Biden und Netanjahu: Neues Buch enthüllt Kluft – nun beenden sie ihre Funkstille
Während ihrer Amtszeit hegten der US-Präsident und Israels Premier ein schwieriges Verhältnis. Wie es darin mitunter zuging, zeigt Journalist Bob Woodward in seinem neuen Buch „War“.
Washington, D.C./Tel-Aviv – Drei öffentlichkeitswirksame Bücher über den ehemaligen US-Präsidenten und aktuellen Präsidentschaftsanwärter der Republikaner, Donald Trump, hat der US-amerikanische Journalist Bob Woodward bereits veröffentlicht. Sein jüngstes Buch, „War“, erscheint am 15. Oktober – exakt drei Wochen vor der US-Wahl am 5. November.
Darin macht der Ex-Mitherausgeber der Washington Post Trumps Verhältnis zu seinen Widersachern auf der Seite der Demokraten – vornehmlich dem noch amtierenden Präsidenten Joe Biden und Präsidentschaftskandidatin Kamala-Harris – zum Hauptgegenstand seiner Bemühungen.
Im Kern folgt Woodward dabei der Frage, wie sich ihr langfristiger politischer Wettstreit vor dem Rahmen multipler internationaler Krisen in den vergangenen Jahren als derjenige konstituieren konnte, der er gegenwärtig ist. Ausgehend von der Covid-19-Pandemie, über den Ukraine-Krieg bis hin zum Nahostkonflikt, widmet sich Woodward in seinem Buch den markanten geopolitischen Ereignissen der letzten Jahre. Dabei arbeitet er sich sowohl an den Beziehungen führender US-Politikerinnen und -Politikern untereinander ab, als auch an ihren Verhältnissen zu anderen politischen Schwergewichten der internationalen Bühne – und eben dies hat jetzt erneut für Aufsehen gesorgt.
Bob Woodward enthüllt in neuem Buch das angespannte Verhältnis Joe Bidens zu Benjamin Netanjahu
Wie die israelische Online-Zeitung Times of Israel berichtete, geht Woodward in „War“ auch der belasteten Beziehung von US-Präsident Biden zu Israels Premierminister Benjamin Netanjahu auf den Grund. Die Beziehung beider Staatsoberhäupter war im Frühjahr 2024 zunehmend angespannter geworden, wie mitunter auch der US-Nachrichtensender CNN berichtet, dem ein Vorab-Exemplar von Woodwards Buch vorliegt.

So thematisiert Woodward in „War“ mitunter auch ein Telefongespräch zwischen Biden und Netanjahu, das sich im April 2024 zugetragen haben soll. Zum damaligen Zeitpunkt stand ein Einmarsch Israels in den Gaza-Streifen bereits im Raum, den Netanjahu schließlich am 7. Mai mit dem Vorrücken israelischer Bodentruppen in die Stadt Rafah an der Westgrenze des Gaza-Streifens zum Nachbarland Ägypten realisierte.
Wie die Times of Israel ausgehend von CNN-Informationen bezüglich Woodwards neuem Buch meldet, soll der noch amtierende US-Präsident Biden Israels Premier Netanjahu bei diesem Telefongespräch angeschrien haben, da Israels Premier „keine Strategie“ für seine geplante Militäroperation im Gaza-Streifen gehabt habe. Auch soll Biden Netanjahu im Rahmen des Telefonats gemahnt haben, dass Israel von einigen Vertretern internationaler Verbündeter als „Schurkenstaat“ angesehen wird.
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Woodward zufolge verlor Biden in Gesprächen mit Netanjahu mehrmals die Fassung
Den CNN vorliegenden Auszügen aus Woodwards Buch zufolge fragte Biden den israelischen Premierminister während ihres gemeinsamen Telefongesprächs im April mit Hinblick auf Israels Ziele in Gaza auch: „Was ist deine Strategie, Mann?“ Netanjahu sah einen Einmarsch Israels in Rafah damals als notwendig an, da die Stadt IDF-Angaben zufolge zu jenem Zeitpunkt zur letzten Bastion der Hamas im Gazastreifen geworden war. Biden lehnte den geplanten Einmarsch israelischer Truppen nach Gaza zum damaligen Zeitpunkt vehement und wiederholt ab.
Auch wandte sich der US-Präsident damals mit warnenden Worten an Netanjahu und erklärte, Israel werde im Falle eines Vorrückens in Rafah keine weiteren Waffen mehr von den USA erhalten. „Sie bekommen unsere Unterstützung nicht, wenn sie dort angreifen“, sagte Biden damals im Wortlaut. Nach dem folgenschweren Angriff der Hamas auf das Supernova-Musikfestival bei Reʿim im Süden Israels am 7. Oktober 2023 hatten die USA einen Schulterschluss mit Israel geübt.
Sie halfen Israel etwa mit fortgesetzten Zahlungen in Milliardenhöhe. Auch ist Biden historisch betrachtet der erste US-Präsident, der Israel während eines laufenden Kriegs besuchte, wie er es am 18. Oktober 2023 in Tel-Aviv getan hatte. Doch angesichts unzähliger ziviler Todesopfer im Gazastreifen sowie den katastrophalen humanitären Zuständen vor Ort, äußerte der scheidende US-Präsident im Verlauf des Nahostkonflikts immer schärfere Kritik am Vorgehen Netanjahus und versuchte häufiger, Israels Premier dazu zu bringen, seinen Kurs in Gaza zu überdenken.
Woodward in neuem Buch „War“: Netanjahu kümmert Biden zufolge „einen Dreck“ um die Hamas
Als Netanjahu Israels Bodentruppen im Mai schließlich auftrug, nach Rafah einzumarschieren, zeigte sich Biden hiervon bekanntlich wenig angetan. Woodwards neuem Buch zufolge, soll der scheidende US-Präsident hinter vorgehaltener Hand jedoch deutlich klarere Worte Netanjahu’s Kurs gefunden haben. So soll Biden den israelischen Premierminister als „verdammten Lügner“ bezeichnet haben, wie CNN und der Times of Israel zufolge aus Woodwards neuem Buch hervorgeht. Auch schreibt Woodward in „War“, Biden hätte über Netanjahu gesagt, dass er sich „einen Dreck“ um die Hamas und stattdessen „nur um sich selbst“ kümmere.
Das Verhältnis Bidens zu Netanjahu galt über die gesamte Amtszeit beider hinweg als schwierig. Obwohl sich beide seit Jahrzehnten kennen, übte das Weiße Haus bereits scharfe Kritik an der Koalition, die Israels Premierminister Ende 2022 mit aufrührerischen Rechtsextremisten einging. Auch über die Pläne von Israels Regierung zur Reform des Justizwesens im Jahr 2023 hatte sich Biden damals überaus kritisch geäußert. Als überzeugter Unterstützer Israels sei er um den Zustand der Demokratie im Land besorgt, betonte Biden damals.
Biden und Netanjahu beenden ihre Funkstille – und führen „direktes und produktives“ Telefongespräch
Ihr vorerst letztes Telefonat führten Biden und Netanjahu am 21. August, danach herrschte wochenlang Funkstille zwischen den Staatsoberhäuptern. Wie das US-Nachrichtenportal Axios nun meldete, haben Biden und Netanjahu ihre mehrwöchige Funkstille am Mittwochmorgen (Ortszeit) jedoch wieder beendet. Hauptanliegen des Telefonats, an dem laut Weißem Haus auch Kamala Harris teilnahm, sei Israels geplanter Vergeltungsschlag gegen den Iran gewesen, aber auch Israels Umgang mit der Hisbollah im Libanon. Der Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre zufolge, habe das Gespräch rund 30 Minuten gedauert und sei „direkt und produktiv“ gewesen.
„In Bezug auf den Gazastreifen erörterten die Staats- und Regierungschefs die dringende Notwendigkeit einer Wiederaufnahme der diplomatischen Bemühungen um die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln. Der Präsident erörterte auch die humanitäre Lage in Gaza und die Notwendigkeit, den Zugang zum Norden wiederherzustellen, unter anderem durch die sofortige Wiederbelebung des Korridors von Jordanien aus. “