Wettrennen gegen die Zeit: Wadephul-Mission soll Nahost-Flächenbrand verhindern

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Bundesaußenminister Wadephul steht vor schwierigen Gesprächen im Nahostkonflikt zwischen Israel und Iran. Kann Deutschland seine Rolle als Vermittler zurückgewinnen?

Es hört nicht mehr auf: Seit nun einer Woche greifen Israel und der Iran einander mit Raketen an. Die Zahl von Todesopfern und Verletzten – hauptsächlich Zivilisten – steigt täglich auf beiden Seiten. Regierungen des globalen Westens positionierten sich in den vergangenen Tagen zum Nahost-Krieg unterschiedlich: US-Präsident Donald Trump drohte zuletzt mit einem Militärschlag der USA gegen den Iran. Bundeskanzler Merz sagte bei einem ZDF-Interview „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle.“ Eine Aussage, für die der Kanzler kritisiert wurde.

Europäische Außenminister wollen im Israel-Iran-Konflikt nun das direkte Gespräch suchen: In Genf sollen Bundesaußenminister Johann Wadephul und seine Amtskollegen am Freitag (20. Juni) aus Frankreich und Großbritannien auf den iranischen Außenminister Abbas Araghtaschi treffen. Das Ziel der Gespräche: Iran zu einer Garantie bewegen, dass das Land sein Atomprogramm ausschließlich für zivile Zwecke nutzt.

Nahost-Eskalation zwischen Iran und Israel: Konflikt eingrenzen, bevor es zum regionalen Flächenbrand wird

Außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetović, sieht das iranische Regime in Teheran bereits geschwächt. „Die Achse der iranischen Unterstützer in der Region hat an Bedeutung verloren. Das betrifft nicht nur die Hamas und Hisbollah, sondern ebenso die proiranischen Milizen im Irak sowie die Huthi-Rebellen im Jemen, die sich bislang zurückhalten“, sagte er der Frankfurter Rundschau am Dienstag, 17. Juni. Ob das so bleibt und das Regime weiter an Bedeutung verliert, kann Ahmetović nicht einschätzen: „Das ist nur eine Momentaufnahme in einem dynamischen Konfliktgeschehen, über dessen Dauer und Ausgang man nur spekulieren kann.“

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An einem möglichen Machtvakuum, das aus der Schwächung Irans entstehen könnte, wäre in der Region niemandem gelegen. „Der Irak ist ein mahnendes Negativ-Beispiel dafür“, erklärte der Außenpolitische Sprecher. Darum sei jeder in diesem Krieg gefragt. „Jetzt geht es darum, zu deeskalieren und den Konflikt einzugrenzen. Alle, die dazu einen Beitrag leisten können, sollten daran mitwirken, damit dieser Konflikt nicht zu einem regionalen Flächenbrand wird.“

Israel und Iran im Krieg: Ziel eines atomwaffenfreien Iran wird in Zukunft nicht leicht zu erreichen sein

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die deutsche Nahostpolitik? Worauf sollte sich Außenminister Wadephul in Gesprächen mit iranischen Außenminister Abbas Araghtaschi konzentrieren?

„Es ist jetzt noch zu früh, um über mögliche Konsequenzen final zu sprechen. Zunächst muss alles unternommen werden, um eine weitere Eskalation des Konflikts zu vermeiden. Hierzu sollte Deutschland weiterhin eng im Rahmen von E3 diplomatisch aktiv sein“, sagte Ahmetović. E3 steht für die drei wirtschaftlich stärksten und politisch einflussreichsten Staaten im europäischen Raum: Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Das gemeinsame Treffen der Außenminister spielt da mit rein. „Klar ist aber auch, dass durch den aktuellen Konflikt das Ziel eines atomwaffenfreien Iran nicht leichter zu erreichen sein wird.“

Deutschlands Vermittlerrolle im Nahostkonflikt ungefestigt: „Eine Reihe von Fehleinschätzungen“

Vor zehn Jahren war Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der damals noch Außenminister unter Angela Merkel war, eine Schlüsselfigur im Atomabkommen mit dem Iran. Den diplomatischen Einfluss habe Deutschland mittlerweile nicht mehr, sagen Experten. „Es habt schon in der Vergangenheit eine Reihe von Fehleinschätzungen in der Iran-Politik gegeben, die mitverantwortlich dafür sind, dass wir uns heute in einer derart gefährlichen Situation befinden“, sagte Ulrich Schlie, Professor für Sicherheits- und Strategieforschung am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie an der Universität Bonn, der Frankfurter Rundschau.

SPD-Bundestagsabgeordneter Yüksel forderte Anfang der Woche, sich darauf zu konzentrieren, deutsche Staatsbürger aus beiden Ländern zu evakuieren: „Es ist zu erwarten, dass der Krieg zwischen Israel und Iran länger anhalten wird.“ Am Mittwoch wurden erste deutsche Staatsbürger über Jordanien evakuiert. Das Auswärtige Amt mahnt Deutsche, die sich in der Region aufhalten, sich in die Krisenvorsorgeliste einzutragen.

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