Berlin muss teilweise neu wählen: Fliegen Wagenknecht und Die Linke jetzt aus dem Bundestag?

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Kurz vor Weihnachten hat das Bundesverfassungsgericht für einen Paukenschlag gesorgt: Die Bundestagswahl muss in Berlin teilweise wiederholt werden. Was bedeutet das Urteil für die Linke?

Berlin – Bei einigen Bundestagsabgeordneten der Partei Die Linke und bei Anhängern von Sahra Wagenknecht, die ebenfalls noch im Bundestag sitzen, dürfte nach der Verkündung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts ein hektisches Blättern im Urteilstext begonnen haben. Der Grund: In rund einem Viertel der Berliner Wahlbezirke muss neu gewählt werden. Das heißt, dass auch über die beiden Direktmandate von Gesine Lötzsch in Lichtenberg und Gregor Gysi in Treptow-Köpenick neu abgestimmt wird. Diese sind für den Verbleib im Bundestag wichtig. Aber, und hier dürften viele Mandatsträger aufgeatmet haben: Nur in sehr wenigen Bezirken, die die beiden Wahlkreise betreffen, müssen die Berliner und Berlinerinnen zur Wahlurne. Im TV-Sender Phoenix sagte der ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei einer Wahlwiederholung Auswirkungen hat.“

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Die Bundestagswahl 2021 in Berlin verlief chaotisch. Ziemlich schnell waren sich viele sicher, dass sie wiederholt werden muss. Nun ist klar, dass dies in größerem Umfang als geplant stattzufinden hat. Wegen zahlreicher Pannen muss die Bundestagswahl 2021 in Berlin in gut einem Fünftel der 2256 Wahlbezirke wiederholt werden. Betroffen sind 455 Wahlbezirke einschließlich der zugehörigen Briefwahlbezirke, urteilte das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe. Das höchste deutsche Gericht hatte die chaotischen Abläufe am 26. September 2021 auf mandatsrelevante Wahlfehler hin überprüft – also auf solche, die Einfluss auf die Verteilung der Sitze im Parlament haben können.

Für die Linke ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts elementar. Denn 2021 verpasste die Partei mit 4,9 Prozent eigentlich die erforderliche Fünf-Prozent-Hürde. Nur aufgrund drei gewonnener Direktmandate und der dann greifenden Grundmandatsklausel durfte sie überhaupt in den Bundestag einziehen.

Darum hängt die Partei so ab von den Direktmandaten

Neben Sören Pellmann (Leipzig) gewannen ihren Wahlkreis auch zwei Abgeordnete in Berlin: Gesine Lötzsch in Lichtenberg und Gregor Gysi in Treptow-Köpenick. Bei einer Berlin-weiten Neuwahl hätte alles von den beiden abgehangen. Erreicht die Partei weniger als drei Direktmandate und wird die Fünf-Prozent-Hürde nicht überschritten, ist sie raus aus dem Bundestag. Alle Linken ohne Direktmandat müssten gehen. Mehrere Abgeordnete sprachen vor der Entscheidung des Gerichts bereits von einem „Worst-Case-Szenario“.

Keine Lust auf Wahlkampf mit Wagenknecht

Auch wenn es nur um einen kleinen Anteil der Stimmen in Berlin geht, auf die Partei kommt in Berlin eine harte Zeit zu. Seit 6. Dezember, 0 Uhr, gilt die Linke nach dem Austritt des Wagenknecht-Lagers offiziell nicht mehr als Fraktion. Es ist der vorläufige Tiefpunkt eines jahrelangen Streits zweier Parteiströmungen, die nun beide als sogenannte Gruppe weitermachen wollen. Darunter versteht man einen Zusammenschluss von Abgeordneten im Bundestag mit deutlich weniger Rechten als eine Fraktion. Darüber, ob die Linke den Gruppenstatus bekommt, entscheidet der Bundestag. Das ist bislang aber nicht der Fall.

Die zersplitterte Linke muss gemeinsam mit dem neu gegründeten „Bündnis Sahra Wagenknecht“ um Stimmen werben. Wagenknecht und die neun Abgeordneten, die ihr folgen, haben es ausschließlich dem Trio Pellmann-Lötzsch-Gysi zu verdanken, im Bundestag zu sitzen. Keiner der drei gilt übrigens als Unterstützer Sahra Wagenknechts. Gysi prophezeite im Oktober im Interview mit der Frankfurter Rundschau: „Wenn Sahra gehen sollte, dann wird ein neuer Kampfgeist entstehen, damit die Linke nicht untergeht.“ Und weiter: „Wie ich meine Partei kenne, wächst in der Krise die Leidenschaft zur Rettung.“ Die nächste Krise könnte bald auf die Linke zukommen. (as/dpa)

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