"Wird etwas passieren": Beim Putin-Telefonat kann Trump ein Ass ziehen
Es wird ein Gespräch unter massivem Druck: Während die Ukraine weiterhin russische Drohnenangriffe vermeldet und europäische Staats- und Regierungschefs mit Donald Trump soeben die Verhängung weiterer Sanktionen gegen Moskau erörtert haben, will der US-Präsident mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin heute Nachmittag telefonieren.
Trump und Putin: Telefonat mit Vorgeschichte
Zu den Sanktionen komme es, "falls Russland sich nicht ernsthaft auf eine Waffenruhe und Friedensgespräche einlässt", hieß es aus dem Büro Großbritanniens Regierungschef Keir Starmer. Die Warnung wird mitgetragen von Friedrich Merz (Deutschland), Emmanuel Macron (Frankreich) und Giorgia Meloni (Italien).
Trump hingegen, den die Europäer zugeschaltet hatten, schlägt nach außen hin zurückhaltendere Töne an. "Er ist der Meinung, dass er mit Präsident Putin telefonieren muss, um die Blockade aufzulösen und uns an den Ort zu bringen, an den wir gelangen müssen“, erklärte der US-Sondergesandte Steve Witkoff, der „ein erfolgreiches Gespräch“ erwartet. Trump setze auf sein persönliches Verhältnis zu Putin, um Fortschritte für einen Waffenstillstand und schließlich Frieden im Krieg Russlands gegen die Ukraine zu erzielen.
Doch gar so zahnlos, wie das klingt, tritt Trump keineswegs auf. Erst am Mittwoch sagte er an Bord der Air Force One auf dem Weg nach Katar mit Blick auf Russland: „Ich ziehe sekundäre Sanktionen immer in Betracht.“
Trumps Ass: Sekundäre Sanktionen
Sekundäre Sanktionen – das sind Maßnahmen, die nicht nur gegen ein konkretes Land verhängt werden, sondern auch sämtliche Handelspartner des sanktionierten Landes treffen. So gingen die USA schon gegen Iran und gegen sämtliche Länder vor, mit denen Teheran kooperierte. Und das könnte nun auch Russland drohen: Handelsrestriktionen also gegen ausländische Unternehmen oder Länder, die weiterhin Handel mit Russland betreiben.
Das fängt bei kritischen Sektoren wie der Energieversorgung an und endet beim Einkauf von russischem Kaviar. Ziel ist es, diese Drittparteien unter Androhung von Beschränkungen ihres Zugangs zum US-Markt oder zu den US-Finanzsystemen dazu zu zwingen, ihre Geschäfte mit Russland einzustellen.
Das Drohmittel der sekundären Sanktionen steht im Kern nur einer einzigen Macht zur Verfügung – nämlich den USA, die mit einem Bruttosozialprodukt von 30 Billionen Dollar als größte Volkswirtschaft auf nahezu jeden Staat in der Welt Einfluss haben. Zum Vergleich: China als globale Nummer 2 kommt auf 18 Billionen Dollar, Deutschland auf Platz 3 auf 4,6 Billionen. Selbst die gesamte EU kommt nur auf gut die Hälfte der amerikanischen Marktmacht, nämlich rund 17 Billionen Dollar.
"Habe erneut Sekundärsanktionen gegen den Iran verhängt"
Trump sagte in seinen Bemerkungen in der Air Force One, dass solche Sanktionen eingesetzt werden könnten, um zusätzlichen Druck auf Moskau auszuüben, sollten in den laufenden Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine keine bedeutenden Fortschritte erzielt werden.
„Wie Sie wissen, habe ich erneut Sekundärsanktionen gegen den Iran verhängt, und ich hoffe, dass sie die richtige Entscheidung treffen, denn so oder so wird etwas passieren“, so Trump.
Zeitgleich berät der US-Kongress derzeit über den „Sanctioning Russia Act of 2025“, einen von dem Trump-Vertrauten Senator Lindsey Graham eingebrachten parteiübergreifenden Gesetzentwurf. Dieser sieht umfassende mittelbare Sanktionen gegen Russland vor, darunter die Einführung eines Zolls von 500 Prozent auf Importe aus Ländern, die russisches Öl, Erdgas oder Uran kaufen. Der Gesetzentwurf zielt auch darauf ab, die Beschränkungen für russische Staatsschulden und Finanztransaktionen mit sanktionierten Unternehmen auszuweiten.
Sekundäre Sanktionen: Putin dürfte wissen, dass es gefährlich wird, wenn er diesen Ausdruck heute im Telefonat von Trump zu hören bekommt.
Von unserem Autor Ansgar Graw ist unlängst das Buch erschienen: „Die Ära Trump. Chancen und Risiken für Amerika und die Welt“ (Langen Müller, 272 S, 22 EUR)