Moskau-Berlin in fünf Minuten: Hyperschallwaffen bedrohen die Nato – General fordert jetzt Antwort
Russland setzt in der Ukraine Hyperschallraketen ein. Nato-General Christian Badia fordert nun schnelle Antworten auf die russische „Wunderwaffe“.
Berlin – Nato-General Christian Badia hat sich für einen stärkeren Schutz vor modernen Hyperschallwaffen ausgesprochen. Dabei solle auf eine „glaubhafte Abschreckung“ und eine Verteidigung gegen die Waffensysteme gesetzt werden, sagte Badia laut ntv auf einer Fachkonferenz.
Russland setzte die Waffensysteme bereits in der Ukraine ein. Beispielsweise meldete Kiew im Februar, dass Moskau erstmals eine Hyperschallrakete des Typs SS-N-33 „Zirkon“ eingesetzt habe. Dies sei laut Olseksandr Ruwin das vorläufige Ergebnis einer Analyse der Fragmente eines Raketenangriffs vom 7. Februar. Ruwin ist Leiter des Kiewer Forschungsinstituts für forensische Expertise. Die Zirkon erreiche eine Geschwindigkeit von 11.000 Kilometern die Stunde – neunfache Schallgeschwindigkeit also.
Hyperschallwaffen können die Strecke Moskau bis Berlin in fünf Minuten absolvieren
Moderne Hyperschallwaffen fliegen mit bis zu zwanzigfacher Schallgeschwindigkeit auf ihre Ziele zu. Dennoch ist es möglich, sie zu manövrieren. Zugleich sollen sie schwerer zu orten sein als ballistische Raketen. Die Vorwarnzeit bei diesen Hyperschallraketen könnte auf zwei Minuten schrumpfen, hieß es bei dem Treffen. Unter manchen Fachleuten wird die Waffe deswegen als wichtiges neues Instrument des Krieges gehandelt. „Strecke Moskau-Berlin. Wenn man schnell ist, fünf Minuten von dort nach hier. Selbst Peking-Berlin, wo man sagt: Peking, unendlich weit weg – 20 Minuten“, sagte Markus Ziegler vom Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V. (BDLI) der dpa.
Ziegler sagte weiter: „Die Welt, in der wir leben, wird wieder ein Dorf. Das heißt, mit den Technologien kann ich Bedrohungen aufbauen. Ich kann aber auch geopolitische Einflussnahme erzeugen.“ Der BDLI und der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) sind Organisatoren der 1. Innovationskonferenz Hyperschall.

Wie groß ist die Bedrohung durch Hyperschallwaffen wirklich?
Laut dem Deutschen Institut für Verteidigung und strategische Studien (GIDS) hat Russland 2018 die Produktion von Hyperschallwaffen damit begründet, dass „Systeme der russischen Raketenstreitkräfte nicht mehr sicher ihre Ziele erreichen könnten“. Eine Gefahr außerhalb der Ukraine sind die Hyperschallwaffen laut GIDS aber nicht. Denn derzeitige Abwehrsysteme aufseiten Russlands und der Nato könnten einen Angriff schon bei existierenden Langstreckenraketen und manövrierbaren Sprengköpfen nicht abwehren. Ein wirklich strategischer Vorteil ergebe sich also nicht aus Hyperschallwaffen.
Sowohl die USA als auch Russland würden beide über eine sichere Fähigkeit zum Zweitschlag in Form von U-Boot gestützten Systemen sowie von landgestützten Langstreckenraketen verfügen, sagt die GIDS. „Ein folgenloser Überraschungsangriff ist somit durch die jeweils andere Seite mit derzeitigen technologischen Fähigkeiten nahezu unmöglich.“
Hyperschallwaffen: Mehr Abschreckung als wirklich effektiveres Kriegsmaterial
Zudem befänden sich Langstreckenraketen – unter anderem mit atomaren Sprengköpfen –, unabhängig vom Alarmzustand der Streitkräfte, in ständiger Bereitschaft, sogenanntes „Launch on Warning“. Das diene laut GIDS dazu, gegen einen erkannten gegnerischen Angriff zeitnah zurückzuschlagen. „Damit ist auch eine tatsächliche Veränderung der strategischen Rahmenbedingungen der nuklearen Abschreckung durch Hyperschallwaffen (Marschflugkörper sowie Gleitvehikel) nicht erkennbar“, teilt das Institut mit.
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Weitaus wichtiger erscheine der „symbolische Wert ihrer Fähigkeiten“ für Abschreckung zu sorgen. Dies diene in Russland auch als Rechtfertigung, die bisherigen Raketen-Systeme vielleicht zu ersetzen: Die Hyperschallwaffen und ihr Einsatz sind laut GIDS unter dieser Perspektive auch als „Wunderwaffen“ zu sehen, die die Bevölkerung der Russischen Föderation beruhigen sollen. „Die Vergabe der Namen für die neuen Waffensysteme im Jahr 2018, die sich unter anderem an populären Gedichten des Dichters Maxim Gorki orientierten“ stütze diese Aussage.
„Weiterhin lenkt der Einsatz der ‚Kinzhal‘ westliche Analystinnen und Analysten von dem offensichtlich schlechten Zustand der bisherigen technischen Fähigkeiten Russlands ab.“ Russland folge dem Prinzip der „Eskalationsdominanz“. Dabei gehe es darum, durch häufige Drohungen und das Präsentieren immer – angeblich besserer – Waffen den Gegner moralisch zu schwächen und so Hilfslieferungen der Nato zu verhindern.