Russlands Wirtschaft in der Klemme: Putins Krieg zwingt Zentralbank zu drastischem Schritt

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Die russische Zentralbank setzt die Zinsen hoch. Verantwortlich ist eine enorme Inflation. Russlands Wirtschaft überhitzt langsam.

Moskau – Schock für Russlands Wirtschaft: „Die mit den Sanktionen verbundenen Inflationsrisiken sind eingetreten.“ Mit deutlichen Worten erklärte Elvira Nabiullina, die Chefin der russischen Zentralbank, die am Freitag (26. Juli) verkündeten drastischen Maßnahmen. Die Bank hat den Zinssatz, zu dem andere Banken Kredite aufnehmen können, von 16 Prozent auf 18 Prozent angehoben – und liegt damit nicht mehr weit von den 20 Prozent entfernt, die zu Beginn des Ukraine-Kriegs angekündigt wurden. Weitere Erhöhungen seien nicht ausgeschlossen.

Inflation schadet Russlands Wirtschaft: Russische Zentralbank hebt Zinssatz massiv an

Hauptsächlich machen die Währungshüter die massive Inflation (im Juli stieg sie laut Reuters auf etwa 9,2 Prozent) für diesen dramatischen Schritt, der Auswirkungen auf Russlands Wirtschaft hat, verantwortlich. „Ursprüngliche Pläne, in der zweiten Jahreshälfte mit Zinssenkungen zu beginnen, mussten aufgegeben werden, da die Inflation Anzeichen dafür zeigte, dass sie außer Kontrolle gerät“, zitierte Newsweek den Marktanalysten Bartosz Sawicki von Conotoxia Fintech.

Wladimir Putin in Russland.
Wladimir Putin in Russland (Symbolfoto). Die russische Zentralbank setzt die Zinsen hoch. Verantwortlich ist eine enorme Inflation. Russlands Wirtschaft überhitzt langsam. © IMAGO / ITAR-TASS/Alexander Kazakov

Damit liegt der Zinssatz auf dem höchsten Wert seit April 2022. Über die letzten zwei Jahre ist es Nabiullina gelungen, Russlands Wirtschaft mit einer erstaunlichen Resilienz durch die Turbulenzen zu steuern, die die westlichen Sanktionen verursacht hatten. Erst im Frühjahr hatte Russland ein höheres Wachstum verkündet als vom Westen vorausgesehen. Westliche Verbündete wie Deutschland und die USA hatten versucht, mit massiven Sanktionen Russlands Wirtschaft zu verlangsamen, und zuletzt verdichteten sich die Zeichen, dass dies immer besser gelingt.

Russlands Wirtschaft wächst stärker als erwartet – zumindest kurzfristig

Für den Kreml hatten die Währungshüter der russischen Zentralbank zumindest teilweise gute Nachrichten. Russlands Wirtschaft soll im laufenden Jahr 2024 um etwa 4,0 Prozent wachsen, was einer Steigerung der vorigen Prognose bedeuten würde. Für 2025 aber sah Nabiullina schwarz: Im neuen Jahr soll das Wachstum zwischen 0,5 Prozent und 1,5 Prozent betragen.

Das große Problem für den russischen Präsidenten Wladimir Putin ist dabei der Sektor, in dem das Wachstum stattfindet. Der größte Wachstumstreiber ist die Rüstungsindustrie: Gleichzeitig treibt der Ukraine-Krieg über die hohen Soldzahlungen auch das russische Durchschnittseinkommen hoch.

Russlands Wirtschaft in Sorge: Rüstungsindustrie wächst – Private Unternehmen in der Klemme

Private Unternehmen aus anderen Bereichen der russischen Wirtschaft haben dagegen mit Schwierigkeiten zu kämpfen, berichtete unter anderem die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Auf der anderen Seite sorgen gewaltige Truppenverluste und eine Abwanderung von Wehrpflichtverweigerern langfristig für einen Arbeitskräftemangel.

Der Marktanalyst Sawicki sprach aus diesem Grund von einer „überhitzten“ Kriegswirtschaft. „Die Militärausgaben, die sich auf etwa sieben Prozent des BIP belaufen, haben zu schwerwiegenden makroökonomischen Ungleichgewichten geführt, die allmählich ihren Tribut fordern.“ Ähnlich äußerte sich die Zentralbank-Chefin Nabiullina. Sie sprach von einer „erheblichen“ Überhitzung. Die Arbeitskräfte- und Produktionskapazitätsreserven seien „nahezu erschöpft“. Das Wachstum könnte sich ungeachtet jeglicher Gegenmaßnahmen verlangsamen. „Dieser Schub wird die Inflation nur noch weiter beschleunigen“, zitierte Newsweek. „Das ist eigentlich ein Stagflationsszenario, das nur durch eine tiefe Rezession gestoppt werden könnte.“

„Sowjetisierung“ von Russlands Wirtschaft – EU-Minister werfen Putin „Lügen“ vor

Der Schritt kommt keineswegs überraschend. Experten hatten innerhalb der letzten Monate wiederholt eine strengere Geldpolitik gefordert, um Russlands Wirtschaft zu unterstützen. Eigentlich zielt die russische Zentralbank darauf ab, eine Inflation von etwa vier Prozent zu halten; momentan ist sie mehr als doppelt so hoch.

Weil das russische Wachstum fest mit dem Ukraine-Krieg verknüpft ist, steht zudem die Warnung im Raum, Putin habe sein Land zu einem ewigen Krieg verdammt. Fallen die hohen Soldzahlungen und die extreme Produktion von Kriegsgerät weg, so könnte Russlands Wirtschaft umso härter von den Effekten der westlichen Sanktionen getroffen werden.

Die westlichen Verbündeten um Deutschland und die USA sind derweil dabei, Russland mit weiteren Sanktionen zu belegen. Erst vor einigen Tagen hatten mehrere Finanzminister aus EU-Staaten Wladimir Putin Lügen vorgeworfen, was die tatsächliche Stärke von Russlands Wirtschaft angeht. Die Wirtschaftslage sei lange nicht so positiv wie der Kreml es darstellt. Gegenüber dem britischen Guardian hatten sie weitere Sanktionen gefordert und angedeutet, dass die „Sowjetisierung“ Russlands langfristig für Schwierigkeiten sorgen werde. Die Quelle des Wirtschaftswachstums sei nicht nachhaltig. (Laernie mit dpa und Reuters)

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