Schmutzige AfD-Tricks im Wahlkampf: Weidel-Partei setzt auf „Anti-Werbung“

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Vor der Bundestagswahl 2025 verschärft die AfD ihren Wahlkampf. Eine neue Strategie soll dabei die Wahlkampfthemen der anderen Parteien kapern. Doch ist das legal?

Berlin – Die AfD setzt im Wahlkampf vor der Bundestagswahl 2025 wie schon in den vergangenen Jahren vor allem auf Provokation. Ein prominentes Beispiel dafür waren die zuletzt von der AfD verbreiteten „Abschiebetickets“, die vom AfD-Kreisverband Karlsruhe erstellt wurden und wegen der die Polizei wegen des Verdachts auf Volksverhetzung ermittelt. Ein stärkerer Fokus im AfD-Wahlkampf soll aber auch darauf liegen, Themenbereiche und Schlagwörter anderer Parteien zu besetzten und politisch Interessierte mit sogenannter „Anti-Werbung“ abzufangen. Doch die neue Werbestrategie der AfD verstößt nicht nur gegen den Grundsatz der Fairness im Wahlkampf, sondern möglicherweise auch gegen geltendes Recht.

AfD-Vorsitzende Alice Weidel auf dem Parteitag in Riesa.
Alice Weidel und die AfD setzten im Wahlkampf vor der Bundestagswahl auch auf das Konzept er „Anti-Werbung“. © Sebastian Kahnert

Schmutzige Tricks im Wahlkampf: AfD will bei Bundestagswahl 2025 mit Anti-Werbung punkten

„Wir versuchen ganz viele politisch interessierte Bürger auf unsere Seiten zu holen. Durch Werbung – und zwar da, wo sie eben unterwegs sind”, schildert Sebastian Münzenmaier das Ziel der Wahlkampfstrategie Anfang Januar in einem Space auf dem Kurznachrichtendienst X. Der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, tauschte sich in dem Gespräch mit anderen AfD-Politikern und X-Nutzern über den bevorstehenden Wahlkampf aus und lobte dabei auch das vor allem in seinem Landesverband angewandte Konzept der „Anti-Werbung“.

„Wir schalten ganz massiv Werbung und haben auch versucht uns andere Parteien anzuschauen, sodass man passend zu deren Themen, zu deren Schlagworten auch was schaltet“, führt Münzenmaier aus. Ein Beispiel dafür sei das traditionelle Dreikönigstreffen der FDP Anfang Januar gewesen. Hier hatte Münzenmaier Werbung auf Google geschaltet, die für Nutzer ausgespielt wurde, welche mit der Suchmaschine nach Schlagwörtern wie „FDP“ und „Dreikönigstreffen“ gesucht hatten.

Anti-Werbung vor der Bundestagswahl 2025: AfD kapert Dreikönigstreffen der FDP

Das Ergebnis wurde unter anderem von der Deutschlandfunk-Journalistin Ann-Kathrin Büüsker auf Bluesky festgehalten. Deren geteilter Screenshot zeigt auf einer Googleseite direkt unter Nachrichten zum Wahlkampf der FDP ein gesponsertes Suchergebnis mit dem Titel „FDP Dreikönigstreffen“. Der entsprechende Link führte jedoch nicht auf eine Seite der FDP, sondern auf die offizielle Website von Münzenmaier. Dort macht der AfD-Politiker unter dem Titel „Alles lässt sich ändern. Die FDP bleibt rückgratlos“, Stimmung gegen die „linksgrüne“ Pläne der ehemaligen Ampel-Partei.

„Wenn sich dann jemand interessiert für die FDP in Rheinland-Pfalz und das Dreikönigstreffen, dann ist die Wahrscheinlichkeit um den 6. Januar hoch gewesen, dass man bei uns gelandet ist, wo wir darüber aufklären, dass die FDP gar keine Option ist“, kommentierte Münzenmaier die Strategie im X-Space. Diese gezielte Kapern des Wahlkampfes der anderen Parteien wolle man in Zukunft ausbauen und auf andere Plattformen übertragen. Münzenmaier kündigte weiter an, dass man verstärkt kleine Werbeclips vor Videos auf YouTube schalten wolle – „gerne auch bei anderen Parteien“. Wahlberechtigte, die sich über die Inhalte der anderen Parteien informieren wollen, sollen so abgefangen und zur AfD weitergleitet werden.

Bundestagswahl 2025: AfD setzt im Wahlkampf auf Schmutzkampagnen

Vorbilder für diese Art des Wahlkampfes finden sich darüber hinaus in Belgien und den USA. So wurde in dem von der AfD veranstalteten X-Space auch auf eine ähnliche Strategie der völkisch-nationalistischen Partei Vlaams Belang in Belgien hingewiesen, die nach einer Analyse des Wählerpotenzials aktiv Anti-Werbung auf Social-Media-Plattformen geschaltet habe.

Auch für die AfD ist der Fokus auf Schmutzkampagnen gegen die politischen Mitbewerber kein Novum. Bereits vor der Bundestagswahl 2017 machten die Rechtspopulisten mit der Seite „merkeldieeidbrecherin.com“ Stimmung gegen die damalige CDU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel. Wie die Recherche-Plattform Correctiv berichtete, holte man sich dafür Hilfe von der Agentur „Harris Media“, deren Gründer auch Donald Trump im Wahlkampf für seine erste Amtszeit als Präsident beraten hatte.

Verstößt AfD-Strategie gegen geltendes Recht? Experte sieht gute Argumente

In diesem besonderen Fall stellt sich jedoch auch die Frage, ob ein solcher Wahlkampf überhaupt zulässig ist. „Es gibt gute Argumente dafür, dass im Fall der AfD-Anzeige zum Dreikönigstreffen der FDP eine Marken- und Namensrechtsverletzung vorliegen könnte“, sagte Jonas Kahl im Gespräch mit t-online. Der Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bemängelt vor allem, dass die Werbeanzeige für die Nutzer den Eindruck erweckt, dass sie auf eine Website der FDP weitergeleitet werden. „Das kann Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche auslösen. Es kann auch ein Verstoß gegen Google-Richtlinien sein“, führt Kahl weiter aus.

Gerade im kurzen, intensiven Wahlkampf vor der Bundestagswahl 2025 könnte die AfD mit der Strategie aber Erfolg haben. Alleine schon, weil es in der rechtlich unklaren Lage zu lange dauern dürfte, bis entsprechende Anzeigen gemeldet und von Google – sollten sie gegen die Richtlinien verstoßen – abgeschaltet werden. Doch bis dahin dürfte die AfD ihre Strategie der Anti-Werbung erst einmal weiter ausbauen. „Sodass jeder politisch Interessierte gar nicht daran vorbeikommt, sich mit unseren Inhalten auseinanderzusetzen“, gab Münzenmaier das Ziel aus. (fd)

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