Rätselraten um Bas-Aussage: Wie schlimm ist der Bürgergeldbetrug durch „mafiöse Strukturen“?

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Union und SPD wollen das Bürgergeld reformieren. Arbeitsministerin Bas will dabei auch Sozialleistungsbetrug eindämmen – hauptsächlich im Ruhrgebiet.

Berlin – Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas plant ein entschiedeneres Vorgehen gegen Schwarzarbeit und den organisierten Missbrauch von Sozialleistungen. „Bei mir in Duisburg gibt es in manchen Gegenden Sozialleistungsmissbrauch“, sagte die Arbeitsministerin gegenüber dem Stern. „Es gibt ausbeuterische Strukturen, die Menschen aus anderen europäischen Ländern nach Deutschland locken und ihnen Mini-Arbeitsverträge anbieten.“

„Mafiöse Strukturen“: Organisierter Sozialleistungsbetrug hauptsächlich im Ruhrgebiet

Es gebe Organisationen, die EU-Bürger für geringfügige Beschäftigungen angemeldet, wobei diese Arbeitsverhältnisse teilweise nur vorgetäuscht sind. „Gleichzeitig lassen sie diese Menschen Bürgergeld beantragen und schöpfen die staatlichen Mittel dann selbst ab. Das sind mafiöse Strukturen, die wir zerschlagen müssen“, so Bas. Es müsse stärker geprüft werden, ob jemand Anspruch auf die Leistung habe.

Aber: „Es ist kein bundesweites Phänomen“, stellte eine Sprecherin von Bas klar. „Es tritt vor allem dort auf, wo es viel günstigen Wohnraum gibt“, erklärte die Sprecherin. Häufig betreffe dies EU-Bürger aus Rumänien oder Bulgarien, die sich aufgrund der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union in Deutschland aufhalten dürften. Anspruch auf Bürgergeld hätten sie dann, wenn sie einer Beschäftigung nachgingen, ihr Einkommen jedoch nicht zum Lebensunterhalt ausreiche, so die Sprecherin weiter. Zu diesem spezifischen Phänomen lägen keine bundesweiten Zahlen vor.

Es handelt sich dabei keineswegs um ein typisches Merkmal der gesamten Zuwanderung – auch nicht im Hinblick auf Menschen aus Rumänien oder Bulgarien, so der Spiegel. Im Februar 2025 waren rund 685.000 Staatsangehörige dieser beiden Länder in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt und leisteten Beiträge zum deutschen Sozialsystem.

Bürgergeldbetrug: BAs fordert mehr Datenaustausch zur Bekämpfung von Betrug bei Sozailleistungen

Für die Bekämpfung von Sozialleistungsmissbrauch sei ein effizienterer Informationsaustausch zwischen Finanzämtern, Jobcentern, Familienkassen und Sicherheitsbehörden erforderlich, so Bas. Im Koalitionsvertrag ist das bereits verankert. Die Erlaubnis eines vollständigen Datenaustauschs unterliegt aber nicht nur dem Arbeitsministerium. Aktuell sind die Kompetenzen und Daten über verschiedene Ministerien und Behörden verteilt – auf Bundes- und Kommunalebene.

Die Auszahlung von Sozialleistungen erfolgt in der Regel durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Jobcenter. Zuständig für die Überwachung und Bekämpfung von Schwarzarbeit ist der Zoll. Die Klärung des Aufenthaltsstatus von Ausländern obliegt den Ausländerbehörden.

Betrug: Agentur für Arbeit gibt Verdachtsfälle weiter

Die Bundesagentur für Arbeit erfasst allgemeine Verdachtsfälle von Leistungsmissbrauch, erklärte die Sprecherin des Arbeitsministeriums. Im Jahr 2024 überprüften die von BA und Kommunen gemeinsam betriebenen Jobcenter 123.379 mögliche Fälle von Leistungsbetrug. In 101.603 Fällen bestätigte sich der Verdacht. 43.699 dieser Fälle wurden an die Staatsanwaltschaft oder den Zoll weitergeleitet, während in den übrigen Fällen die Jobcenter eigene Ermittlungen durchführten. Aktuell beziehen rund 5,5 Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld.

Bärbel Bas
Bärbel Bas will Sozialleistungsbetrug eindämmen – der besonders im Ruhrgebiet auftritt. © picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Bürgergeld-Reform: Union und SPD wollen härtere Sanktionen – und neuen Namen

Im Koalitionsvertrag heißt es zudem: „Das bisherige Bürgergeldsystem gestalten wir zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende um. Rechte und Pflichten müssen für beide Seiten verbindlich geregelt werden.“

Bundesarbeitsministerin Bas betonte jedoch, dass dies nicht das Ende der Sozialleistung bedeute: „Ich kann die Geldleistung, die Menschen ohne Arbeit erhalten, ja nicht abschaffen – nichts anderes ist das Bürgergeld. Ich werde die Grundsicherung also nicht abschaffen, weil das auch gar nicht geht.“ Weiter erklärte sie: „Ich kann den Begriff Bürgergeld abschaffen. Das Wort dafür ist schließlich erst mal egal.“

Ziel sei es, die Grundsicherung zielgenauer zu gestalten. Geplant seien unter anderem eine veränderte Anpassung an die Preisentwicklung sowie schnellere Sanktionsmöglichkeiten. Für Haushalte mit Kindern gelte jedoch eine klare Grenze: „Da kann man nicht einfach auf null sanktionieren, wie es sich einige erträumen. Aber alle, die Leistungen erhalten, haben eine Mitwirkungspflicht.“(dpa/hk)

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