Klamroth, Illner, Lanz, Maischberger, Miosga: Es ist ehrenwert, für unser so oft so langweiliges Fernsehen ein neues Streitformat zu probieren. Damit macht sich der Nachrichtensender n-tv verdient. Allerdings läuft sein junger Talk „Blome & Pfeffer“ Gefahr, zu einem McDonald’s der Meinungsbildung zu werden. Da haut sich der Zuschauer schnell einen Meinungshappen rein, wenn auch ohne Tomate und Salatblatt. Das macht selten satt und manchmal ein wenig flau.
So geht es auch dem Nachrichtensender: Bundespräsident und Bordell, AfD und Acht-Stunden-Tag – ein gutes Gefühl bleibt nach dieser Sendung nicht. Das hat auch mit den Männern in der Runde zu tun. Gastgeber Nikolaus Blome beansprucht den gefühlt höchsten Redeanteil für sich selber. Und der altgediente FDP-Kämpe Wolfgang Kubicki verteidigt das Prostitutionsgewerbe. Da ist schon fast vergessen, wie groß die Aufregung um Frank-Walter Steinmeiers Rede vom Vortag ist.
Anti-AfD-Rede: Hat der Bundespräsident Ostdeutschland verloren?
„Eine Anti-AfD-Rede“, urteilt Nikolaus Blome klar. Der n-tv-Politikchef vertritt die Meinung, dass der Bundespräsident mit dieser Ansprache zum Jahrestag der Reichspogromnacht vielen Ostdeutschen das Gefühl gegeben hat: „Er ist nicht mehr unser Präsident.“
Überhaupt verbeißt sich Blome in diese Rede zum Jahrestag 9. November. „Es war eine parteipolitische Rede“, befindet er und wiederholt es gleich noch einmal: „Er hat parteipolitisch gesprochen!“ In einer wilden Argumentationskette kommt der Gastgeber des Talks zu einer provokanten Kritik an Union und SPD: „Selbst diese Regierung wird es nicht schaffen, dass sich die AfD noch einmal verdoppelt.“
AfD und NSDAP: „Die Gleichsetzung ist historisch falsch“
„Wir sind nicht dumm“, stimmt Wolfgang Kubicki zu, dass die Zuhörer sehr wohl verstanden haben, dass der Bundespräsident mit seinem Appell gegen Extremismus klar gegen die AfD gesprochen habe. „Die Gleichsetzung ist historisch falsch“, schimpft er über die Parallele zum Nationalsozialismus. Mancher Freund der AfD wird dem FDP-Mann gerne zugehört haben. Da sagt der 73-Jährige: „Wir müssen dafür kämpfen, dass die Meinungsfreiheit erhalten bleibt.“
Kubicki plädiert dafür, dass der raue Ton in den so genannten sozialen Medien von Politikern ausgehalten werden muss: „Wir brauchen keine Organisationen, die das Internet durchforsten, um zu sehen, ob Beleidigungen ausgestoßen worden sind. Ich habe in meinem ganzen Leben zwei Anzeigen erstattet - wenn es um Drohungen gegen meine Kinder und meine Frau ging.“
Ganz anders sieht das DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi: „Wir lassen viel zu viel Hass und Beleidigung zu.“ Schließlich belege der Fall des vor seinem Wohnhaus von einem Rechtsradikalen erschossenen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, dass den Worten auch Taten folgen können.
„Arbeiten am Limit können wir uns nicht leisten“
Die Gewerkschafterin verteidigt dann den Acht-Stunden-Tag und das Arbeitszeitengesetz. Das überrascht nicht. FDP-Mann Wolfgang Kubicki plädiert für mehr Freiheit bei der Arbeitszeitgestaltung. Das überrascht auch niemanden. „Arbeiten am Limit können wir uns nicht leisten - Hände weg vom Arbeitszeitengesetz“: Dieser Appell von Fahimi allerdings überrascht dann doch in einer Zeit, in der die deutsche Wirtschaft in der Weltkonkurrenz eher den Eindruck vermittelt, dass wir uns umgekehrt ein Arbeiten nicht am Limit nicht mehr auf Dauer leisten können.
Kubicki warnt vor Erpressung im Bordell
Von der Arbeit geht es nahtlos zur Sex-Arbeit. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat Deutschland als „Puff Europas“ bezeichnet. Das bringt FDP-Mann Kubicki zu dem schönen Satz: "Bordell und Prostitution - ich bin da raus!" Dafür spricht der 73-Jährige dann sehr viel und sehr entschieden über die Idee, Freier zukünftig mit Strafe zu bedrohen. Als Strafverteidiger warnt Kubicki vor dem Erpressungspotenzial, das dadurch entstehe. Sex und Arbeit, AfD und Bundespräsident: Diese Mischung aus der n-tv-Küche ist am Ende vor allem eines: schwer verdaulich.