„Mit AfD reden“: Die Stinkbombe der Familienunternehmer auf dem Arbeitgebertag

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Wer mit AfD-Chefin Alice Weidel redet, bekommt am Ende wohl eher die Wirtschaftspolitik von Björn Höcke, kommentiert Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis. © Montage: Bernd Elmenthaler/Imago

Böse Überraschung für Kanzler und Vizekanzler: Deutschlands Familienunternehmer rütteln an der Brandmauer. Ob die Chefs wohl Spaß mit der AfD haben werden? Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

Da haben die Familienunternehmer ja eine gewaltige Stinkbombe mitten in den „Deutschen Arbeitgebertag“ geworfen. Marie-Christine Ostermann, Chefin des Verbands mit seinen 6500 Unternehmen, will mit der AfD ins Gespräch kommen. Und sie hat das, wohl um die Wirkung ihrer Ankündigung zu verstärken, ausgerechnet einen Tag vor dem Berliner Spitzentreffen von Wirtschaft und Politik per Handelsblatt-Interview öffentlich verkündet.

Wenn die Familienunternehmer mit Alice Weidel reden, werden sie anderes hören als von Björn Höcke.

Die Brandmauer zwischen Wirtschaft und AfD bröckelt. Entsprechend bedient waren Kanzler und Vizekanzler bei ihrem Treffen mit den anderen Wirtschaftskapitänen. Denn Probleme gibt es auch so schon genug. Drei Viertel der Unternehmer, ergab gerade eine neue Umfrage, sind unzufrieden mit der Politik der Regierung. Ihr Zorn richtet sich besonders gegen SPD-Sozialministerin Bärbel Bas, deren Rede auf dem Arbeitgebertag zum Spießrutenlauf geriet.

Die Wirtschaftspläne der AfD dürfte nur wenigen Unternehmen schmecken

Nun kann reden ja nicht schaden. Doch wenn Frau Ostermann mit Alice Weidel spricht, wird sie vermutlich anderes zu hören kriegen als, sagen wir, von Björn Höcke. Der vertritt anders als Weidel keine wirtschaftsliberale Agenda, sondern eine national-soziale. Die AfD will das Rentenniveau nicht wie die Regierung bei 48 Prozent des letzten Nettoeinkommens festschreiben, sondern sogar bei 70 Prozent und das aus dem klammen Bundeshaushalt finanzieren.

Das passt so gar nicht zu den Erwartungen der Arbeitgeber an eine Reformpolitik, die Betrieben wieder Luft zum Atmen gibt. Auch die EU-Skepsis der AfD dürfte die deutschen Exporteure nicht beflügeln, im Gegenteil. Mancher Betriebsinhaber könnte sich da noch wundern.

Die Wirtschaft stellt sich auf mögliche AfD-Regierung im Osten ein

Dennoch täuschen sich die etablierten Parteien, wenn sie den Bann, den sie sich selbst gegenüber der AfD auferlegen, auf die ganze Gesellschaft übertragen zu können glauben. Im Mittelstand und großen Teilen der Handwerkerschaft hat die AfD längst Fuß gefasst. Die Wirtschaft stellt sich darauf ein, dass nach den Wahlen im Osten die AfD auch in Regierungsverantwortung gelangen könnte. Deshalb will sie mit ihr ins Gespräch kommen.

Auch die Deutsche Bank wird das nicht verhindern können. Die Kündigung angemieteter Räumlichkeiten, in denen sich Familienunternehmer und AfD-Politiker treffen wollten, verspricht vermutlich keinen größeren Erfolg als die Errichtung immer höherer Brandmauern durch die Union.