Entscheidung im Renten-Showdown für Millionen Menschen: Merz im Duell mit CDU-Rebellen

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Die Rentenreform soll schon 2026 gelten, Millionen wären betroffen. Doch die Union kann sich einfach nicht einigen. Der Koalition rennt die Zeit davon. Eine Analyse.

Berlin – Was mit dem Aufbegehren der „jungen Wilden“ begann, scheint zur handfesten Krise zu werden: Der Streit um die Rente stellt die schwarz-rote Koalition vor eine Zerreißprobe und wird schon in wenigen Wochen maßgebliche Auswirkungen auf die deutsche Bevölkerung haben – im Guten oder Schlechten.

Kanzler Friedrich Merz (CDU, li.) und die Bundesregierung wollen noch in diesem Jahr das Rentenpaket verabschieden. Doch dem Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, geht das Paket zu sehr zulasten kommender Generationen. © IMAGO/ Bernd Elmenthaler/ Chris Emil Janßen/ Serienlicht (Montage)

Schon am 1. Januar 2026 sollen erste Maßnahmen des Rentenpakets greifen. Mit der Aktivrente sollen Menschen, die auch im Rentenalter weiterarbeiten, bis zu 2000 Euro Verdienst steuerfrei bekommen. Außerdem soll das Rentenniveau gehalten werden.

Doch: Die Projekte sind nun ernsthaft in Gefahr. Denn das Herzstück des Pakets besagt, dass das Rentenniveau bis 2031 auf 48 Prozent fixiert wird und darüber hinaus höher als nach geltendem Recht liegen soll. Die Bundesregierung rund um Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) hat den SPD-Entwurf abgesegnet. Doch die „Junge Gruppe“ von CDU-/CSU-Bundestagsabgeordneten rebelliert, beklagt Mehrkosten von 160 Milliarden Euro durch die höhere Rente. Genug Unionspolitiker stimmen dieser Lesart zu, sodass Schwarz-Rot die Mehrheit fehlt, den Gesetzentwurf im Bundestag zu beschließen.

Was sich in Sachen Rente ab 2026 ändert – oder nicht

Dabei rennt der Koalition die Zeit davon. Die Spitzen von CDU und CSU sind fest entschlossen, das Gesetz noch dieses Jahr auf den Weg zu bringen, sodass die Bürger sich wie versprochen ab Neujahr auf die neuen Regeln zur Rente verlassen können. Doch im Dezember sind nur noch zwei Sitzungswochen im Bundestag angesetzt – und in der ersten sei bisher keine Abstimmung zur Rente geplant, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger, am Dienstag in Berlin. Grund: Man findet bisher keinen gemeinsamen Nenner mit den jungen Rebellen rund um JU-Chef Johannes Winkel und den Leiter der „Jungen Gruppe“, Pascal Reddig.

Denn die rücken von ihrer Position nicht ab: Für die Zeit nach 2031 soll nicht schon jetzt festgelegt werden, dass die Rente höher als bisher vorgesehen ausfällt, da die Kosten auf die junge Generation fallen. Der Streit hat enorme Sprengkraft, auch über die Rentendebatte hinaus. Sollte es die Union rund um Kanzler Merz, Fraktionschef Jens Spahn und Kanzleramtschef Thorsten Frei nicht hinbekommen, ihre Reihen hinter dem SPD-Rentenpaket zu schließen, sehen sie auch andere Projekte gefährdet. SPD-Abgeordnete dürften in der Folge kaum noch Lust haben, Unionsprojekten wie der Migrationsverschärfung oder der Bürgergeldreform zuzustimmen, so die Befürchtung.

Es gilt also, einen Kompromiss mit den jungen Unionspolitikern zu finden. Zu sehr entgegenkommen will die Fraktionsspitze ihren Abgeordneten aber wohl auch nicht, da damit ein Präzedenzfall geschaffen würde: Wer mit einem Gesetzentwurf unzufrieden ist, muss noch eine Handvoll Mitstreiter finden (die Koalition hat nur eine Mehrheit von zwölf Sitzen), um Verfahren zu blockieren und Zugeständnisse erzwingen zu können.

Wie es der Zufall will, stehen just in dieser verfahrenen Situation am Dienstag alle Konfliktparteien beim Arbeitgebertag auf der Bühne. Winkel, Vorsitzender der Jungen Union, wurde zum Thema „generationengerechte Rentenpolitik“ befragt und stieß auf Zustimmung im Publikum, auch Kanzler Merz und die SPD-Spitze um Lars Klingbeil und Bärbel Bas waren geladen. Zwar ist Merz‘ Auftritt deutlich später als der von Winkel angesetzt, dennoch dürften alle Beteiligten gespannt auf das Fernduell beider Reden blicken.

Merz großes Problem: Statt einer Lösung näherzukommen, spitzt sich die Situation sogar zu, immer weitere Unionsabgeordnete äußern mittlerweile offen Sympathien für die Position der fehlenden Generationengerechtigkeit. Aussicht auf Besserung soll demnach ein Treffen der Jungen Union mit Spahn und Frei bieten, wie unter anderem Politico berichtet. Man könnte dem Nachwuchs entgegenkommen – etwa bei einem höheren Renteneintrittsalter oder der Frühstartrente. Das wiederum dürfte jedoch mit der SPD-Basis schwer machbar sein. Die Lage bleibt verfahren, der Ausgang ungewiss.

Rentenstreit betrifft Millionen Menschen

Was klar ist: Die nächsten Tage bringen für Millionen Menschen im Land weitreichende Entscheidungen mit sich. Entsprechend dürfen sich auch die Generaldebatte am Mittwoch im Bundestag und der am Donnerstag zusammenkommende Koalitionsausschuss in großen Teilen um den Renten-Showdown drehen. (Quellen: Eigene Recherche, Politico)