Ende des Ukraine-Kriegs 2025: „Wir brauchen einen ‚Siegesplan‘ – so, wie die USA gegen Nazi-Deutschland“
Theoretisch möglich, aber schwierig: Lettlands Ex-Außenministerin Sandra Kalniete sieht Optionen für ein Ende des Ukraine-Kriegs – aber auch Gefahren.
Straßburg – Blutvergießen, Zerstörung, Flucht und Inflation: Seit fast zweieinhalb Jahren bringt Wladimir Putins Ukraine-Krieg Leid. Ist ein baldiges Ende denkbar? Die frühere lettische Außenministerin Sandra Kalniete hält das für möglich – jedenfalls in einem theoretischen „Idealszenario“. Die konservative Europaabgeordnete sieht die EU aber zugleich vor einer entscheidenden Weichenstellung. Und in mehrerlei Hinsicht in Gefahr, wie sie IPPEN.MEDIA erklärte.
„Könnten Ukraine-Krieg 2025 beenden“: Lettische Ex-Außenministerin fordert „Victory Plan“
Dringend nötig sei ein „echter, systematischer Plan für den Sieg der Ukraine“, sagte die erfahrene Diplomatin im Gespräch am Rande der ersten Sitzungen des EU-Parlaments in Straßburg. Dafür gebe es ein Vorbild: „Im Zweiten Weltkrieg haben die USA einen ‚Victory Plan‘ gefasst, ausgearbeitet bis in die kleinsten Details: Was ist nötig an Militärgerät und Personal um Nazi-Deutschland zu besiegen“, sagte Kalniete: „Genau so sollten wir auch vorgehen“ – wenngleich Kontext und militärische Technologien andere als damals seien.
Bislang hänge militärische wie humanitäre Hilfe vom Willen der Mitgliedsstaaten ab – der wiederum von politischen Stimmungen und Regierungswechseln bestimmt sei. Das habe zu teils dramatischen Probleme geführt: Ende 2023, Anfang 2024 habe es nicht mehr genug Ressourcen für die Unterstützung der Ukraine gegeben. In Zukunft müsse klar sein, welche Land was tut, forderte Kalniete.
Nötig seien dafür auch finanzielle Mittel – auch aber nicht nur aus neuen EU-Mitteln oder eingefrorenen russischen Geldern. „Wenn andere, größere Länder wie Deutschland oder Frankreich so wie die baltischen Staaten einen festen Anteil ihres Bruttoinlandsprodukts zur Verfügung stellen, könnten wir 2025 den Krieg beenden“, betonte Kalniete. „Ich spreche da aber über ein Idealszenario. Als erfahrene Politikerin glaube ich nicht, dass wir das schaffen.“
Russland als Gefahr auf Telegram und Tiktok: Putin habe „nützliche Agenten“ auch in der EU
Die Ex-Diplomatin – Kalniete war unter anderem Botschafterin bei den Vereinten Nationen und in Frankreich – mahnte die EU-Staaten zur Eile. Der Schritt zu einem gemeinsamen, klar geplanten Vorgehen sei besonders wichtig, weil ein „politischer Meilenstein“ nahe: Die US-Wahl. Sich für einen Rückzug der USA aus der Ukraine-Hilfe zu wappnen sei eine „enorme Aufgabe, für die wir noch nicht bereit sind, nicht im Geringsten“. Die Rüstung wachse zwar, werde aber wohl mindestens fünf Jahre benötigen.
Zugleich habe der Krieg Auswirkungen auf die Politik in den EU-Ländern; etwa in Frankreich, wo zuletzt Marine Le Pens Rassemblement nach der Parlamentsmehrheit griff. Russland tue dazu seinen Teil. Desinformation sei dabei „nur der sichtbare Teil des Eisbergs“, erklärte Kalniete, die 2022 und 2023 im Sonderausschuss „zur Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union“ saß.
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„Wir haben mehr als 150 Experten von Weltrang angehört und – ohne mir da ausreichendes Wissen anmaßen zu wollen – wir wissen, dass wir auf dramatische Weise unvorbereitet sind“, warnte sie. Auch China oder Iran übten Einfluss aus. „Am gefährlichsten ist Russlands sehr ausgefeilter Zugriff bei Telegram, bei TikTok“, erklärte Kalniete. „Agenten, die in den baltischen Staaten gefasst wurden, wurden wohl dort rekrutiert, zu sehr geringen Kosten.“
Deren Aufgabe sei es, „ein Gefühl der Unsicherheit und Instabilität“ zu verbreiten. Wladimir Putin und sein Russland nutzten aber auch radikale Linke und Rechte als „nützliche Agenten“ – beziehungsweise „alle, die die demokratische Mitte und die Stabilität verdrängen wollen“. Das passiere „entweder gegen Bezahlung oder einfach mittels für Russland nützlicher Einstellungen.“ (fn)