Gegen Putin hilft Stärke, nicht Kuschen: Was der Kanzler aus Syrien lernen kann
Stets hat Berlin Israels harte Kriegsführung gegen Irans Milizen kritisiert. „Friedenskanzler“ Scholz hat die Natur des Nahost-Kriegs nicht verstanden. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
Auch wenn jetzt die Freude über den Sturz des mörderischen Assad-Regimes groß ist: Deutschland und seine Dienste haben die Zeitenwende im Nahen Osten komplett verschlafen – so wie davor schon die in Afghanistan und der Ukraine. Die Erinnerung tut noch heute weh: Am 24. Februar 2022 wurde der BND-Chef, persönlich in Kiew weilend, kalt von Putins Angriffsbefehl erwischt, und musste hastig von dort evakuiert werden. Offenbar hatte er auf seine eigenen Spione gehört.
Die Ahnungslosigkeit der Auslandsaufklärung wäre zu verkraften, wenn man nicht befürchten müsste, dass auch die geostrategische Kettenreaktion, die zur Revolution in Syrien führte, von der deutschen Politik nicht ausreichend verstanden wird: Der Sturz Assads begann in Wahrheit schon mit dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023. Israel reagierte, zum lauten Unmut Berlins, aber unterstützt von den USA, mit vernichtenden Schlägen gegen die Terrorbrigaden Hamas und Hisbollah, bis deren Pate, das iranische Regime, zu wanken begann und ebenso wie der Ukraine-Krieger Putin den bedrängten Freund Assad nicht mehr schützen konnte.
Putins militärische Überdehnung nutzt den Rebellen in Syrien
Die Lehre daraus ist klar: Die westlichen Demokratien können sich behaupten, wenn sie dem Kriegsfuror von Autokraten stark und geeint entgegentreten und nicht ängstlich zurückweichen. Im Nahen Osten haben Israel und die USA den Brandstiftern Grenzen aufgezeigt und (mit Hilfe der Türkei) der iranisch-russischen Achse eine schwere strategische Niederlage zugefügt. Das soll die Leistung der Rebellen nicht schmälern, doch konnten sie profitieren von der militärischen Überdehnung Russlands und Irans. Nur weil es an einer vergleichbar entschlossenen und geeinten Antwort der Europäer auf Russlands Krieg gegen die Ukraine mangelte, weil Waffen zu spät und in zu geringer Zahl geliefert wurden, darf sich Putin dort gegenwärtig auf der Siegerstraße wähnen.
Scholz bleibt dem Dreiertreffen in Paris fern – ein großer Fehler
Deshalb war es auch ein weiterer katastrophaler Fehler des Bundeskanzlers, dem Treffen von Trump, Macron und Selenskyj in Paris fernzubleiben. Olaf Scholz fürchtete wohl, von den Dreien für einen Plan vereinnahmt zu werden, der, um Moskau unter Druck zu setzen, zunächst auch Taurus-Lieferungen vorsieht, sowie nach Kriegsende die Entsendung deutscher Friedenstruppen zur Sicherung der Waffenstillstandslinie.
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Das hätte dem vorgeblichen „Friedenskanzler“ aber den Wahlkampf verhagelt, der darauf zielt, Atom-Ängste vor Putin zu schüren und den Rivalen Friedrich Merz als „Kriegskanzler“ zu diffamieren. Für den Kölner Politikprofessor Thomas Jäger passt das Fernbleiben von Scholz zu „seiner Arbeit über drei Jahre, Deutschland als europäische Führungsmacht geradezu auszuschalten“. Es sind genau solche Signale der Uneinigkeit des Westens, die Putin heute als Scheinriesen dastehen lassen. (Georg Anastasiadis)