Kommentar von Joachim Krause - Politik-Experte: Warum die AfD kein zweites Weimar ist

 

Die AfD ist zweifellos eine problematische und teilweise verwerfliche Partei. Sie besteht zum Teil aus Konservativen, die frustriert der Union oder auch der SPD den Rücken zugekehrt haben.

In ihr gibt es aber auch sehr viele Personen, die die demokratische Ordnung der Bundesrepublik ablehnen. Einige Landesverbände gelten sogar als gesichert rechtsextremistisch.

Andere Parteien hatten und haben das Problem mit Verfassungsfeinden in ihren Reihen im Übrigen auch. Die SPD-Jusos hatten über Jahrzehnte eine sehr starke Stamokap-Fraktion, die die ideologische Ausrichtung der SED in Ost-Berlin eins-zu-eins übernahm und vollkommen verfassungsfeindlich war. Einer ihrer einstigen Spitzenvertreter ist heute deutscher Bundeskanzler.

Niemand kam damals auf die Idee, wegen den Stamokaps gegen die SPD eine Brandmauer zu errichten. Aber mit Rechtsextremen mag das anders sein angesichts der furchtbaren Verwerfungen der deutschen Geschichte, die die Nationalsozialisten angerichtet haben. Die AfD ist zudem eine populistische Partei, die Dinge verspricht, die nicht einzuhalten sind und die jene europäischen und transatlantischen Bindungen aufgeben will, die zentral für unsere Sicherheit, unseren Wohlstand und für unsere Freiheit sind. Und vor allem weist diese Partei eine ekelerregende Schleimspur in Richtung Putin auf.

Dennoch ist die AfD nicht mit der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (NSDAP) zu vergleichen. Und das aus drei Gründen.

Erstens war die NSDAP eine straff hierarchisch organisierte Führerpartei mit einer Vielzahl von Unterorganisationen, die alle auf das eine Ziel des Machterwerbs hinarbeiteten und die vor allem die völkische und anti-semitische Ideologie in alle Bereiche der Gesellschaft hin verbreiteten. Sie verstand sich als politischer Arm einer „Bewegung“, die ein anderes Deutschland wollte. Sie konnte diese Wirkung entfalten, weil ihre Mitgliederzahl ab Ende der 20er Jahre erheblich zugenommen hatte. Die politischen Ziele und Parolen gab eine Person aus: Adolf Hitler.

Die AfD ist keine Führerpartei, sie besteht aus unterschiedlichen Fraktionen und Personen. Sie ist nicht tief in der Bevölkerung verankert, weil sie eine Protestpartei ist. Die AfD hat derzeit etwa 50.000 Mitglieder. Im Vergleich zur NSDAP Ende 1932 mit 1,2 Millionen Mitgliedern ist das ein „Vogelschiss“.

Zweitens konnte die NSDAP den Einzug in die Reichsregierung am 30. Januar 1933 nur deswegen zur Machtübernahme nutzen, weil sie über eine paramilitärische Miliz von etwa 400.000 Mann verfügte: die SA. Die SA war vier Mal so groß wie die Reichswehr und zwei Mal so groß wie die kombinierten damaligen Polizeikräfte des Reiches und seiner Provinzen. Ohne die SA und die mobilisierbaren Massen der NSDAP Angehörigen wäre es nicht nur Machtübernahme im Frühjahr 1933 gekommen. Die AfD hat nichts dergleichen aufzubieten und strebt auch nicht danach.

Drittens war das gesellschaftliche Klima zu der Zeit ein völlig anderes. Die Demokratie galt sehr vielen Menschen als etwas Fremdes, vor allem war sie mit der Hypothek des verlorenen Krieges verbunden, den Auflagen des Versailler Friedensvertrags und den Reparationsleistungen. Auch und gerade in der Beamtenschaft war die Loyalität gegenüber der Monarchie groß und das Angebot der NSDAP passte geradezu als Monarchie-Ersatz. Außerdem war Ende der 20er Jahre die Arbeitslosigkeit auf einem Rekordhoch begriffen. Sechs Millionen Arbeitslose bedeuteten Elend und Armut für mindestens 25 Millionen Menschen, von denen viele glaubten, dass der „Führer“ und seine Partei einen Ausweg bieten würden. Die Lage heute ist daher mit derjenigen zu Anfang der 30er Jahre nicht zu vergleichen.