„Behandelt wie ein Gegenstand“: Turn-Eklat zieht immer weitere Kreise
Turnerin Lara Hinsberger erhebt schwere Vorwürfe gegen den Bundesstützpunkt Stuttgart. Sie ist nicht die einzige Athletin.
München – Die deutsche Turnwelt steht unter Schock, nachdem Turnerinnen wie Lara Hinsberger schwerwiegende Vorwürfe gegen den Bundesstützpunkt in Stuttgart erhoben haben. In einem Instagram-Post klagt die 20-jährige Saarländerin an, sie sei dort „wie ein Gegenstand“ behandelt worden.
Reaktionen des Deutschen Turner-Bunds
„Ich wurde benutzt und das so lange, bis ich körperlich und geistig so kaputt war, dass ich für die Trainer [...] sämtlichen Wert verlor“, schildert Hinsberger ihre Erfahrungen. Die psychischen und physischen Belastungen, die sie dort erlitten habe, führten zu einer Stressfraktur im Schienbein und einem Meniskusriss, während sie weiterhin täglich trainieren musste.
Hinsberger ist nicht die Einzige, die Missstände anprangert. Auch andere Turnerinnen, darunter Tabea Alt und Michelle Timm, haben systematischen Missbrauch öffentlich gemacht. Sie fordern grundlegende Reformen im deutschen Turnen. „Meine Erfahrungen waren in Stuttgart, wichtig ist aber, dass sich das ganze System ändert“, betont Hinsberger. Die Kritik richtet sich auch gegen die Ignoranz gegenüber Warnungen von außenstehenden Trainern und das Ignorieren ärztlicher Empfehlungen.
Der Deutsche Turner-Bund hat auf die Vorwürfe reagiert und eine Untersuchung sowie Sofortmaßnahmen angekündigt. Eine selbstkritische Überprüfung der bisherigen Maßnahmen soll erfolgen, und es wurden bereits personelle Konsequenzen gezogen. Der DTB betont, dass alle Seiten fair behandelt und angehört werden müssen. „Ob wir die eingeleiteten Maßnahmen nicht ausreichend vermitteln konnten, die Turnerinnen die Maßnahmen anders wahrnehmen oder diese falsch oder nicht ausreichend waren, muss der Aufarbeitungsprozess zeigen“, so der Verband.

Elisabeth Seitz, die als erste aktive Spitzenturnerin eine Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe forderte, unterstützt die Forderungen nach Veränderungen. „Missstände müssen behoben und die Menschen zur Verantwortung gezogen werden, die diese verursachen“, schrieb die Rekordmeisterin.
Kontroversen um Bundestrainer Gerben Wiersma
Für zusätzlichen Unmut sorgt die Entsendung des deutschen Turn-Bundestrainers Gerben Wiersma nach Stuttgart. Der Niederländer war zuvor in seinem Heimatland nach Missbrauchsvorwürfen verurteilt worden, was seine Berufung in die aktuelle Rolle umso umstrittener macht. Kritiker, darunter auch betroffene Athletinnen, zweifeln an der Entscheidung des DTB. Janine Berger, eine der Turnerinnen, die ihre Stimme erhoben hat, äußerte Bedenken über Wiersmas Entsendung.
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Angesichts der schweren Vorwürfe und der Kritik an den Verantwortlichen steht der deutsche Turnsport vor der Herausforderung, notwendige Reformen durchzuführen und das Vertrauen der Athletinnen zurückzugewinnen. Die angekündigten Untersuchungen und Maßnahmen des DTB werden genau beobachtet, während die Forderungen nach einem tiefgreifenden Wandel im Raum stehen. (smr)