Erneut Bundestagswahl in Berlin: Diese Abgeordneten zittern um ihr Mandat

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Mehr als zwei Jahre haben sie im Bundestag gearbeitet, nun könnten mehrere Berliner Abgeordnete rausfliegen – und von neuen Gesichtern verdrängt werden.

Berlin ist nicht gerade als Karnevalshochburg bekannt. Am Faschingssonntag nimmt die Bundeshauptstadt dennoch närrische Züge an. Dann sind rund 550.000 Berlinerinnen und Berliner erneut zur Bundestagswahl aufgerufen. Was nach einem Scherz klingt, liegt am beispiellosen Chaos beim Urnengang 2021 und einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Bundestagswahl muss in Berlin in Teilen wiederholt werden.

Betroffen sind 455 der 2.256 Berliner Wahlbezirke. Das entspricht 0,91 Prozent aller Ergebnisse der Bundestagswahl. Heißt: Wirklich viel ändert sich durch das aktualisierte Berlin-Ergebnis nicht. Sechs Bundestagsabgeordnete könnten allerdings ihr Mandat verlieren, und von neuen Gesichtern verdrängt werden – auch von solchen, die nicht in Berlin leben und aufgrund des komplizierten Wahlsystems nachrücken könnten.

Berliner Wiederholungswahl: Problembezirk Pankow lässt Grüne und SPD zittern

Die meisten Wahlfehler gab es im Bezirk Pankow. Die Ergebnisse von 181 der insgesamt 215 Pankower Wahllokale sind ungültig. 2021 sicherte sich der Grünen-Politiker Stephan Gelbhaar den Wahlkreis. Er holte 25,5 Prozent der Erststimmen und landete damit vor dem SPD-Politiker Klaus Mindrup, der von 2013 bis 2021 bereits im Bundestag vertreten war. Würde Mindrup nun statt Gelbhaar über ein Direktmandat in den Bundestag einziehen, müsste ein anderer SPD-Abgeordneter den Bundestag verlassen, damit der Anteil aller SPD-Stimmen im Bundestag weiterhin korrekt verteilt bleibt.

Betroffen wäre Ana-Maria Trasnea, die als letzte über die Berliner Landesliste in den Bundestag eingezogen war. Änderungen könnte es auch bei den Grünen geben. Dort steht Gelbhaar in der Landesliste auf Platz zwei. Dadurch ist er auch im Falle einer Niederlage abgesichert. Verliert er sein Direktmandat, muss Nina Stahr gehen. Gleiches gilt andernorts für die CDU-Politikerin Ottilie Klein. Sie fliegt aus dem Bundestag, wenn die frühere CDU-Kulturstaatsministerin Monika Grütters in Reinickendorf ihr Mandat verliert. Grütters selbst ist über die Landesliste abgesichert, ebenso wie der frühere Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD), der in Charlottenburg-Wilmersdorf Platz 1 verlieren könnte.

Ana-Maria Trasnea (SPD, links) und Nina Stahr (Grüne).
Verändert sich das Abstimmungsergebnis bei der Berlin-Wahl, sind sie gefährdet: Ana-Maria Trasnea (SPD, links) und Nina Stahr (Grüne). © picture alliance/dpa | Melissa Erichsen//IMAGO / Political-Moments (Collage)

Bundestagswahl in Berlin: Diese Abgeordneten könnten ihr Mandat verlieren

Verschiebungen könnte es aber auch über die Grenzen Berlins hinaus geben. Denn erreicht eine Partei in Berlin weniger Stimmen als 2021, könnte der Sitz ganz verloren oder zumindest an eine andere Landesliste gehen. Entscheidend ist hier auch die Wahlbeteiligung. Je weniger Stimmen in Berlin ausgezählt werden, desto weniger Plätze entfallen auf die Hauptstadt. Dadurch könnte die hessische Linke-Politikerin Christine Buchholz (von 2009-21 im Bundestag) den Berliner Abgeordneten Pascal Meisner verdrängen oder der sächsische AfD-Politiker Jens Meier den in Pankow antretenden Götz Frömming. FDP-Mann Lars Lindemann könnte von NRW-Kollege Fabian Griewel abgelöst werden, SPD-Politikerin Trasnea von ihrer niedersächsischen Parteifreundin Angela Hohmann, einer Kommunalpolitikerin aus Celle.

Nachrücker in den Bundestag? „Es ist eine Farce, dass solche Pannen überhaupt passieren können“

Hohmann steht auf Listenplatz 28 der SPD-Niedersachsen. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass dieser Listenplatz je zum Zuge kommen könnte“, sagt sie im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Die Berufung in den Bundestag käme für sie überraschend. „Das war nie mein Ziel, ich bin Kommunalpolitikerin durch und durch.“ Dennoch würde sie das Mandat „natürlich“ annehmen. „Aus Verantwortung vor den Wählern und vor meiner Partei.“

Auch FDP-Politiker Griewel würde das Mandat annehmen. „Ich würde es aber Herrn Lindemann sehr gönnen, dass er sein Mandat behält.“ Griewel selbst sagt im Gespräch mit unserer Redaktion über die Fehler bei der Bundestagswahl 2021: „Es ist eine Farce, dass solche Pannen in einem Land wie Deutschland überhaupt passieren können.“ 

Stephan Bröchler, Landeswahlleiter für Berlin, begutachtet einen Stimmzettel zum Beginn der Briefwahl für die Teilwiederholungswahl. © Jens Kalaene/dpa

Aufatmen kann derweil die Linke. Sie verfehlte bei der Bundestagswahl 2021 die Fünf-Prozent-Hürde und durfte nur dank drei gewonnener Direktmandate in den Bundestag einziehen. Zwei davon holte die Linke in Berlin. Die Bezirke von Gregor Gysi (Treptow-Köpenick) und Gesine Lötzsch (Lichtenberg) sind aber kaum von Wahlfehlern betroffen. Ihr erneuter Mandatsgewinn gilt daher als sicher. (as)

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