Einsatz gegen Russland: „Frankenstein“-Panzer sagt Putins Drohnen den Kampf an

  • VonSören Kemnade
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Der Rüstungskonzern Rheinmetall stellt der Ukraine modifizierte Panzer zur Flugabwehr bereit. Der „Frankenstein“-Panzer soll vor allem Drohnen jagen.

Kiew – Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall stellt der Ukraine modifizierte Flugabwehrpanzer zur Verfügung. Dabei setzt das Unternehmen als Grundlage auf ein Leopard-1-Fahrgestell, auf das ein Skyranger Turm mit einer 35-mm-Maschinenkanone gesetzt wird.

Viele Leopard-1-Panzer sind noch verfügbar“, sagte Björn Bernhard, Leiter Landsysteme bei Rheinmetall gegenüber Bild. Er deutete an, dass weitere „Frankenstein“-Panzer in Arbeit sein könnten. Umgangssprachlich werden neu zusammengesetzte Fahrzeuge wie diese Kombination als „Frankenstein“-Panzer bezeichnet. Vorbild ist Viktor Frankenstein, der im berühmten Roman von Mary Shelley ein Monster aus Leichenteilen erschuf. Auch Russland nutzt im Ukraine-Krieg improvisiertes Kriegsgerät zum Ausgleich seiner Verluste.

„Frankenstein“-Panzer soll im Ukraine-Krieg vor allem für Verluste bei Russlands Drohnen sorgen

Vorrangiges Ziel des neuen Systems soll die Abwehr von Drohnen und Raketen sein. Der Skyranger-Turm ist in der Lage, Drohnen effektiv zu vernichten, bevor sie Schaden anrichten können. Das System kann auch mit Werfern für Flugabwehrraketen ausgestattet werden, was eine zusätzliche Verteidigungsebene gegen komplexere Bedrohungen aus der Luft bietet.

Das bewährte Fahrgestell weise hervorragende Geländegängigkeit auf und sei damit ideal für das raue Gelände der Ostukraine, betont Rheinmetall. Das niedrige Profil des Leoparden biete zudem einen gewissen Schutz gegen feindlichen Beschuss. Der in den 1960er Jahren entwickelte Leopard 1 war während des Kalten Krieges schnell Standard vieler europäischer Armeen und diente in über einem Dutzend Ländern weltweit als Kampfpanzer. Mobilität und Feuerkraft stehen im Vordergrund. Sein leistungsstarker Motor beschleunigt den 42 Tonnen schweren Panzer auf über 65 km/h und hält so mit vorrückenden Truppen Schritt.

Der Chassis des Leopard 1 dient dem „Frankenstein-Panzer“ als Fahrgestell. Der Turm soll aus einem modernen Skyranger-Flugabwehrsystem bestehen.

Rheinmetall will auf lange Sicht Panzer in der Ukraine bauen

Laut Rheinmetall ermöglicht diese Kombination der Ukraine, schnell ein hochwirksames System gegen russische Drohnenschwärme einzusetzen, die ihre Infrastruktur beschädigen. Die Ankündigung fällt mit der Eröffnung einer neuen Rheinmetall-Produktion in der Westukraine zusammen. „Rheinmetall hat im Oktober 2023 ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem ukrainischen Staatskonzern Ukrainian Defense Industry JSC in Kiew gegründet – die Rheinmetall Ukrainian Defense Industry LLC.“, teilte das Unternehmen mit. „Aktuell finden bereits Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten an Einsatzfahrzeugen statt. In einem zweiten Schritt sollen auch gepanzerte Fahrzeuge in der Ukraine gefertigt werden, zum Beispiel Fuchs-Transportpanzer sowie Lynx-Schützenpanzer oder Panther-Kampfpanzer.“

Der für seine Innovation im Waffenbau bekannte Rüstungskonzern hat außerdem Flugabwehrfahrzeuge aus der Sowjetzeit so umgebaut, dass sie westliche Raketen abfeuern können. Daraus entstanden „FrankenSAMs“, die sich gegen Drohnenangriffe als wirksam erwiesen haben. Als Teil der umfassenderen Strategie Kiews bemüht sich die Ukraine weiterhin um zusätzliche Unterstützung, um russischen Drohnenangriffen auf kritische Infrastrukturen entgegenzuwirken. Zuletzt schloss der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein zehnjähriges Sicherheitsabkommen mit den USA ab, das Kiew langfristige militärische Unterstützung verspricht.

Panzer, Drohnen, Luftabwehr: Waffen für die Ukraine

Die Bundeswehr nutzt den Kampfpanzer Leopard in verschiedenen Varianten seit 1979. Bewaffnet mit einer 120-Millimeter-Kanone lassen sich in den jüngeren Modellen von vier Soldaten an Bord Ziele in einer Entfernung bis zu 5000 Metern bekämpfen. Die Ukraine erhält Panzer des Typs Leopard 2 A6. Das 62,5 Tonnen-Gefährt war bei seiner Einführung im Jahr 2001 als verbesserte Variante des A5 etwa mit neuer Hauptwaffe versehen worden. Das Modell A6M verfügt zudem über einen erhöhten Minenschutz.
Der US-Kampfpanzer M1 Abrams gleicht dem Leopard 2 in weiten Teilen. Den M1 Abrams gibt es seit 1980 in mittlerweile drei Hauptvarianten. Seit dem Modell M1A1 ist eine 120-Millimeter-Kanone an Bord. Die vier Insassen werden von einer Stahl-Panzerung vor Angriffen geschützt. Mit 1500 PS kommt der je nach Modell bis zu 74 Tonnen schwere Abrams auf eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 68 Kilometern pro Stunde. Anders als der Leopard 2 wird der M1 Abrams über eine Gasturbine mit Kerosin angetrieben.
Die Hauptwaffe der US-amerikanischen Bradley-Schützenpanzer besteht aus einer 25-Millimeter-Maschinenkanone M242 Bushmaster, die zwischen 100 und 200 Schuss pro Minute verschießen kann. Zudem sind die gepanzerten Kettenfahrzeuge, die nach General Omar N. Bardley benannt sind, mit Maschinengewehren des Typs M240 sowie panzerbrechende Raketen ausgestattet. Die Besatzung umfasst bis zu zehn Soldaten: Fahrer, Kommandant, Richtschütze sowie bis zu sieben Soldaten als Infanterietrupp. Der Panzer wurde dafür konzipiert, im Verbund mit Panzerartillerie und Kampfhelikoptern zu operieren.
Beim AMX-10 RC aus Frankreich handelt es sich um einen amphibischen Spähpanzer. Der Panzer wird aufgrund seiner schwereren Panzerung und Bewaffnung hauptsächlich bei der Aufklärung eingesetzt. Ausgestattet ist er mit einer 105-Millimeter-Kanone, wodurch er auch als Panzerjäger verwendet werden kann. Die Besatzung besteht aus mindestens vier Soldaten. Bei einer Gefechtsmasse von 14,2 Tonnen ist der Panzer mit 85 km/h extrem mobil.
Panzer, Drohnen, Luftabwehr: Waffen für die Ukraine

Ukraine und Rheinmetall schließen Kooperationsvereinbarung

Auf der „Ukraine Recovery Conference“ in Berlin unterzeichneten Rheinmetall und der ukrainische Minister für strategische Industrien Oleksandr Kamyschin zudem eine Kooperationsvereinbarung. „Die Vereinbarung zielt darauf ab, weitere Bereiche für eine vertiefte Kooperation zwischen der ukrainischen Verteidigungs­industrie und dem Düsseldorfer Technologie­konzern zu identifizieren und zu entwickeln“, sagt das Unternehmen dazu.

„Mit dieser Vereinbarung bekräftigen wir unsere Absicht zur Zusammenarbeit auch in den kommenden Jahren und schaffen einen entsprechenden Rahmen“, betonte der Vorstandsvorsitzende von Rheinmetall Armin Papperger. „Konkret sind wir bereits in Gesprächen zur Gründung eines Joint Ventures zur Herstellung von Artillerie­munition in der Ukraine.“ (sek)

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