Junge Hotelchefinnen möbeln mit kreativen Ideen Traditionshaus auf

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Pfiffig aufgemöbelt: Die Rezeption im Hotel Waltraud haben Lisa (li.) und Maria Bäck (re.) mit alten Koffern gestaltet. © Arndt Pröhl

In unserer Serie „Gastgeber mit Geschichte“ stellen wir besondere Hotels im Tölzer Land vor. Heute geht es in eine der beliebtesten Feriengemeinden Oberbayerns.

Kochel am See - Streift man durch die touristische Geschichte Kochels, führt am Hotel Waltraud kein Weg vorbei. Es ist einer der ältesten Beherbergungsbetriebe in der Gemeinde. Mit dem Bau des Hauses wurde 1896 begonnen, also im selben Jahr, in dem auch der Bau der Kochelseebahn startete. Die Linie ging 1898 in Betrieb, das Hotel wurde 1902 fertiggestellt und eröffnet. Erster Besitzer war die Familie Josef Stöger, deren Sohn Eugen übernahm das Hotel 1932 und verkaufte es 1964 an Günther und Anneliese Bichlmeyer. Mit ihren drei Töchtern Anneliese, Veronika und Waltraud führten sie das Hotel weiter. Die jüngste Tochter Waltraud, verheiratete Bäck, übernahm den Betrieb ab 2003, der Vater hatte es zuvor auf ihren Namen getauft. Seit 2016 ist die dritte Generation am Ruder, nämlich Maria und Lisa Bäck.

„Wir wollten Betriebsabläufe vereinfachen“

Die beiden Schwestern wuchsen im Betrieb auf. „Aber dass wir ihn eines Tages weiterführen, entstand nach reiflicher Überlegung“, sagt Maria Bäck. Die 42-Jährige ist gelernte Steuerfachangestellte, ihre Schwester Lisa (35) Kinderpflegerin. Anfangs unterstützten sie ihre Mutter Waltraud, eine Hotelfachfrau, in der Küche und im Service. Als sie 2016 in den Betrieb einstiegen, wollten sie einiges umgestalten, auch im Hinblick auf ihre eigenen Familien. „Wir wollten Betriebsabläufe vereinfachen, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren“, sagt Maria Bäck. „Früher hatten wir immer geöffnet, selbst an Heiligabend. Die Bescherung für uns Kinder gab es zwischen Hauptgang und Dessert.“ Die Familie wohnte damals auch in dem Haus, das hat sich mittlerweile geändert.

1902 wurde das Hotel eröffnet. Besitzer war damals die Familie Josef Stöger. 1964 kaufte es die heutige Betreiber-Familie.
1902 wurde das Hotel eröffnet. Besitzer war damals die Familie Josef Stöger. 1964 kauften es Günther und Anneliese Bichlmeyer, deren Nachfahren den Betrieb heute führen. © Bäck

Restaurant und Biergarten wurden 2015 aufgegeben, seither ist die „Waltraud“ ein Hotel Garni. Die beiden Schwestern haben es mit viel Kreativität und dem Fokus auf Familienfreundlichkeit modernisiert. „Unser Opa war ein leidenschaftlicher Jäger, Angler und Metzger“, erinnert sich Maria Bäck. In der Lounge hängen noch historische Lampen, allerdings ohne Hirschgeweih. Im großen, hellen Frühstücksraum, einst das Restaurant, steht eine Birke. Das große Buffet wird im historischen Vorbau aufgetischt, dessen Dach im Westen zu einer Sonnenterrasse umfunktioniert wurde.

Eigenes Konzept für Winter-Monate

Was früher der Saal war, ist heute ein großes Kinderspielzimmer mit Utensilien aller Art, für Groß und Klein. Die Schwestern haben insgesamt vier Kinder und wissen, was es heißt, wenn Urlauberfamilien auch mal Regentage überbrücken müssen. Und aus der alten Schankanlage am Eingang wurde ein Gäste-Bereich, in dem sich jeder laufend Wasser zapfen kann. Außerdem gibt es einen Gemeinschaftskühlschrank, der, so liest man es in den Online-Bewertungen, sehr geschätzt wird. Die Bäcks haben nichts dagegen, wenn ihre Gäste abends im Haus essen.

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Steckbrief

Gründungsjahr: 1896 Baubeginn als Bahnhofrestauration mit Übernachtungsmöglichkeit anlässlich der Bahnlinie

Wievielte Generation: 3.

Anzahl der Zimmer: 21

Gastronomie: bis 2015 Restaurant und Biergarten, seit 2016 nur Frühstücksbuffet in der Sommersaison (1. Mai bis zum Ende des Oktoberfests), in der Wintersaison nur Übernachtung

Bekanntester Gast:

Besonderheit des Hauses: Der Charme aus alt und neu

Durchschnittliche Aufenthaltsdauer: 4 Nächte

Die Schwestern führen den Betrieb heute zweigleisig. Von Mai bis zum Ende des Oktoberfests dreht sich alles um die Urlauber. Im Winter quartieren sich Monteure ein oder Personen, die beispielsweise eine neue Arbeitsstelle in der Region angetreten haben und noch auf der Suche nach einer Wohnung sind.

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Urlauber oder Durchreisende können natürlich auch kommen, aber es gibt kein Frühstück. „Unseren Gästen stehen in dieser Zeit Gemeinschaftsküchen und auch eine Waschmaschine zur Verfügung“, sagt Maria Bäck. Sie erinnert sich noch, wie es vor Jahrzehnten Wintertourismus in Kochel gab, und jede Woche ein Bus mit Gästen aus Holland zum Langlaufen kam. „Das geht heute ja nicht mehr.“ Um die laufenden Kosten im Winter zu decken, habe man sich für diese Form der Vermietung entschieden. „Außerdem haben wir dann Zeit, um Renovierungen durchführen zu können.“

Baulich wurde das Gebäude in den vergangenen Jahrzehnten leicht verändert. Im Inneren finden sich viele Bezüge zu Franz Marc und seinem Leben in Kochel und Ried.
Baulich wurde das Gebäude in den vergangenen Jahrzehnten leicht verändert. Im Inneren finden sich viele Bezüge zu Franz Marc und seinem Leben in Kochel und Ried. © Arndt Pröhl

Fotowand lässt kleine Bäder leuchten

Das stellte die Familie vor einigen Jahren vor Herausforderungen. In dem historischen Gebäude gab es Bad und Toilette früher nur auf dem Gang. 1988 wurden in alle Zimmer Bäder eingebaut, gemessen am heutigen Anspruch sind sie allerdings klein. Die Bäcks ließen ihrer Kreativität jüngst wieder freien Lauf, und so gibt es Bäder mit leuchtenden, wandhohen Fotomotiven aus Kochel. Kleine Zimmer werden zum ㈠Niedrig㈠tarif angeboten. „Die Nachfrage ist stark“, sagt Bäck. Im August war das Hotel ausgebucht, auch Juni und Juli liefen sehr gut.

90 Prozent der Gäste kommen aus Deutschland. Weil es in der Ortsmitte keine Souvenirs mehr zu kaufen gibt, haben die Schwestern einen kleinen Verkaufsraum eingerichtet, in dem sie nicht nur ihre eigenen Näharbeiten anbieten, sondern auch lokale Mitbringsel von Unternehmen aus der Region verkaufen, auch die Kochler Ortschronik kann man erwerben. „Wir freuen uns, dass auch Einheimische kommen, wenn sie auf der Suche nach einem Geschenk sind“, sagt Maria Bäck.

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