Putins „Schattenflotte“ kreuzt die Ostsee – Experten schlagen Alarm
Russland setzt im baltischen Meer auf die Schattenflotte, die zum Teil aus kaum seetauglichen Schiffen besteht. Die Ostsee-Staaten befürchten eine Umweltkatastrophe.
Rostock – Die Lage in der Ostsee spitz sich zu: Neben dem kürzlich bekannt gewordenen Plan Russlands, seine Seegrenzen eigenmächtig in litauische und finnische Gewässer auszudehnen, macht Experten auch die „Schattenflotte“ Putins Sorgen. Der Grund: Sie könnte eine Umweltkatastrophe auslösen.
Denn die sogenannte „Schattenflotte“ besteht aus mehr als 100 rostigen Tankern unter exotischen Flaggen, die unter Umgehung westlicher Sanktionen Öl aus Russland exportieren. Russland wird bereits seit langem vorgeworfen, zur Umgehung eines westlichen Preisdeckels für russische Ölexporte in Drittstaaten auf Schiffe zu setzen, die nicht in Hand westlicher Reedereien sind oder nicht von westlichen Versicherungen versichert wurden.
Kaum seetaugliche Tanker: Schwedischer Außenminister warnt vor Ölleck
Der schwedische Außenminister Tobias Billström warnte bereits im April vor dieser Schattenflotte, die mit Tankern operiere, die kaum seetauglich seien. Ein großes Ölleck infolge einer Havarie könne ernsthafte Auswirkungen auf viele Länder und die Ostsee haben, berichtet die Deutsche Presse-Agentur.
Der Marine-Experte Peter Viggo Jakobsen vom Royal Danish Defence College stellte jüngst die brisante Frage: „Was ist, wenn die Russen entscheiden, dass sie eines dieser Schiffe sabotieren, damit wir eine riesige Ölpest in der Ostsee bekommen?“ Es gebe „die Gefahr, dass die Russen das absichtlich tun, um uns zu bestrafen“, zitiert die Bild-Zeitung Jakobsen.

Auch der Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte, Micael Byden, warnte im RND vor den alten Russen-Tankern: „Russland könnte eine Umweltkatastrophe direkt vor unserer Haustür verursachen und es wie einen Unfall aussehen lassen.“
Ostsee-Staaten fordern Konsequenzen: Denkbar sind Sanktionen gegen beteiligte Schiffseigentümer
Ostsee-Staaten fordern schon seit Längerem Konsequenzen. Länder wie Schweden wollen aus Angst vor einer möglichen Ölkatastrophe in der Ostsee den Kampf gegen den Einsatz der sogenannten „Schattenflotte“ zur Umgehung von Russland-Sanktionen verschärfen.
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Denkbar wäre es, Sanktionen gegen beteiligte Schiffseigentümer, Betreiber und Versicherungsgesellschaften aus Nicht-EU-Staaten zu verhängen, erklärte Billström am Randes eines EU-Außenministertreffens in Luxemburg im April. Zudem sei eine intensivere Zusammenarbeit mit denjenigen Ländern möglich, die die Schiffe registriert hätten oder sie bislang ihre Häfen nutzen ließen.

Schweden und andere EU-Staaten haben nach Angaben von Billström bereits die Europäische Kommission und den Auswärtigen Dienst gebeten, das Thema bei den aktuellen Planungen für ein 14. Sanktionspaket wegen des anhaltenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zu berücksichtigen. Bei ihm soll es nach Angaben aus EU-Kreisen insbesondere um Strafmaßnahmen gegen Akteure gehen, die bereits bestehende Russland-Sanktionen umgehen.
Neben der Schattenflotte: Auch Ausweitung der Seegrenze bereitet Nato Sorgen
Russland bedroht die Nato-Anrainer der Ostsee aber auch mit der geplanten Ausweitung der Seegrenze. Am Dienstag (21. Mai) veröffentlichte das russische Verteidigungsministerium einen Beschlussentwurf, der vorsieht, dass das russische Seegebiet bis in die Gewässer der Nato- und EU-Mitglieder Litauen und Finnland auszuweiten. Mittlerweile ist das Dokument wieder von der Webseite des Ministeriums verschwunden.
Durch eine einseitig vorgenommene, neue Festlegung der geografischen Koordinaten der russischen Seegrenze würden litauische und finnische Gebiete in der Ostsee Russland zugeschlagen. Konkret würden dem Dokument zufolge die Seegrenzen der westrussischen Exklave Kaliningrad und des östlichen Finnischen Meerbusens verschoben.
Finnland über Russlands Pläne im Dunkeln: Kreml dementiert, es sei „nichts Politisches“
Die finnische Außenministerin Elina Valtonen sagte dazu am Mittwoch vor Journalisten, ihre Regierung verfolge die Lage. „Wir haben keinerlei offizielle Informationen darüber, was Russland plant“. Zugleich hob die finnische Chefdiplomatin hervor, dass die Russische Föderation ebenfalls der UN-Konvention zu Seegrenzen beigetreten sei. „Wir erwarten nur, dass Russland die Konvention achtet“, sagte Valtonen.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Mittwoch vor Journalisten, es sei „nichts Politisches“ an dem Dokument, „auch wenn die politische Lage sich seit 1985 sehr stark verändert“ habe. In jenem Jahr waren die aktuellen Grenzen der russischen Seegebiete festgelegt worden. (bg/dpa)
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