„Früher exotisch, heute Mainstream“: Anton Wollschläger setzt auf Bio-Landwirtschaft

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Viel Platz im urigen Stall: Anton Wollschläger kümmert sich um 60 Rinder in seinem ökologischen Betrieb – als Haupteinnahmequelle sind die Tiere für ihn allerdings nicht rentabel genug. © Ramona Höllerer

„Die ökologische Landwirtschaft ist für mich die Antwort auf aktuelle Fragen, die industrialisierte Landwirtschaft hat dagegen keine Antwort auf Probleme wie Artenschwund und Klimawandel“: Anton Wollschläger ist seit über 30 Jahren überzeugter Biobauer. Dem 63-Jährigen gehören mit seiner Frau Rita Heilmeier zwei landwirtschaftliche Betriebe: einer in Langenpreising und einer in Marzling im Kreis Freising.

Langenpreising – Der Hof in Langenpreising wurde um 1850 bis 1860 von Wollschlägers Familie gegründet und liegt etwas außerhalb in Pottenau. „Ich habe den Betrieb 1989 von meinem Vater übernommen und der wiederum von seinem.“ Mit Beginn seiner Übernahme wurde der Hof auf ökologische Landwirtschaft umgestellt.

„Damals war sie noch ein bisschen exotisch, heute ist die ökologische Landwirtschaft ja im Mainstream angekommen“, sagt Wollschläger. Der Hof habe sich seit der Umstellung vergrößert – und das, obwohl man ihm früher des Öfteren gesagt habe, dass der Hof zu klein sei, um davon leben zu können. Die Redensart „wachsen oder weichen“ gelte nicht nur in konventionell geführten Betrieben, sondern auch für die ökologische Landwirtschaft.

Keine Konflikte mit dem Vater bei der Hofübernahme

Neben seiner großen Leidenschaft für seinen Beruf ist Wollschläger auch in der Kommunalpolitik aktiv: Er ist seit fast 30 Jahren Kreisrat im Landkreis Freising und seit 2020 Gemeinderat in Langenpreising. Zusätzlich ist er Teil des Vorstands der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (ABL).

In seinem Betrieb konzentriert man sich fast ausschließlich auf den Pflanzenanbau. Es wird hauptsächlich Getreide und Hafer produziert. Die beiden Produkte werden weiterverkauft und beim Abnehmer weiterverarbeitet. Als zweites und kleineres Standbein werden auf dem Hof knapp 60 Rinder in zwei Gruppen gehalten. Sie fressen viel Kleegras, was wiederum für die ökologische Landwirtschaft praktisch ist. „Durch das Kleegras wird der Boden auch im Winter bedeckt, er baut Hummus auf und kann Stickstoff aus der Luft holen“, erklärt Wollschläger die Vorteile. Insgesamt setze er auf Vielfalt auf dem Hof. „Eins greift ins andere, das ist meine Philosophie.“

Rinderhaltung funktioniere nur als Nebenprodukt, da es gerade als ökologischer Betrieb schwierig sei, damit rentabel zu sein. Um das zu erreichen, müsste man ihm zufolge mit einer täglichen Zunahme der Rinder von 1,3 Kilogramm ab der Geburt bis zum Tod rechnen. Bei der ökologischen Landwirtschaft sind es lediglich um die 800 Gramm – also deutlich zu wenig. „Der Biobauer kann nicht für ein paar Cent Schweine- und Rinderfleisch herstellen“, sagt Wollschläger. Zusätzlich werden auch Gemüse und Kartoffeln angebaut und vor Ort verkauft. „Das ist aber sehr wenig.“ Auch um die 30 Hühner leben auf dem Hof. Sogar der Strom wird mithilfe von Photovoltaikanlagen selbst produziert. Komplett autark ist der Hof allerdings nicht, da Wollschläger keinen Speicher besitzt. 

Anton Wollschläger ist mit seinem Biohof stolzes Mitglied bei Naturland, einem Verband für ökologischen Landbau
Mit seinem Biohof ist Anton Wollschläger stolzes Mitglied bei Naturland, einem Verband für ökologischen Landbau. © Ramona Höllerer

Die Ursache für die Umstellung des vom Vater konventionell geführten Betriebs auf einen Biohof seien „ökologische, ethische und vernünftige Gründe“ gewesen. „Ich kann doch nicht die Augen verschließen und sagen, ich mach das, was am meisten Geld bringt.“ Dabei habe es zwischen Wollschläger und seinem Vater keine Konflikte aufgrund der Umstellung gegeben. „Er hat den Prozess der Umstellung kritisch begleitet. Keine chemischen Mittel zu verwenden, kam ihm zunächst wie ein Rückschritt vor“, erinnerte sich der Biobauer. Sein Vater führte den Betrieb zu einer Zeit, als chemische Mittel als Revolution für die Landwirtschaft galten und verstand deshalb zunächst nicht, wieso man darauf verzichten sollte, erklärt der Sohn.

Die Politik darf nicht sofort einknicken, wenn drei Bauern mit ihren Bulldogs vorfahren.

Neben Wollschläger und seiner Frau hilft auch der Rest der Familie fleißig auf dem Hof mit, wie seine Tochter Lena Heilmeier, die dort mitarbeitet. „Sie ist auch überzeugte Biobäuerin“, erzählt Wollschläger stolz. Sein Sohn Andreas Heilmeier mache „etwas ganz anderes“, aber helfe gelegentlich, wenn es nötig ist, trotzdem mit. Außerdem ist auch Wollschlägers Mutter noch aktiv am Hof. Gertraud Wollschläger kümmert sich um die Hühner und verkauft am Hof die Produkte. Zusätzlich seien gelegentlich Praktikanten und Auszubildende Teil des Familienbetriebs. „Es ist ein typischer Familienbetrieb. Jeder, der ein bisschen kann, arbeitet je nach Zeitbudget mit.“

Gerade im Sommer zur Erntezeit fallen für Wollschläger gerne mal bis zu 70 Arbeitsstunden an. „Das ist dann schon krass“, gesteht er. Ein anderer Beruf sei für ihn trotzdem nicht infrage gekommen: „Ich bin ein Draußen-Mensch, ich kann nicht in einem Büro rumsitzen. Die Landwirtschaft ist für mich kein Job, sondern meine Leidenschaft.“

Der Hof aus der Vogelperspektive: Auf den Gebäudedächern hat Anton Wollschläger viel Photovoltaik installiert.
Der Betrieb aus der Vogelperspektive: Auf den Gebäudedächern hat Anton Wollschläger viel Photovoltaik installiert. © Ramona Höllerer

Neben seiner Arbeit draußen auf dem Bauernhof nimmt auch die Bürokratie viel Zeit in Anspruch. Mindestens einen halben bis zu einem ganzen Tag benötigt Wollschläger in der Woche, um sich durch die vielen Verordnungen zu arbeiten – gerade als Biobauer sind es nochmals mehr als ohnehin schon. Trotzdem betont er, dass die Bürokratie notwendig sei. „Wir leben eben auch davon, dass die Dinge, die wir uns auferlegen, auch kontrolliert werden“, meint der 63-Jährige. Um die Landwirtschaft zukunftsfähig zu erhalten, müsse man auf viele Themen achten: Umwelt-, Arten- oder Grundwasserschutz seien nur ein paar Beispiele dafür.

Mehr Solidarität unter Bauern erwünscht

Aber auch für Wollschlägers Geschmack gibt es „unnötig komplizierte Vorschriften“. Die Politik solle die zukunftsfähige Landwirtschaft fördern, auch wenn das zunächst zu mehr Bürokratie führe. Beispielsweise, indem Kleegras-Anbau und die ökologische Landwirtschaft gefördert werde. „Die Politik darf nicht sofort einknicken, wenn drei Bauern mit ihren Bulldogs vorfahren.“ 

Von den Verbrauchern wünsche er sich, dass Gesamtzusammenhänge mehr gesehen werden. Beispielsweise, wie das Schweineschnitzel so günstig sein kann. „Da machen sich wirklich ganz wenige Menschen Gedanken drüber, obwohl es so ein essenzieller Anteil ist.“ Aber auch zwischen den Landwirten wünscht er sich mehr Solidarität. Gerade, wenn es um mehr Fläche geht, stehen die Landwirte in starker Konkurrenz zueinander und unterbieten sich oftmals in den Preisen. „Jeder will seinen Betrieb am liebsten verdoppeln, und gleichzeitig wird die landwirtschaftliche Fläche immer weniger.“ 

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