger und langanhaltender." Dennoch müsse man sich auch im Schatten ausreichend schützen, um Sonnenbrand vorzubeugen.
"Bis zu 85 Prozent der Strahlenintensität werden nämlich von Wasser, Sand oder auch Gebäuden reflektiert. Also Sonnencreme nicht vergessen, vor allem auch an wolkigen Tagen an der See oder im Gebirge", betont der Experte.
Worauf Sie beim Eincremen achten sollten
Das Bundesamt für Strahlenschutz rät, die Sonnencreme 20 bis 30 Minuten vor dem Aufenthalt in der Sonne aufzutragen. Um die Schutzwirkung der Sonnencreme aufrechtzuerhalten, sei regelmäßiges Nachcremen wichtig: "Mindestens alle zwei Stunden und vor allem nach dem Baden und dem Abtrocknen". Voraussetzung ist, dass der Sonnenschutz überhaupt so lange anhält.
Denn das Nachcremen könne die Schutzzeit in der Sonne nicht verlängern, erklärt Dermatologe Christoph Liebich aus München. "Wenn ich jetzt zum Beispiel einen Zehner-Schutzfaktor auftrage und eine Eigenschutzzeit von zehn Minuten habe, ist es nach 100 Minuten vorbei. Dann nützt es auch nichts mehr, wenn ich den Zehner oder sogar den Fünfziger nachschmiere."
Die Strahlung hat dann bereits die Haut durchdrungen und die Schutzzeit ist erschöpft. Trotzdem ist das Nachcremen in den angegebenen Fällen sinnvoll, um den vorhandenen Schutz zu erhalten.
Das gilt auch für wasserfeste Sonnenschutzmitteln. Nach dem Baden ist die Schutzfunktion häufig beeinträchtigt.
Nötig ist es, von Anfang an genug Sonnencreme aufzutragen: Laut Bundesamt für Strahlenschutz gilt der Lichtschutzfaktor bei einer Menge von zwei Milligramm pro Quadratzentimeter Haut. Das entspreche bei einem Erwachsenen etwa vier gehäuften Esslöffeln für den ganzen Körper.
Um den aufgetragene Schutz noch zu verstärken, rät Duve, abends als After-Sun Kur eine Vitamin-C-haltige Pflege zu verwenden. Grundsätzlich empfehlen Experten, zwischen 12 und 15 Uhr die pralle Sonne komplett zu meiden. Regelmäßige kühle Schattenpausen sind ohnehin ein Muss.
Vorsicht: Sonnencremes können verfallen
Auch Sonnenschutzmittel können schlecht werden. Dass man Creme und Co. nicht zu lange aufheben sollte, hat mehrere Gründe. So lässt der Schutz vor UV-Licht nach. Das kann kurzfristig zu Sonnenbrand führen und langfristig das Risiko für Hautkrebs erhöhen.
Deshalb geben die Hersteller an, wie viele Monate lang ein Sonnenschutzmittel nach dem Öffnen verwendet werden sollte. Dazu dient ein kleines Symbol mit einer Zahl und einem "M". So bedeutet "12M" zum Beispiel zwölf Monate. Eine Notiz mit dem Öffnungsdatum auf der Flasche kann helfen.
Zusätzlich bildet sich in vielen Sonnencremes mit der Zeit das womöglich krebserregende Benzophenon. Das haben Forschende in einer Studie für die "American Chemical Society" festgestellt.
Benzophenon entsteht nach und nach aus Octocrylen. Viele Sonnencremes enthalten diese Chemikalie, weil sie vor UVB-Strahlung schützt. Die Forscher haben im Experiment eine Alterung des Produkts von einem Jahr nachgestellt. Auffällig dabei und ein weiterer Grund, Sonnenmilch vom Vorjahr zu entsorgen: Benzophenon kann sogar in ungeöffneten Packungen entstehen.
Linktipps zum Sonnenschutz
Einen Überblick bietet Ihnen der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums auf seinen Internetseiten unter www.krebsinformationsdienst.de. Es steht auch ein kurzgefasstes Informationsblatt zum UV-Schutz als Download zur Verfügung.
Nicht nur praktische Tipps, sondern auch viele Hintergründe bietet das Bundesamt für Strahlenschutz: www.bfs.de.