Erzwingt Trump den Börsencrash? Top-Ökonom fühlt sich an die 1920er-Jahre erinnert

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Der Harvard-Ökonom und Clinton-Finanzberater Larry Summers sieht Parallelen zu den Zeiten vor der Finanzkrise und zur Weltwirtschaftskrise den 1920er Jahren.

Frankfurt - Die zweite Präsidentschaft von Donald Trump beflügelt die Märkte. Deregulierung und Steuersenkungen verleiten zu optimistischen Wirtschaftsprognosen. Der Harvard-Ökonom Larry Summers, Ex-Finanzminister unter Bill Clinton und Stammgast in Davos, warnte jedoch vor zu viel Euphorie. Die derzeitige Lage erinnere ihn an die Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren. „Auch damals haben sich Exzesse auf den Kapitalmärkten entwickelt, die Ende der 1920er-Jahre schließlich zum großen Crash führten“, sagte Summers dem Handelsblatt. Er sei daher besorgt über die Gelassenheit, „mit der wir die aktuellen Asset-Preise in den USA betrachten“.

Grundsätzlich sei es besser, in einem Land zu leben, in das Kapital fließe, als in einem, aus dem Kapital abfließe, sagte der Ökonom. „Ich denke, dass die Biden-Regierung bei der Regulierung fossiler Energien, in Kartellfragen und bei der Finanzaufsicht etwas zu streng vorgegangen ist. Daher halte ich es für angemessen, dass das Pendel ein wenig in die andere Richtung ausschlägt.“ Dennoch fühle er sich in diesem Jahr an das Davos an 2007 erinnert, das Jahr vor der Finanzkrise 2008: „Ich sagte damals in Davos: Die größte Gefahr, die uns droht, ist die Angstlosigkeit selbst.“

Es herrsche die allgemeine Annahme, dass sich alles zum Guten wendet, wenn man auf steigende Aktienkurse setze. „Wenn sich jedoch etwas ändert, was diese Annahme infrage stellt, könnten sich die vorherrschenden Ansichten ziemlich drastisch ändern“, sagte der Ökonom.

Die hohe US-Staatsverschuldung bereitet Sorgen

Summers sieht eine Vielzahl von Herausforderungen für die Weltwirtschaft. Manche haben mit den USA und der neuen US-Regierung unter Donald Trump zu tun. So haben die USA in absoluten Zahlen betrachtet die weltweit höchste Staatsverschuldung. Sie erreichte mit zuletzt über 36 Billionen US-Dollar einen neuen Rekordwert - mit entsprechend hohen Zinszahlungen. Experten gehen davon aus, dass die US-Schulden weiter steigen werden.

Ihm bereite das Sorgen, sagte der Star-Ökonom: „Die USA stehen vor dem vermutlich größten Problem der fiskalischen Tragfähigkeit in ihrer Geschichte, sicherlich aber seit dem Bürgerkrieg. Wenn man die prognostizierten Defizite nimmt und dann die erhöhten Ausgaben für nationale Sicherheit sowie höhere Zinssätze und die geplanten Steuersenkungen mit einberechnet, muss man nochmal ganz neue Kalkulationen aufmachen.“ Mehr Schulden könnten den Druck auf die Zinssätze, die Kapitalkosten und damit letztlich auf die Investitionen erhöhen.

Die USA müssen für ausländische Investoren ein verlässlicher Partner sein

Doch das ist aus Sicht von Summers nicht das einzige Problem. Ihm geht es auch um die Verlässlichkeit der USA für ausländische Investoren. „Die Bereitschaft, in die Vereinigten Staaten zu kommen und dort Geschäfte zu machen, hängt auch mit der Vorhersehbarkeit des Geschäftsumfelds zusammen“, sagte er. Es gebe umso mehr Grund zur Sorge, wenn das Geschäftsumfeld mehr von einer kleinen Anzahl von Personen als von Institutionen bestimmt werde, die nach unparteiischen Grundsätzen handeln. Der Republikaner Donald Trump ist für seine Nähe zu einer kleinen Schar milliardenschwerer Wirtschaftsbosse bekannt. Summers war unter dem demokratischen Präsident Clinton im US-Finanzministerium tätig und Wirtschaftsberater von Präsident Obama.

Zeitpunkt für Deutschland, sich auf seine Stärken zu besinnen

Bezogen auf die Wirtschaft in Deutschland fand Summers im Interview mahnende Worte. Ein bekannter deutscher Wirtschaftsboss habe ihm in Davos berichtet, dass bei den Deutschen inzwischen gut 20 Krankheitstage im Jahr anfielen, hinzu kämen sechs Wochen bezahlter Urlaub und eine nicht allzu lange Arbeitswoche. „Das ist ein Rezept, um nicht wettbewerbsfähig zu sein“, sagte Summers. Deutschland habe heute im Vergleich zu Asien viel weniger ein Monopol auf die qualitativ gute Herstellung von Werkzeugen und Maschinen als noch vor ein paar Jahrzehnten.

„Wo liegen die besonderen Stärken Deutschlands, die über die Rolle als Touristenattraktion hinausgehen?“, fragte Summers. Diese Frage käme zu einem schwierigen Zeitpunkt, der von der Bedrohung durch Russland, den Herausforderungen durch China und vom wachsenden Druck bezüglich der möglicher US-Zölle und europäischer Verteidigungsausgaben geprägt sei. „Es ist also ein sehr schwieriger Moment für Europa.“

Zum Zeitpunkt eines möglichen Crashs gefragt, wollte sich Summers nicht festlegen. Wenn die derzeitige gute Stimmung noch eine Zeitlang anhalte, wäre das für keine Überraschung, sagte er: „Ich glaube nicht, dass Ökonomen wissen, wann diese Dinge enden werden.“

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