Riesenaufregung um Chinas möglichen Fernzugriff auf E-Busse: Nach Bekanntwerden von erheblichen Sicherheitslücken bei 850 chinesischen Elektrobussen des Herstellers Yutong haben norwegische Behörden Tests mit den betroffenen Fahrzeugen durchgeführt - mit ernüchterndem Resultat.
Norwegen entfernen SIM-Karten aus chinesischen E-Bussen
Um den möglichen Fernzugriff des chinesischen Herstellers auf die Yutong-Busse zu unterbinden – der theoretisch sogar das automatische Schließen der Türen erlaubt – zogen die norwegischen Verkehrsbetriebe ("Ruter") laut einem Bericht des "Guardian" die Notbremse: Sie entfernten die SIM-Karten. Die Fahrzeuge waren damit zwar sicher vor externer Steuerung, aber de facto lahmgelegt: GPS, Fahrgast-Informationen und die gesamte Kommunikation fielen aus.
Für die norwegischen Behörden sind die chinesischen Busse ein Sicherheitsrisiko, das in Zukunft nur durch strengere technische Auflagen verhindert werden könne, heißt es im "Guardian" weiter.
Bernt Reitan Jenssen, Vorstandsvorsitzender von "Ruter", sagte: „Die Tests haben Risiken aufgezeigt, gegen die wir nun Maßnahmen ergreifen. Nationale und lokale Behörden wurden informiert und müssen bei zusätzlichen Maßnahmen auf nationaler Ebene mitwirken.“
Chinesischer Hersteller Yutong: Wir steuern keine Busse
Der chinesische Hersteller Yutong wies unterdessen die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen erklärte, man halte sich an alle geltenden Gesetze und Datenschutzvorschriften in der Europäischen Union. Die Fahrzeugdaten europäischer Busse würden demnach in einem Amazon-Web-Services-Rechenzentrum in Frankfurt gespeichert.
Ein Sprecher von Yutong sagte der dem "Guardian": „Diese Daten werden ausschließlich für die Wartung, Optimierung und Verbesserung der Fahrzeuge verwendet, um den Kundendienstbedürfnissen gerecht zu werden. Die Daten sind durch Verschlüsselung und Zugriffskontrollmaßnahmen geschützt. Niemand darf ohne Kundengenehmigung auf diese Daten zugreifen oder sie einsehen. Yutong hält sich strikt an die Datenschutzgesetze und -vorschriften der EU.“
In Dänemark fahren aktuell 262 China-Busse der Marke Yutong
Nach Bekanntwerden des Sicherheitsrisikos bei norwegischen E-Bussen hat auch Dänemark nun eine Untersuchung eingeleitet. Beim größten dänischen Verkehrsunternehmen Movia sind derzeit 469 chinesische Elektrobusse im Einsatz, davon 262 von Yutong. Der dänische Verkehrsbetrieb wurde nach eigenen Angaben in der vergangenen Woche von der Behörde für Katastrophenschutz und Notfallmanagement über mögliche Risiken informiert.
Laut Movia können – ähnlich wie bei Elektroautos – Fahrzeuge mit Internetverbindung theoretisch aus der Ferne deaktiviert werden, wenn sie mit einer Online-Schnittstelle ausgestattet sind. Es gebe bislang jedoch keine Hinweise auf Manipulationen oder Vorfälle in Dänemark, wie das Portal "the danish dream" schreibt. Das Land setze im Moment noch auf die Elektrifizierung im Nahverkehr, um die Umwelt zu schonen.
Mehrere dänische Politiker fordern inzwischen eine Neubewertung der Abhängigkeit von chinesischer Technologie im öffentlichen Verkehr. Thomas Rohden, Vorsitzender der China-kritischen Gesellschaft und Lokalpolitiker der Sozialliberalen Partei, sagte: Dänemark sei „viel zu langsam“ gewesen, um sich gegen solche Risiken abzusichern. Man könne sich nicht von einem Land abhängig machen, „das völlig andere Werte vertritt“, so Rohden.
Schweden zog chinesische Busse bereits aus dem Verkehr
Das dänische Center for Cybersecurity soll nun prüfen, ob auch in Dänemark Sicherheitslücken bestehen. Die Untersuchung könnte Grundlage für strengere nationale Beschaffungsregeln werden.
In Schweden haben die Verkehrsbetriebe bereits vor zwei Jahren reagiert: In Stockholm entfernten die Behörden im Frühjahr 2023 chinesische Modelle aus dem öffentlichen Nahverkehr der Hauptstadt. Diese Entscheidung war doppelt begründet: Sie folgte sowohl nationalen Sicherheitsbedenken als auch schwerwiegenden ethischen Vorwürfen, insbesondere wegen mutmaßlicher Zwangsarbeit in den chinesischen Bus- und Batterielieferketten.