50 Euro pro Kopf für Plastiksteuer – Verband warnt vor Kostenbelastung und Bürokratie

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Ab dem 1. Januar 2025 soll die Plastiksteuer in Kraft treten. Branchenverbände warnen davor, die Regierung hat noch kein echtes Konzept. Wie teuer wird das Ganze für Deutsche?

Berlin – Nachdem die Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz (SPD) Anfang Januar einen Aufschub bei der Plastiksteuer angekündigt hatte, konnten Unternehmen und Verbraucher fürs Erste aufatmen. Der neue Stichtag ist der 1. Januar 2025 – diese Zeit braucht die Bundesregierung noch, um eine „effiziente und möglichst bürokratiearme Lösung“ zu finden. Aber wie wird das Ganze funktionieren und welche Kosten warten auf Verbraucher?

Kilogrammpreis an Kunststoffverpackungsmüll 80 Cent (Seit 2021)
Abgabenhöhe von der Bundesregierung an Brüssel (2022) 1,4 Milliarden Euro
Geschätzte Abgabe pro Haushalt in der Plastiksteuer 50 Euro (GKV)
Möglicher finanzieller Aufwand durch Plastiksteuer beim Zoll 420 Millionen Euro

Bundesregierung hat noch keine Lösung für die Plastiksteuer

Eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat nun offengelegt, dass einen Monat nach Verkündigung des Aufschubs noch nicht klar ist, wie genau die Plastiksteuer aussehen solle. Von der Bundesregierung hieß es zwar, dass „verschiedene Optionen“ geprüft würden. Allerdings befände sich die Bundesregierung noch in der Abstimmung wegen der konkreten Ausgestaltung der Abgabe.

Soll heißen: Wer die Steuer letztendlich verhängt, für welche Produkte sie gilt und welche Hersteller sie betreffen soll, ist noch nicht klar. Klar ist nur, dass die zugrundeliegende CO₂-Abgabe seit längerer Zeit existiert. Im Jahr 2021 hatte die Europäische Union (EU) eine Plastikabgabe für ihre Mitgliedstaaten festgelegt, die besagt, dass die Mitgliedstaaten pro Kilogramm Kunststoffverpackungsmüll, der nicht recyclebar ist, 80 Cent nach Brüssel abzugeben haben.

Plastiksteuer existiert bereits seit 2021 – Kosten gehen in die Milliarden

Seit dem Einführungsjahr 2021 hatte die Bundesregierung diese Abgabe selbst gezahlt. In den Jahren 2021 und 2022 beliefen sich die Kosten auf etwa 1,4 Milliarden Euro. Diese Kosten sollen nun genau diejenigen Unternehmen tragen, die dafür verantwortlich sind, dass Plastik in Umlauf gerät. Der Bund spart so das Geld, indem er die Kosten an die Unternehmen weitergibt.

Junge Frau hält Beutel mit Plastikflaschen
Ab dem 1. Januar 2025 soll die Plastiksteuer in Kraft treten. Branchenverbände warnen davor, die Regierung hat noch kein echtes Konzept. Wie teuer wird das Ganze für Deutsche? © IMAGO / Westend61

Innerhalb der letzten Wochen sind nun einige Beispielrechnungen aufgetaucht, die zeigen sollen, wie teuer es am Ende für Deutsche wird. Für den Fall, dass Plastikhersteller die Abgabe 1:1 weitergeben, wäre der Preis vom Plastik abhängig, das man kauft. Im Schnitt verursachten die Deutschen 38 Kilogramm Plastikmüll pro Jahr (laut Plastikatlas), was deutlich über dem EU-weiten Durchschnitt liegt (24 Kilogramm). In diesem Fall wären 30,4 Euro pro Jahr für eine Plastiksteuer fällig.

50 Euro pro Haushalt – Verband warnt vor Bürokratie

Der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV) sieht das anders. „Wir gehen von Mehrbelastungen in Höhe von durchschnittlich 50 Euro pro Haushalt aus“, sagte Dr. Oliver Möllenstädt, Hauptgeschäftsführer des GKV, auf Ippen-Anfrage. Tendenziell seien einkommensschwächere Haushalte davon eher betroffen, denn sie verwenden einen höheren Anteil ihres Haushaltseinkommens für verpackte Waren.

Weiterhin bestünde hinsichtlich der Bürokratie ein größeres Risiko. Dem GKV zufolge ist der aktuelle Stand, dass die Bundesregierung die Plastiksteuer nicht direkt bei den Kunststofferzeugern erheben will, sondern auf Ebene der abpackenden und abfüllenden Wirtschaft sowie beim Handel. „Das sind etwa 1,2 Millionen Unternehmen in Deutschland, die jeweils ein eigenes virtuelles Lager (Verrechnungskonto) beim Zoll anlegen müssen“, erklärte Möllenstädt. Das würde auch beim Zoll ungeheure Mehrkosten verursachen: Der GKV geht hier von einem finanziellen Aufwand über 420 Millionen Euro aus. „Der Bürokratieaufwand wäre beträchtlich“.

Niedrigere Gewinne bei Plastikherstellern – „Reiner Populismus“

Im Dezember hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorgeschlagen, dass Plastikhersteller einfach ihre Gewinne verringern müssten, um die neue Abgabe auszugleichen. „Steuern oder Abgaben werden nicht zwingend 1:1 weitergegeben“, sagte das Amt auf X. Der GDK hält das für „reinen Populismus“. Erstens würde die Steuer nicht bei den Kunststoff-Herstellern erhoben, zweitens wären 1,4 Milliarden Euro ein viel zu hoher Betrag. „Weiterhin wäre das nach unserem Verständnis ja auch nicht Zweck einer Steuer, die Verbraucher in irgendeiner Form ‚lenken‘ soll.“

Aktuell untersucht das Umweltbundesamt, welche wirtschaftlichen Instrumente Deutschland anwenden könnte, um das EU-Recht auf nationaler Ebene umzusetzen. Dieses soll den nicht-recycelten Abfall an Kunststoffverpackungen senken.

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