Billigautos aus China? Von wegen: Warum BYD und Co. Fahrzeuge im Ausland teurer verkaufen
Autokäufer träumen von günstigen Autos, EU-Vertreter planen Strafzölle auf China-Modelle. Doch dass die billiger sind, entspricht überhaupt nicht der Wahrheit.
Peking/Berlin - Autokäufer ersehnen günstige Angebote, Wettbewerber befürchten einen Preiskampf und die europäische Politik Nachteile für hiesige Hersteller: Viele Augen richten sich auf kostengünstige Elektroautos aus China.
Die Europäische Union (EU) ist hinsichtlich potenzieller Dumpingpraktiken von Autobauern der Volksrepublik infolge übermäßiger Subventionen besorgt, weil dies offenbar ein Ungleichgewicht für lokale Hersteller bedeutet. Die Folgen zeichnen sich durch Strafzölle auf chinesische Importe ab.
EU hat Angst vor China-Modellen - die sind aber gar nicht billig
Jedoch zeigt sich bei näherer Betrachtung der Preisgestaltung in den Verkaufslisten ein anderes Bild: Der führende chinesische E-Auto-Hersteller BYD verkauft seine Fahrzeuge laut Reuters im Ausland zu deutlich höheren Preisen als in der Heimat.
Das lässt sich zum Beispiel am BYD Atto 3 festmachen: In Deutschland ist das China-Fabrikat mit knapp 40.000 Euro mehr als doppelt so teuer wie im Reich der Mitte und liegt auf dem Niveau vergleichbarer Modelle europäischer Hersteller. Die Limousine Seal kostet hierzulande mit knapp 45.000 Euro etwa 60 Prozent mehr als in China.
Die Strategie dahinter: Abseits der Heimat Gewinne einfahren, die das Geschäft auf dem Heimatmarkt aufgrund des harten Preiskampfs nicht bieten kann. Im März ließ BYD-Chef Wang Changfu bei einer Veranstaltung wissen, dass BYD auf Exporte setzt, um seine Profitabilität nach oben zu treiben - weil auf dem Heimatmarkt derzeit wenig zu holen ist.

BYD verkauft Autos in Europa deutlich teurer als in China
Das ist interessanterweise das gleiche Konzept, wie es deutsche Premiummarken anwenden: Auch für BMW, Mercedes und Audi sind die Absatzmärkte China und USA bedeutend, aufgrund der potenziellen Absatzzahlen und Kaufkraft. Kein Wunder also, dass man in den Chefetagen die geplanten EU-Maßnahmen kritisch sieht. Denn hiesige Anbieter haben in der Volksrepublik mit einem Abschwung zu kämpfen.
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Dabei ist es ist nicht ungewöhnlich, dass Autobauer Fahrzeuge je nach Region zu unterschiedlichen Preisen verkaufen. So hoch wie bei BYD sei die Differenz allerdings selten, glaubt Sam Fiorani, Experte beim Analysehaus AutoForecast Solutions. „Üblicherweise ist die Spanne bei weltweit verkauften Autos enger.“
So verkauft der populäre US-E-Auto-Hersteller Tesla sein in China gebautes Model 3 für den europäischen Markt ungefähr ein Drittel teurer als in der Volksrepublik.
China-Modelle für Europa müssen technisch modifiziert werden
Die Preisaufschläge lassen sich mit den Zusatzkosten für den Transport der Fahrzeuge per Frachtschiff erklären. Auch der Aufbau einer Vertriebsorganisation kostet, dazu kommt eine weitere Komponente: Anpassungen der Modelle an europäische Regeln, hauptsächlich bei Sicherheit und Datenschutz.
Wie weit übertrifft der in Europa eingeplante Umsatz die Produktionskosten? Die Analysefirma A2MAC1 macht in einer Untersuchung mehrere Unterschiede aus: So ist die europäische Variante des Kleinwagens BYD Dolphin länger, verfügt über einen größeren Akku, zusätzliche Sensorik und eine abweichende Radaufhängung.
Trotz Einbeziehung der Importkosten prognostiziert das Unternehmen, dass BYD auf dem hiesigen Kontinent pro Fahrzeug einen Mehrerlös von knapp 7000 Euro erzielt, gegenüber dem chinesischen Markt.
China-Hersteller produzieren günstiger - “ihr Ziel ist es, Gewinne zu erzielen”
Was Autokonzerne aus Europa und Nordamerika nervös macht: Anbieter wie BYD produzieren in China kostengünstiger. Experten erklären, dass das Unternehmen sämtliche Prozesse sehr effizient gestaltet, von der Rohstoffbeschaffung über die Batteriefertigung bis hin zur Montage. Dazu kommen niedrigere Personalkosten als beispielsweise in Deutschland.
Geht es nach Ben Townsend, Experte beim Fahrzeugsicherheitsdienst Thatcham Research, möchten chinesische Autohersteller den europäischen Markt gar nicht mit Billigautos unterbieten: „Ihr Ziel ist es, Gewinne zu erzielen.“ Zwar sind die Preise selbst im Vergleich zu europäischen Konzernen wie Volkswagen oder Stellantis keine Schnäppchen.
Dafür besitzen China-Modelle besitzen oft Ausstattungsmerkmale, für die hiesige Anbieter hohe Aufpreise verlangen. Laut Bo Yu, beim britischen Analysehaus Jato Dynamics für China zuständig, streben BYD, Chery (größter China-Exporteur) und Co. danach, ihr Stigma loszuwerden. Stattdessen werde nun Wert auf Qualität und Wiederverkaufswert gelegt. (PF mit Material von Reuters)