Urteil steht noch nicht fest: Berlin sucht schon Wahlhelfer für Wiederholung der Bundestagswahl

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Berlin sucht jetzt schon Wahlhelfer für eine Wiederholung der Bundestag – aber die Entscheidung vom Verfassungsgericht steht noch aus. Nach vielen Pannen will man es jetzt besser machen.

Berlin – Am 26. Oktober 2021 versank Berlin im Chaos. Zwei Wahlen, die Senats- und Bundestagswahl, und dazu noch der Berlin-Marathon waren zu viel für die Hauptstadt, die ja ohnehin nicht für ihr Organisationstalent bekannt ist. Wahlbüros blieben weit über die offizielle Sperrzeit von 18 Uhr hinaus geöffnet, Wahlzettel wurden vertauscht. Längst ist klar: Die Senats-Wahl 2021 war ungültig. Die Berlinerinnen und Berliner mussten das Abgeordnetenhaus deshalb im Februar 2023 erneut wählen. Dieses Szenario droht nun auch für die Bundestagswahl.

„Uns kann der Fluch der Wiederholung treffen“

Am 19. Dezember entscheidet das Bundesverfassungsgericht, in welchem Ausmaß die Bundestagswahl in Berlin wiederholt werden muss. Der Bundestag hatte bereits veranlasst, dass in einigen Bezirken neu gewählt werden muss, die Union klagte dagegen. Sie will die Wahl komplett wiederholen. Als möglicher Wiederholungstermin gilt der 11. Februar 2024. Entschieden ist noch nichts, doch in der Hauptstadt bereitet man sich auf alle Szenarien vor.

So sucht Berlin bereits händeringend nach Unterstützung bei der Stimmenauszählung. Die meisten Bezirke werben aktiv für Wahlhelfer. So heißt es etwa in einer Ippen.Media vorliegenden E-Mail aus dem Wahlbezirk Berlin Steglitz-Zehlendorf an alle Wahlhelfer: „Ich traue es mich kaum zu schreiben, aber auch hinsichtlich der Bundestagswahl kann uns der Fluch der Wiederholung treffen.“ Geschrieben hat die Mail Wahlamtsleiterin Heike Schütte. Sie bestätigt im Gespräch mit unserer Redaktion die Echtheit des Schreibens.

In der Mail richtet sich die Wahlamtsleiterin an mögliche Wahlhelfer: „Unsere Vorbereitungen laufen bereits. Aber was wir auch tun – wir können es nicht ohne Sie schaffen!“ Interessierte sollen ihre „Bereitschaftserklärung“ bis 8. Dezember abschicken, also elf Tage vor dem Urteil. „Die sehr kurze Fristsetzung ist der Gesamtsituation geschuldet“, erklärt Schütte. „Eine besondere Herausforderung sind dieses Mal die nur 55 Tage Vorbereitung. Wir müssen also noch schneller und besser sein, als je zuvor, um auch diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen.“

Zahlreiche Wählerinnen und Wähler warten im Stadtteil Prenzlauer Berg in einer langen Schlange vor einem Wahllokal, das in einer Grundschule untergebracht ist.
Wählerinnen und Wähler warten 2021 im Stadtteil Prenzlauer Berg vor einem Wahllokal. Womöglich müssen sie erneut wählen. © Hauke-Christian Dittrich/picture alliance

Mindestens neun Bezirke planen schon für die Wiederholungswahl

Von der Landeswahlleitung gibt es übrigens keinen offiziellen Auftrag, schon jetzt für Wahlhelfer zu werben. „Wir bereiten uns aber auf alle Szenarien vor“, sagt eine Sprecherin. Dazu zählen auch mögliche Einladungsmails. Insgesamt gibt es in Berlin zwölf Wahlbezirke. Neben Steglitz-Zehlendorf haben sich mindestens acht andere Bezirke schon an potenzielle Wahlhelfer gewandt. Das geht aus einer Anfrage an die jeweiligen Ämter hervor.

Konkret: Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Marzahn-Hellersdorf, Pankow, Reinickendorf, Spandau, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick. Die Bezirke Lichtenberg und Neukölln haben bislang keine Schreiben verschickt und warten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ab. Man könne sich aber bereits initiativ melden, wie es in Neukölln bislang 70 Personen gemacht hätten. Berlin Mitte war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Eine mögliche Wahlwiederholung könnte den Bundestag maßgeblich verändern. Abgeordnete, die über ein in Berlin gewonnenes Direktmandat in den Bundestag eingezogen sind, müssten zittern. Und erneut in den Wahlkampf ziehen. Am gravierendsten träfe das die Linke. Sie blieb bei der Bundestagswahl 2021 unter der Fünf-Prozent-Hürde und sitzt nur dank drei gewonnener Direktmandate im Bundestag. Zwei davon holte die Partei in Berlin: Gesine Lötzsch in Lichtenberg und Gregor Gysi in Treptow-Köpenick. Verliert die Partei diese Mandate bei einer Wiederholungswahl und wird die Fünf-Prozent-Hürde nicht überschritten, ist sie raus aus dem Bundestag. Mehrere Abgeordnete sprechen gegenüber unserer Redaktion schon vom „Worst-Case-Szenario“. (as)

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