Jan (18) wurde von Zug erfasst und überlebte nur knapp – nun hat er eine Botschaft

Der 6. April 2024 war ein ungewöhnlich warmer Frühlingstag mit perfektem Grillwetter. Doch die 21 Grad sind nicht der Grund, warum sich Jan Zierow aus Nordholz bei Cuxhaven für immer an dieses Datum erinnern wird. 

An jenem Tag fuhr der damals 17-Jährige mit seinem Fahrrad zum Supermarkt, um Grillgut zu kaufen. Nachdem er seinen Einkauf verstaute, setzte er seine Kopfhörer auf, schwang sich aufs Rad und fuhr davon. Die Musik war laut, das Tempo schnell, die Ampel am Bahnübergang rot. Wie so oft zuvor trat Jan in die Pedale, um noch schnell rüberzukommen. Viele Male zuvor hatte er Glück. An diesem Tag nicht. Ein herannahender Zug erfasste den jungen Mann. 

Als Jan nicht vom Einkaufen zurückkehrte, begann seine Mutter, sich Sorgen zu machen. Im Ort hörte sie Rettungswagen und einen Hubschrauber, ein ungutes Gefühl beschlich sie. Kurz darauf klingelte ein Polizist an ihrer Tür. "Ihr Sohn hatte einen schweren Unfall", berichtete er laut einer Pressemitteilung des Klinikums Bremen-Mitte.

Jan (17) wird auf Bahnübergang von Zug erfasst – und überlebt

Mit dem Hubschrauber kam der angehende Zimmermann in das Traumazentrum der Klinik. Der Notarzt hatte die Notaufnahme bereits über den Unfall verständigt, in der Klinik war alles vorbereitet. 

Bei der Erstuntersuchung im Schockraum stellte das Chirurgenteam dann eine Reihe von schweren Verletzungen fest: Jans rechter Oberschenkel war durch den Zugunfall fast vollständig abgetrennt worden, zudem hatte er einen Leberriss, eine Hirnblutung, eine Lungenverletzung, einen Riss an der Aorten-Wand sowie einen Bruch des rechten Oberarms erlitten.

In einer ersten mehrstündigen Operation gelang es den Chirurgen, das Bein wieder anzunähen und die Verletzungen zu versorgen. Am darauffolgenden Tag wurde Jans Bein rekonstruiert; die Chirurgen setzten ihm einen circa zehn Zentimeter langen Spenderknochen ein. Mit Lochplatten und Nägeln stabilisierten sie Arm und Bein. 

Unfallchirurgie-Oberarzt: "Ganze Schar Schutzengel" hat Jan geholfen

Rund drei Monate musste Jan in der Klinik bleiben. Zwölf Operationen waren bislang nötig, um die erlittenen Verletzungen zu versorgen. Zwei weitere Eingriffe werden noch folgen. Von den Eingriffen am Anfang bekam Jan kaum etwas mit. Er stand unter starken Schmerzmitteln und Opiaten, alles um ihn herum erschien ihm unwirklich.

Doch selbst die Ärzte konnten es nicht so richtig glauben. Dass der 17-Jährige den Unfall überlebte, bezeichnete der leitende Oberarzt der Klinik für Unfallchirurgie am Klinikum Bremen-Mitte, Jan Thies, als "Wunder". Nicht nur das medizinische Personal habe Jan geholfen, sondern auch "eine ganze Schar Schutzengel".

Nach Unfall kämpft 18-Jähriger auch mit psychischen Problemen

Jan ist sich darüber im Klaren, dass er unfassbares Glück hatte. "Darüber habe ich viel nachgedacht", sagt der Niedersachse. Psychisch habe er in dieser Zeit oft gekämpft. Wegen der Medikamente und des Morphiums fühlte er sich anfangs so, als habe er "von April bis August durchgesoffen". Das Ausschleichen der Tabletten kam einem harten körperlichen und mentalen Entzug gleich.

Auch, dass er wegen der Unfallfolgen nicht als Zimmermann wird arbeiten können, belastet Jan anfangs. Inzwischen schöpft er jedoch neuen Mut: "Ich werde jetzt mein Abitur mit Schwerpunkt Gesundheit nachholen und anschließend entweder studieren oder eine Ausbildung in einem Gesundheitsberuf machen", sagt er. 

Jan will vor Unachtsamkeit im Straßenverkehr warnen

Eine Branche, mit der Jan zuvor kaum Berührungspunkte hatte. Doch der Unfall hat einiges verändert – auch seinen Blick auf Sicherheit im Straßenverkehr. Gleichaltrige möchte der 18-Jährige vor Selbstüberschätzung und Unachtsamkeit warnen. 

Während der Schulzeit habe er sich auch kaum für mögliche Gefahren durch Handynutzung und Kopfhörer interessiert, räumt Jan ein. "Aber da hat man ja kaum hingehört und war sich immer sicher – das passiert anderen, aber mir doch nicht. Ich bin jetzt der Gegenbeweis."