Beton ist der meistgenutzte Baustoff der Welt – und einer der klimaschädlichsten. Die Zementproduktion allein verursacht rund acht Prozent der globalen CO2-Emissionen. Gleichzeitig dauert es bei herkömmlichem Beton bis zu 28 Tage, bis er die für Wohngebäude nötige Druckfestigkeit von mindestens 17 Megapascal (MPa) erreicht. In Katastrophengebieten oder bei der schnellen Schaffung von Unterkünften ist diese Wartezeit ein Luxus, den sich niemand leisten kann.
Clevere Kettenreaktion
Forscher haben nun ganz im Sinne der Klimaanpassung ein neues Material entwickelt und ihre Ergebnisse im Journal Advanced Composites and Hybrid Materials veröffentlicht. Sie testeten keinen klassischen Zementbeton, sondern eine Mischung aus Ton, Sand, Hanffasern und Biokohle, die im 3D-Drucker verarbeitet wurde.
- Direkt nach dem Druck besitzt das Material bereits 3 MPa – genug, um weitere Schichten aufzubringen oder sogar Überhänge ohne Stützstrukturen zu drucken.
- Nach drei Tagen: mehr als 17 MPa – die für normale Wohngebäude geforderte Festigkeit.
- Nach acht bis zehn Tagen: Spitzenwerte von mehr als 40 MPa. Zum Vergleich: Normaler Beton braucht dafür bis zu vier Wochen.
Möglich macht die Turbo-Aushärtung eine clevere chemische Kettenreaktion: ein acrylamidbasiertes Bindemittel, das durch „Frontalpolymerisation“ arbeitet. Sobald die Masse aus der Druckdüse kommt, löst ein kurzer Wärmeimpuls eine sich selbst verstärkende Reaktionswelle aus – ähnlich wie bei einer Zündschnur. Das Material härtet während des Druckens. Dadurch entfallen die sonst üblichen Pausen und provisorischen Holz- oder Kunststoffstützen.
„Gerade angesichts der Häufigkeit zerstörerischer Naturkatastrophen müssen wir in der Lage sein, schnell Unterkünfte und andere Gebäude zu errichten – und das können wir mit einem Material tun, das leicht verfügbar ist und vergleichsweise geringe Emissionen verursacht“, sagt Devin Roach, einer der leitenden Wissenschaftler.
Weniger CO2 und bessere Dämmung
Weil auf den energieintensiven Zementbrennprozess verzichtet wird und bis zu 80 Prozent des Materials aus natürlichen, regional gewinnbaren Zutaten bestehen, sinkt der CO2-Fußabdruck erheblich. Hanffasern und Biokohle verbessern zudem die Dämmwerte und machen das Material noch nachhaltiger.
Die größten Hürden auf dem Weg in die Praxis sind aktuell die noch höheren Herstellungskosten im Vergleich zu Normalbeton sowie die noch ausstehende Zertifizierung nach den strengen amerikanischen ASTM-Normen. Die Forscher sind jedoch zuversichtlich, beide Punkte in den nächsten Jahren lösen zu können.